Hauptburgenname
Althof
ID
1025
Objekt
Burg, stark umgebaut
Adresse
A-2070 Retz, Althofgasse 14
KG
Retz Stadt
OG/MG/SG
Retz
VB
Hollabrunn
BMN34 rechts
721864
BMN34 hoch
402340
UTM 33N rechts
0
UTM 33N hoch
0
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Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt
PKW: In Guntersdorf von der E 84/B 3 (Korneuburg – Haugsdorf) nach Retz abzweigen und im Stadtgebiet parken. Die Einfahrt zum "Althof" ist über Nebengassen vom W des Hauptplatzes zu erreichen. RAD: Der "Thayatalweg" sowie der "Weinviertel-" und der "Retzer Land-Weg" führen durch Retz.
Geschichte
Die spätere Stadt Retz liegt innerhalb des Herrschaftsbereiches der Gfn. v. Plain-Hardegg, die hier über einen personenstarken Gefolgschaftsverband verfügen. 1260 lässt sich Gf. Otto v. Hardegg im Falle seines Ablebens von Kg./Hzg. Ottokar II. die Belehnung von landesfürstlichen Lehen für seine Frau Wilbirg bestätigen, worunter u. a. die Maut zu Retz mit dem Meierhof gehört. Mit Gf. Otto v. Plain-Hardegg und seinem Bruder, die 1260 bei einem Kampf nahe Staatz ums Leben kommen, stirbt die Familie in männlicher Linie aus. Besitznachfolger ist Heinrich v. Dewin, der Ottos Witwe Wilbirg heiratet und 1262 als "comes de Hardeke" auftritt. Wilbirgs 3. Gatte ist Berthold v. Rabenswalde, der vermutlich bereits 1276 im Gefolge Kg. Rudolfs v. Habsburg nach Österreich kommt. Die Errichtung der Retzer Burg ist in Zusammenhang mit der planmäßigen Neugründung der Stadt Retz durch Berthold v. Rabenswalde zwischen 1280 und 1300, bzw. kurz davor, ab 1278, zu sehen. 1314 gelangt der Herrschaftskomplex an die Gfn. v. Maidburg-Hardegg. Nachrichten des frühen 14. Jhs. lassen die Verlagerung des Herrschaftssitzes von Hardegg nach Retz erkennen. 1425/27 werden Stadt und Burg durch die Hussiten zerstört. Die Burg selbst wird nicht mehr vollständig instandgesetzt und dient nur mehr als Sitz der Verwaltung. 1481 gelangt die Herrschaft von den Gfn. v. Maidburg-Hardegg an K. Friedrich III. Zunächst durch Pfleger verwaltet, wird der Besitz später verpfändet, schließlich 1601 verkauft. 1709 folgen die Gfn. Gatterburg als Eigentümer. Bereits um 1490 dürfte die endgültige Verlagerung der Verwaltung in den Meierhof, die spätere "Gatterburg", erfolgt sein. Die unbenützte Burg wird im Laufe der Jahrhunderte durch Materialgewinnung abgetragen. 1494 erscheint erstmals die Bezeichnung "Althof". Ab 1990 wurde auf dem Areal des Althofes ein Hotel mit angeschlossener Hotelfachschule errichtet, zuvor wurde das Gelände archäologisch untersucht, was zur "Wiederentdeckung" der verschwundenen Burg führte.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung
Die Lage der ehem. Burg ist auf dem Areal des sog. "Althofes", nordwestl. des Retzer Hauptplatzes, zu rekonstruieren. Analog ähnlicher, zeitgleicher Stadtgründungen zeigt auch Retz die Eingliederung von Profan- oder Sakralbauten in den Eckzonen (hier an drei Ecken) der planmäßig-rechteckigen Stadtbefestigung. In der nordwestl. Ecke der Stadt liegt etwas erhöht das Areal des "Althofes", der Standort der Burg.
