Hauptburgenname
Schallaburg
ID
1065
Objekt
Burg-Schloss
Adresse
A-3382 Schollach, Schallaburg 1
KG
Schallaburg
OG/MG/SG
Schollach
VB
Melk
BMN34 rechts
677415
BMN34 hoch
339405
UTM 33N rechts
526468.53
UTM 33N hoch
5337359.41
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Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt
PKW: Die A 1 bei Melk verlassen und der hier beginnenden, nicht verfehlbaren Beschilderung folgen. RAD: Der "Pielachtalweg" ist zwischen Melk und Loosdorf mittels einer regionalen Radroute (über Winden, Großpriel, Anzendorf) verbunden, die unmittelbar am Fuß der Schallaburg vorbeiführt. BAHN: Über die Westbahn bis zum Bahnhof Melk, von wo das Schloss mittels regelmäßigem Shuttleverkehr erreichbar ist. Auskunft dazu am Bahnhof Melk oder bei der Geschäftsführung der Schallaburg.
Geschichte
Anlässlich einer Schenkung Kg. Arnulfs an das Kloster Kremsmünster 888/89 begegnet erstmals der Fluß "scalaha", es ist jedoch zweifelhaft, ob diese Quelle hierher bezogen werden kann. Seit dem 9./10. Jh. befand sich das Gebiet zwischen Melk und Pielach geschlossen im Besitz der Sieghardinger. Dafür prägte die moderne Geschichtsschreibung den Namen „Pielachgau“, diese topographische Bezeichnung („pago Pielahe“) erscheint 1043 anlässlich einer kaisl. Schenkung an den Babenberger Mgf. Adalbert I. Konkrete schriftliche Quellen zur Schallaburg sind ab/nach der Wende zum 12. Jh. bekannt. Der 1104 in Regensburg erschlagene Sieghard IX., der zuvor als Gf. v. Pongau, Chiemgau und Tengling auftritt, nennt sich erstmals nach Burghausen und Schala. Bislang wird die Errichtung der Burg aber seinem Sohn, dem zwischen 1104 und 1142 in den Quellen genannten Sieghard X. zugeschrieben. Die Gfn. v. Schala sind in zahlreichen Urkunden vertreten. Die nach Schala benannte Linie stirbt bereits 1192 mit Sieghard XI. aus. Die Besitznachfolge wirft bis heute Fragen auf, während der große Besitz an Hzg. Leopold V. fällt, finden sich neben den Landesfürsten auch die Peilsteiner – die 1218 erloschene Nebenlinie der Gfn. v. Burghausen-Schala – und die Gfn. v. Plain als Besitzer der Schallaburg. Mglw. führten die unterschiedlichen Besitzansprüche schon damals zu einer Teilung der Hft., denn später ist eine Hälfte ldfl. Lehen, die andere Hälfte ist freies Eigen. Einer dieser Anteile ist ab 1242 im Besitz der Ottensteiner. In diesem Jahr erscheint die Burg als „castrum“. Kurze Zeit später sitzen verm. bereits die Zelkinger auf der Schallaburg, als 1286 Hzg. Albrecht I. Otto v. Zelking mit der Burg belehnt, wird noch definitiv zwischen beiden Besitzanteilen unterschieden. Ab dieser Zeit erscheinen Burggfn., als erster 1282 ein Friedrich v. Melk. 1456 kommt der Besitz im Erbweg an die Losensteiner. Hans Wilhelm v. Losenstein errichtet ab ca. 1570 den Renaissancebau. 1624/27 gelangt das Schloss, nun freies Eigen, an Georg v. Stubenberg, 1651 an die Frhn. v. Eibeswald, 1662 an die Kletzel v. Altenach. Im 18. Jh. kommen die Frhn. v. Tinti in den Besitz, erst 1940 folgen die Frhn. v. Nagl-Dvornik. Die russische Besatzung ab 1945 verwüstet den Bau, auch die Besitzverhältnisse zwischen 1955 und 1965 fördern den Verfall. 1965 gelangt das Schloss an die Republik Österreich, 1968 an das Land Niederösterreich, das den Bau bis 1974 unter beträchtlichem Aufwand durchgreifend restauriert und revitalisiert.
