Hauptburgenname
Gatterburg
ID
1026
Objekt
Schloss
Adresse
A-2070 Retz, Schloßplatz 1
KG
Retz Stadt
OG/MG/SG
Retz
VB
Hollabrunn
BMN34 rechts
722129
BMN34 hoch
402020
UTM 33N rechts
0
UTM 33N hoch
0
Link auf NÖ-Atlas
Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt
PKW: In Guntersdorf von der B 3 (Korneuburg – Haugsdorf) nach Retz abzweigen und im Stadtgebiet parken. Das Schloss liegt unmittelbar an der südl. Einfahrt zur Altstadt. RAD: Der "Thayatalweg" sowie der "Weinviertel-" und "Retzer Land-Weg" führen durch Retz.
Geschichte
Die planmäßige Neugründung der Stadt erfolgt zwischen 1278/80 und 1300 durch Bertold v. Rabenswalde-Hardegg. Als dessen Nachfolger erscheinen ab dem frühen 14. Jh. die Gfn. v. Maidburg-Hardegg, die frühzeitig den Herrschaftssitz von Hardegg nach Retz verlagern. Die spätere "Gatterburg" wird 1307 erstmals urk. genannt. 1481 gelangt die Herrschaft an K. Friedrich III., 1485 wird Retz von Matthias Corvinus erobert. In der Folge übernimmt die "Gatterburg" die wirtschaftlichen Funktionen des abkommenden "Althofes". Die Hft. bleibt bis 1509 unter landesfürstlicher Verwaltung, in diesem Jahr kommt Retz pfandweise an die Eitzinger, mit denen eine lange Reihe von Pfandbesitzern beginnt. 1601 erwirbt Wolf v. Unverzagt die Hft., die 1663 an die Gfn. Hoyos kommt. Unter diesen erfolgt um 1660/70 der Neubau des Schlosses. Ab 1709 sind die Hrn. (ab 1717 Gfn.) v. Gatterburg Eigentümer. 1711/12 erfolgen unter diesen neuerliche bauliche Veränderungen. Heute ist das Schloss im Eigentum von Matthias Suttner-Gatterburg.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung
Die als "Gatterburg" bezeichnete Schlossanlage, Schloßplatz Nr. 1, liegt in der SO-Ecke des ehem. ummauerten Altstadtbereiches. Das Schlossareal wird südl. von der Bahnhofstraße, östl. von der Wallstraße begleitet.
In Zusammenhang mit der Neugründung der Stadt Retz ab 1278/80 ist die Anlage von Profan- und Sakralbauten in den Eckzonen der rechteckig angelegten, planmäßigen Stadtbefestigung zu sehen. Neben dem "Althof" im NW und dem Dominikanerkloster (ab 1279) im SW erfolgt auch in der SO-Ecke der Stadtbefestigung die Anlage eines burg- oder hofartigen Baues, der, wie der "Althof", die Stadtmauer tlw. als Bering nützt. Nach A. Klaar sind Bauteile dieser Anlage in der heutigen "Gatterburg" erhalten. Seine Untersuchungen lassen einen nahezu quadratischen, kastellartigen Bering von ca. 48 m Seitenlänge und zumindest einen quadratischen Turm mit etwa 12 m Seitenlänge in der SO-Ecke, gleichzeitig Turm der Stadtmauer, erschließen. Ein weiterer, über den Bering nach W vortretender Turm lässt sich mglw. an der SW-Ecke vermuten. Nach Klaar bildeten 2 stadtseitig angelegte Beringfronten den ehem. Kernbau in Form einer quadratischen Anlage. Der massive Um- und Neubau des 17. Jhs. überbaut und integriert Teile dieser älteren Anlage. Südl. und östl. sind die Neubautrakte dem Bering bzw. der Stadtmauer hofseitig angesetzt, die nördl. und westl. Trakte verwenden den mittelalterlichen Bering jedoch als Hoffronten. Durch Zurücknahme der Baulinie des südl. Berings bzw. der Stadtmauer (mit Ausnahme der Turmbereiche) erscheinen diese nun als risalitartige Eckbauten der S-Front des neuzeitlichen Schlosses.
Dieses entstammt einem grundlegenden Neubau unter den Gfn. Hoyos von 1660/70, Veränderungen erfolgten unter den Gatterburg im frühen 18. Jh. Der Bau präsentiert sich als breitgelagerter 4-Flügelbau, erschlossen durch einen großen, rechteckigen Innenhof. An der S-Seite liegt der 3-gesch., mglw. 2 Türme integrierende Haupttrakt, die übrigen Trakte basieren auf 1-gesch. Wirtschaftstrakten. Der gesamte Bau ist jedoch durch eine einheitliche Fassadengestaltung mit kräftiger Ortsteinrahmung und einem geometrischen, stark gliedernden Putzfelddekor gekennzeichnet. Das hofseitige, stark profilierte Portal zum Wohntrakt spiegelt sich im Tor zum nördl. Schüttkasten wider. Ein dekorativer Dachreiter mit Zwiebelhaube akzentuiert den Bau. Den Zugang vermittelt das mit rustizierender Rahmung und Segmentgiebel dekorierte Tor, das mit der Wappenkartusche der Gatterburg gekrönt ist. Die ehem. Schlosstaverne, heute "Schloßgasthaus", an der NW-Ecke des Komplexes stammt im Kern aus der 1. H. d. 18. Jhs. Der ehem. Schüttkasten an der N-Seite wurde musealer Nutzung zugeführt.