Die durch Zerstörungen, Schleifungen und Überbauungen mehrerer Jahrhunderte zuletzt fast völlig verschwundene bzw. in jüngere Bebauungen aufgegangene Burganlage konnte durch archäologische Untersuchungen 1987–1990 nachgewiesen werden. Insofern der ergrabene Bereich aussagekräftig war – es wurde nur ein geringer Teil des Althofes archäologisch untersucht – stammten die aufgedeckten Mauerreste von einer weitgehend rechteckigen, kastellförmigen, etwa W-O orientierten Burganlage, deren W- und N-Bering gleichzeitig den Stadtmauerzug bildeten. Das vom Bering umgebene Areal war durchschnittlich 57 x 45 m groß. Aufgehende Abschnitte des Berings werden heute vom N- und W-Trakt des Althofes als Außenmauern genutzt. Die etwa 57 m lange N-Front ist in beträchtlicher Höhe durchgehend erhalten. Ein großer, offensichtlich primärer Mauerbogen an der westl. Feldseite des Berings bleibt funktionell ungeklärt. In der südwestl. Ecke konnten die Fundamente eines massiven, isoliert in den Bering gestellten Turmbaues von 8,40 m Seitenlänge und 2,90 m Mauerstärke befundet werden. Das Mauerwerk des Turmes war in Basisnähe mittels hölzerner Anker versteift. Weitere Baubefunde unmittelbar östl. des Turmes lassen sich in keinen näheren Zusammenhang mehr einordnen, weisen jedoch auf eine ehem. vorhandene Innenbebauung hin. Hinweise auf ehem. Wohnbauten waren nicht zu gewinnen.
Die gesamte Anlage war allseitig von einem schmalen Zwinger umgeben, der sich aus dem Zwinger der Stadtbefestigung entwickelte und an der nordwestl. Ecke einen spätmittelalterlichen Rundturm ausbildet. Dem Zwinger war auch stadtseitig ein Graben vorgelagert. An der Stadtseite befand sich östl. wohl ein Vorburg-Areal situiert, dessen Gesamtausdehnung jedoch unbekannt bleibt. In diesem Bereich lag unmittelbar vor dem östl. Graben ein rechteckiger, ca. 23 x 19 m großer Bau aus nur 0,60 m starkem Bruchsteinmauerwerk, der archäologisch bereits in die 1. H. d. 13. Jhs. datiert wurde. Der damit bereits vor der Gründung von Stadt und Burg bestehende Bau wurde auch im Zusammenhang mit der 1260 erwähnten, nach der Stadtgründung wohl jedoch verlegten Mautstelle gesehen. Mglw. übernahm der nicht unpassend situierte Bau die Funktion des Meierhofes der neu gegründeten Burg. Das keramische Fundmaterial aus dem Althof datiert, korrespondierend mit dem Baubefund und den historischen Nachrichten, in das 13.–15. Jh. Durch dieses konnte u. a. auch die Schleifung des Turmes während des 15. Jhs., wohl am Beginn der Mindernutzung nach den Kampfhandlungen jener Zeit, nachgewiesen werden. An den tlw. erhaltenen, in die jüngeren Bebauungen integrierten Beringabschnitten der N- und W-Seite, die im Burgbereich die Funktion der Stadtbefestigung übernahmen, sind feldseitig lagerhafte Mauerstrukturen zu beobachten, die eine deutliche Kompartimentbildung zeigen und daher in die 2. H. d. 13. Jhs. datiert werden können. Im nördl. Zwinger wurde eine wohl "spätromanische" Säulenbasis als Spolie eingemauert. Während Nutz die Gründung der Burg mglw. bereits in den 60er Jahren des 13. Jhs. ansiedelt, sieht Schicht ausschließlich eine gleichzeitige, planmäßige Gründung von Stadt und Burg um 1278/80.