Text
M.K., G.R.
Lage/Baubeschreibung
Die Schallaburg liegt 2,1 km nordwestl. von Groß-Schollach auf einem östl. Ausläufer des Hiesberg-Zuges. Die Lagestelle, ein SSO-NNW-verlaufender Sporn am SW-Rand der Pielach-Niederung zwischen Melk und Loosdorf, wird westl. durch den tiefen Einschnitt des zur Pielach entwässernden Schallabaches vom Hiesberg getrennt. Die prädestinierte Burgstelle bietet eine ausgezeichnete Fernsicht gegen N, andererseits konnte der Sitz durch entsprechende Fernwirkung in Szene gesetzt werden. Die Anlage, ein Ergebnis zahlreicher, additiv zu verstehender Bauphasen, die sich zwischen dem Hochmittelalter und dem späten 16. Jh. konzentrieren, bildet einen weitgehend singulären Modellfall zur Entwicklung des sich ideell vom hochmittelalterlichen Vorgängerbau lösenden Schlossbaues der Renaissance. Der Weiterbestand wesentlicher Bauteile des Hoch- und wohl auch Spätmittelalters ist als Glücksfall zu werten, der Einblicke zur allgemeinen Entwicklung des Adelssitzes bietet, wobei Neudefinitionen der sozialen und politischen Position des Adels, einhergehend mit einer erweiterten Selbstdarstellung, zu berücksichtigen sind. Im Überblick gesehen ist das Burg-Schloss eine ausgedehnte, stark gegliederte, im Wesentlichen um 2 Binnenhöfe gruppierte Anlage, die zusätzlich von Zwingern umgeben ist und der sich an der SO-Seite ein großflächiges Wirtschafts-, Garten- und Vorburgareal anschließt. Die Gesamtlänge beträgt rund 300 m, die Hauptachse der Bebauung folgt dabei der Topographie des Sporns. Am auslaufenden NNW-Ende ist die Hochburg situiert, deren Bauteile eine Fläche von rund 90 x 50 m umfassen. Um die Klärung der Baugeschichte bemühten sich Klaar (1957) und anlässlich der Restaurierung Zotti (1970). 1965 erschien Klaars typologisch geprägter Aufsatz "Die Burgen Gars-Thunau, Raabs und Schallaburg" zur Entwicklung früher Hochadelsburgen, im Besonderen des Typus des "Festen Hauses", der eine relativ frühe Entstehungszeit der entsprechenden Kernbauten implizierte. Der betreffende Bauteil der Schallaburg liegt querorientiert zur Hauptachse am ehem. höchsten Punkt des Geländes, relativ stark zur Zugangsseite verschoben. Der aus typologischer Sicht wohl als "Festes Haus" ansprechbare Bau ist über einer Grundfläche von durchschnittlich 23,20 x 11,60 m errichtet, die Mauerstärke beträgt im Erdgeschoß zwischen 2,10 und 2,20 m, während sie bis zum erhaltenen 5. Geschoß durch Mauerrücksprünge auf 1,30–1,40 m reduziert ist. Der heute großteils unverputzte, sehr urspr. in Erscheinung tretende Bau zeigt eine Fülle verschiedener Öffnungen in tlw. sehr ungewöhnlicher Form und Anordnung. Das 2. Obergeschoß, einst über einen Hocheinstieg zu betreten, war bewohnbar und offensichtlich durch mehrere