Südl. und östl. des Schlosses erstreckt sich eine Gartenanlage, die sichtlich das Areal der ehem. Wall-Graben-Anlage nutzt. Davor fällt das Gelände mit einer deutlichen Böschung zur Bahnhofstraße ab, an der östl. Wallstraße ist der Verlauf des verebneten Grabens zu beobachten. Davor verläuft eine breite Geländeterrasse als Rest des tlw. verebneten Walles, der noch mit relativ hohen Böschungen zur Straße abfällt. Die Brücke an der westl. Zugangsseite übersetzt einen auch stadtseitig angelegten, tlw. bereits verfüllten Graben.
70 m westl. des Schlosses liegt im Verlauf der ehem. Stadtmauer der Turm des "Nalber Tores". Die bemerkenswerte Toranlage mit Sedilien in der stadt- und feldseitig durch Spitzbogenöffnungen erschlossenen Durchfahrt stammt aus der Gründungszeit der Stadtbefestigung im späten 13. Jh. Klaar rekonstruiert im Bereich der heutigen Stadteinfahrt ein barbakaneartiges Vorwerk, das sowohl dem Tor als auch tlw. dem Schloss vorgelagert war. Hier dürfte, gemeinsam mit dem ehem. umlaufenden Zwinger und der Umwallung der Stadtbefestigung, ein Ausbau des Spätmittelalters vorliegen.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
Privat bewohnte, tlw. museal und gastronomisch genutzte Schlossanlage. Entsprechend zugänglich.
Touristische Infrastruktur
Zahlreiche Parkplätze im Stadtbereich (im Zentrum Kurzparkzonen). Das Schloss ist allenfalls über einen kurzen Spaziergang erreichbar.
Die Gatterburg ist privat bewohnt und mit Ausnahme der Schlosskellerei nicht öffentlich zugänglich. Im Schüttkasten des Schlosses, Schloßplatz Nr. 5, sind das "Schloßgasthaus" sowie das Fahrradmuseum eingerichtet. Informationen dazu beim Tourismusbüro Retz.
Gasthäuser
"Schloßgasthaus" am Schloßplatz, GH "Retzer Stuben" in Retz, GH "Weinschlößl" in Retz.
Literatur
- Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 115 f.
- Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 334 ff.
- Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 177
- Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 970 f.
- Brigitte Faßbinder, Die Kunst im Bezirk Hollabrunn. In: Ernst Bezemek, Willibald Rosner (Hg.), Vergangenheit und Gegenwart. Der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinden. Hollabrunn 1993, 373–415, 376
- Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich 1, Donauländer und Burgenland. Stuttgart ²1985, 498 ff.
- Manfred Jasser et al, Schlösser und Burgen im Weinviertel. Schriftenreihe Das Weinviertel 3 (hg. v. Kulturbund Weinviertel), Mistelbach 1979, 108
- Adalbert Klaar, Beiträge zu Planaufnahmen Österreichischer Burgen II. Niederösterreich 3. Teil. Mitteilungen der Kommission für Burgenforschung und Mittelalter-Archäologie 20 (=Anzeiger der phil. hist. Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 114. Jg., Sonderschrift 2), Wien 1977, 28–42, 35 f.
- Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon, Ergänzungsband. Berlin 1999, 34
- Erich Landsteiner, Stadtgemeinde Retz, Gemeinde Retzbach. In: Ernst Bezemek, Willibald Rosner (Hg.), Vergangenheit und Gegenwart. Der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinde. Hollabrunn 1993, 836–843, 844–846, 836 ff.
- Laurin Luchner, Schlösser in Österreich I. München 1978, 141 f.
- Heinrich Prohaska, Retz, 7 Jahrhunderte Tradition. Hg. Tourismusverein Retz, Stadtgemeinde Retz. Retz ²1999, 31 ff.
- Rudolf Resch, Retzer Heimatbuch. Band 1. Reprint Retz 1984 (Orig. Retz 1936); Band 2 Retz 1951, 1/125 ff., 157 ff., 165 ff., 204 ff., 225 ff., 299 ff., 384 ff.; 2/11 ff., 100 ff., 176 ff., 209 ff., 292 ff.