Der Komplex beherbergt heute, nach aufwändiger Restaurierung, das Hotel "Althof". Die im Rahmen der Grabung gewonnenen Befunde sind heute im stark überformten und nutzungsgerecht adaptierten Areal nicht mehr sichtbar.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
Durch Überbauung fast völlig abgekommen. Reste archäologisch ergraben. Gelände frei zugänglich.
Touristische Infrastruktur
Parkplätze im Stadtgebiet (hier zumeist Kurzparkzonen), für Hausgäste im Vorhof. Der "Althof" ist auch im Zuge eines Stadtrundganges erreichbar.
Der ausgedehnte Gebäudekomplex beherbergt nach aufwändiger Restaurierung und Adaptierung das Hotel "Althof" mit Restaurant, Seminar- und Fitnessräumen, Vinarium, Heurigenlokal und dem ***Lehrhotel "Gutshof".
Eine Besichtigung richtet sich nach der gegebenen Nutzung, die Freibereiche mit dem ehem. Grabungsgelände der mittelalterlichen Burganlage sind im Allgemeinen frei zugänglich.
Der Althof ist auch im Zuge der Stadtführungen zu besichtigen, für Anfragen steht das Tourismusbüro Retz zur Verfügung.
Gasthäuser
Hotel "Althof", GH "Retzer Stuben" in Retz, "Schloßgasthaus" in Retz, GH "Weinschlößl" in Retz.
Literatur
- Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 332 ff.
- Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 962 f.
- Roman Zehetmayer, Das Urbar des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363. Mit einer Einleitung zur Struktur der Grafschaft Hardegg im 14. Jahrhundert. Fontes Rerum Austriacarum III/15, Wien–Köln–Weimar 2001, 106 f.
- Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 26/1987, 266
- Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 27/1988, 331
- Johannes Gründler, Max Weltin, Die "Grafschaft" Hardegg und die Gründung der Stadt Retz. In: 700 Jahre Stadt Retz 1279–1979 (hg. v. Stadtgemeinde Retz). Retz 1979, 5–18
- Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich 1, Donauländer und Burgenland. Stuttgart ²1985, 498 ff.
- Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon, Ergänzungsband. Berlin 1999, 83
- Erich Landsteiner, Stadtgemeinde Retz, Gemeinde Retzbach. In: Ernst Bezemek, Willibald Rosner (Hg.), Vergangenheit und Gegenwart. Der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinde. Hollabrunn 1993, 836–843, 844–846, 836 ff.
- Maximilian Weltin (unter Mitarbeit von Dagmar Weltin, Günter Marian, Christina Mochty-Weltin), Urkunde und Geschichte. Niederösterreichs Landesgeschichte im Spiegel der Urkunden seines Landesarchivs. Die Urkunden des Niederösterreichischen Landesarchivs 1109–1314. Niederösterreichisches Urkundenbuch Vorausband. St. Pölten 2004, 196
- Hubert Nutz, Ausgrabungen der Reste der mittelalterlichen Stadtburg in Retz, NÖ. Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 7, Wien 1991, 115–127
- Heinrich Prohaska, Retz, 7 Jahrhunderte Tradition. Hg. Tourismusverein Retz, Stadtgemeinde Retz. Retz ²1999, 1 f., 9 ff.
- Rudolf Resch, Retzer Heimatbuch. Band 1. Reprint Retz 1984 (Orig. Retz 1936); Band 2 Retz 1951, 1/125 ff., 157 ff., 165 ff., 204 ff., 225 ff., 299 ff., 370 f., 384 ff.; 2/11 ff., 100 ff., 176 ff., 209 ff., 292 ff.
- Patrick Schicht, Österreichs Kastellburgen des 13. und 14. Jahrhunderts. Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich, Beiheft 5, Wien 2003, 153 ff.
- Max Weltin, Böhmische Mark, Reichsgrafschaft Hardegg und die Gründung der Stadt Retz. In: Rudolf Resch, Retzer Heimatbuch 1, Reprint/Neuauflage Retz 1984, 7–29