Kamine beheizbar. Das 3. Obergeschoß zeigt eine Reihe gewändeloser Bogenöffnungen, die an stark vereinfachte Fensterarkaden erinnern und diente wohl dem Aufenthalt in der warmen Jahreszeit. Das 4. Obergeschoß ist eine sekundäre, wohl dem 13. Jh. zuweisbare Aufhöhung. Weitere Befunde weisen auf Veränderungen bis in die Neuzeit. Das Mauerwerk der unteren Geschoße aus unterschiedlich großen, plattigen und blockigen Bruchsteinen zeigt starke zonale Unterschiede. Vielerorts ist es überraschend regellos, dazwischen sind jedoch oft lagige Einschübe aus sorgfältig gewählten Steinen zu beobachten. Werksteine finden sich ausschließlich am relativ sorgfältig ausgeführten Eckverband. An der südl. Feldseite ist großflächig der originale Fugenmörtel mit Kellenstrich erhalten. Die rundbogig geschlossenen Lichtscharten und die „Arkaden“ sind durch ihre im Mauerverband sitzenden, sehr sorgfältig gemauerten Keilstein-Bögen dem Primärbau zuzuweisen. Die bislang angenommene Entstehungszeit um 1100 bzw. im frühen 12. Jhs. steht zur Diskussion. Dies ist hauptsächlich der Regellosigkeit des Mauerwerks zu verdanken, die einer hochmittelalterlichen Zeitstellung zu widersprechen scheint. Unter Berücksichtigung und Neubewertung sämtlicher bauhistorischer Aspekte steht die Frühdatierung jedoch außer Zweifel. Bei archäologischen Untersuchungen 1971 dokumentierte Gertrud Mossler eine unterhalb des Festen Hauses liegende Siedlungsschicht mit Keramik des 11. Jhs., die von ihr postulierte „Holzburg“ als Vorgängeranlage lässt sich heute allerdings nicht nachvollziehen. Im 16./17. Jh. wurde der Altbau zum Speicher umfunktioniert, um 1810 war er bereits dachlos. Das "Feste Haus" wird im S, im Abstand von 3–5 m, vom gerundet geführten Bering des Hochmittelalters umgeben. Die westl. und östl. Abschnitte des Berings werden jedoch von jüngeren Bauteilen abgelöst bzw. überbaut. Weitere, aus Bruchsteinmauerwerk bestehende, 1,20–1,80 m starke Abschnitte der westl. Ringmauer, die in gerader Baulinie weit nach N ausgriffen, wurden unter dem Niveau des neuzeitlichen O-Traktes freigelegt. Diese Teile des Bering umschlossen auch einen im N des großen Arkadenhofes während der Restaurierungen freigelegten bergfriedartigen Turm. Seine Größe wird mit 9 x 9 m angegeben, die Mauerstärke mit ca. 3 m. An der W-Seite waren 2 Mauerpfeiler (eines Zuganges?) angestellt, der nach Mossler im Fundament aus Bruchstein errichtete Bau wird von ihr m. V. frühgot. eingeordnet, nach Melzer datiert der Turm in das 12./13. Jh. Die weitgespannte Datierung legt nicht unberechtigt eine Entstehung in einer Folgebauphase nahe, zu der verm. auch der westl. Bering zu zählen ist, dessen gerade Front sich deutlich vom Rund der südl. Abschnitte unterscheidet.
Der nach der jüngeren Durchfensterung über 5 Geschoßebenen reichende südl. Bering verdankt seine große Höhe wohl späterer Aufhöhung. Er schließt mit einem Kranz kleiner Zinnen, darunter laufen zahlreiche kleine (Schuss-)Fenster. Der durchgehende Flächenputz der oberen Zonen verhindert aber nähere Einblicke. Lediglich die beiden unteren Ebenen zeigen hochmittelalterliche Mauerstrukturen, die trotz des unbearbeiteten, großteils plattigen Materials bei näherer Betrachtung das Bemühen um Lagigkeit erkennen lassen. Im SW ist ein kurzer opus spicatum-artiger Einschub vorhanden, unmittelbar benachbart ist ein Wechsel zu (spätmittelalterlichem?) Zwickelmauerwerk einer jüngeren Bauphase festzustellen. Die knapp vor der NO-Ecke des "Festen Hauses" situierte, mit ihrer Apsis den östl. Bering durchstoßende Kapelle ist unschwer als Bauteil des Hochmittelalters erkennbar. Der rund 11,00 x 7,70 m (nach Klaar) große Apsidensaal ist relativ stark nach NO orientiert. Relevante Befunde gestattet ausschließlich das Untergeschoß, dessen großteils unverputzte Innenwände blockhafte und relativ lagige Mauerstrukturen aus unbearbeitetem Bruchsteinmaterial zeigen. Der primäre Fugenmörtel zeigt partiell erhaltenen Kellenstrich. Das Untergeschoß wurde sekundär (die Einbauten überlagern den primären Mörtel) zu einer 3-schiffigen/4-jochigen Krypta ausgebaut, von den Wand- und Freisäulen sind nach einem neuzeitlichen Umbau, bei dem 3 Quermauern bzw. -gurte eingezogen wurden, nur jene der 3 westl. Joche mitsamt den über Schalung gemauerten Kreuzgratwölbungen erhalten. Die erhaltenen Wandvorlagen lassen trotz starker Verwitterung einfache Profilierungen bzw. Ornamentierungen der Basen und Kapitelle erkennen. Beim Einbau der Krypta wurde eine in der N-Wand situierte primäre Türöffnung verstellt und zugesetzt. Das Obergeschoß, der eigentliche Sakralraum, zeigt sich stark neuzeitlich überformt, das den Zutritt vom Hof vermittelnde Schulterbogenportal verweist auf spätmittelalterliche Adaptierungen. Die urk. überlieferte Neuweihe von 1333 legt Bautätigkeiten des 14. Jhs. nahe. Die innerhalb des kleinen südl. Hofes frei sichtbare S-Wand der Kapelle zeigt starke neuzeitliche Störungen und Umbauten aus Misch- und Ziegelmauerwerk. Zentral liegt ein zugesetztes Rundbogenfenster des Hochmittelalters zur Belichtung des Obergeschoßes, ein Hinweis auf die frühzeitige 2-Geschoßigkeit. Die Apside ist ein unverputzter Halbzylinder, der in Höhe des Obergeschoßes von rückspringenden, verputzten, zumindest neuzeitlich überprägten Teilen überhöht wird. Die basisnahen Mauerstrukturen lassen analog dem "Festen Haus" und dem Bering eine Regelmäßigkeit vermissen, doch ist eine vom kleinteiligen Bruchstein-Material reduzierte Lagigkeit fühlbar. Der von Zotti angenommene sekundäre Einbau der Apside, aus welchem er auf eine Adaptierung eines ehem. Profangebäudes des ausgehenden 11. Jhs. zur Kapelle schließt, ist nicht nachvollziehbar. Die Kapelle, bzw. ihren eventuellen Vorgängerbau betreffend, ist nach Bewertung sämtlicher bauhistorischer Indizien der Frühdatierung Zottis im großen Rahmen zuzustimmen. Die Bezeichnung "castrum" 1242 lässt einen entsprechenden Ausbaustandard am Ende des Hochmittelalters vermuten. Die zu jener Zeit wohl in Form der beschriebenen Bauteile vorhandene Burg dürfte im 14./15. Jh. durch die Zelkinger Ausbauten erfahren haben, die jedoch stark in den Renaissancebau einbezogen sind und sich höchstens punktuell feststellen lassen. Die um den kleinen Arkadenhof gruppierten Trakte werden tlw. dem späten Mittelalter zugeordnet. Der W-Trakt, dessen Feldseite wohl den Bering des Hochmittelalters ersetzte, und dessen dickwandiger nördl. Annex, der anhand der innerhalb des "Hochturmes" freigelegten SO-Ecke die ehem. Eckquaderung und Reste eines gemalten Quaderdekors zeigt, kann als spätmittelalterlicher Bau gesehen werden. Spätgot. Elemente finden sich auch im gegenüberliegenden O-Trakt in Form eines ehem. frei in den Hof ragenden Portikus, der im erkerartigen Obergeschoß eine aus verschlungenen Rippen bestehende Gewölbelösung, wohl des frühen 16. Jhs., mit dem Wappen der zu jener Zeit bereits ausgestorbenen Zelkinger enthält. Die ab dem 15. Jh. im Besitz der Hft. stehenden Losensteiner prägten in bekannter Weise das überkommene Bild der Anlage. Die Vielzahl der verantwortlichen Bauherren und die integrierten Vorgängerbauten ließen ein entsprechend vielphasiges und – wie anhand zahlreicher Befunde ablesbar – nicht restlos homogenes Schloss entstehenen, das jedoch als Spitzenleistung renaissancezeitlicher Profanbaukunst in Österreich zu werten ist. Der Beginn der Umbauten ist wahrscheinlich bereits Sebastian v. Losenstein zwischen 1523/40 zuzuschreiben. Ein in der Art des 2. V. d. 16. Jhs. profiliertes Fenster liegt oberhalb des Tores zum kleinen Arkadengang, wo es zur Befensterung des tlw. auf Pfeilern ruhenden, zwischen Trakte des Spätmittelalters gespannten N-Traktes gehört. Christoph II. v. Losenstein ist als Initiator des eigentlichen Renaissancebaues um 1540/50 zu sehen, der ab ca. 1570 von Hans Wilhelm v. Losenstein fortgeführt wurde. Div. Bauinschriften belegen Bautätigkeiten bis gegen E. d. 16. Jhs. Nach dem (schrittweisen?) Schleifen des hochmittelalterlichen Berings und des Turmes im N kam es zunächst zur Errichtung des quergelagerten N-Traktes, der, bereits stark in den Hang gestellt, die Ausdehnung des späteren großen Arkadenhofes bestimmte. Ein als hofseitiger Zugang fungierendes, mglw. spoliiertes Schulterbogenportal lässt an spätmittelalterliche Kernbauteile denken. Das durch Hanglage ermöglichte Kellergeschoß enthält einen durchgehenden, von einem ziegelgemauerten Stichkappengewölbe geschlossenen Raum, den so g. "Waffenkeller". Die Mauern, die tlw. von Schlüssellochscharten durchbrochen sind, bestehen hier aus stark von Ziegeln durchsetztem Zwickelmauerwerk. Die beiden, den Trakt und weiters die gesamte Anlage im N akzentuierenden, fast traufhohen Ecktürme konnten als sekundäre Bauteile befundet werden, die sich zu den benachbarten Räumen des Traktes öffnen. Sie dürften gemeinsam mit dem W- und O-Trakt entstanden sein, wodurch eine durchgehend 2-gesch., 3-flügelige randständige Verbauung entstand, die im W mit einer flankenartig angelegten Toranlage an den Kernbereich mit dem kleinen Arkadenhof anschließt. Die relativ unregelmäßig aufeinander treffenden und eine entsprechend trapezoide Hoffläche formenden Trakte der Renaissance bilden den Rahmen für den zwischen 1570/78 entstandenen "Großen Arkadenhof", den wohl berühmtesten Bauteil der Anlage, der entlang des N- und O-Traktes und in Form kurzer Äste mit erschließenden Freitreppen auch entlang der W- und S-Seite läuft. Konstruktiv beziehen sich 2 Bogenstellungen des Obergeschoßes auf eine des Erdgeschoßes. Der vollständig aus Terrakotta-Elementen bestehende Dekor folgt in Gliederung und Proportion Architekturprinzipien der Renaissance, geht in seinem Detailreichtum, der sich sowohl ornamentalen als auch figuralen Motiven mit allegorischen und mythologischen Darstellungen, Masken, Wappen etc. bedient, über jedes hierzulande bekannte Maß hinaus, wobei die beiden Zugangssituationen verstärkt betont erscheinen. Aufgefundene Jahreszahlen an den Terrakotten belegen Arbeiten 1572 und 1573. Der die Trakte des inneren Hofes einschließlich des "Festen Hauses" erschließende "Kleine Arkadengang" entstand wohl parallel, als Schmuck ist hier nur dunkelgrau-weiß gemalte Dekor-Malerei vorhanden. Einen krönenden, weithin sichtbaren Abschluss fanden die Bautätigkeiten im so g. "Hochturm" des inneren Hofes, der funktionell als Treppenturm, ideell jedoch als spätes Herrschaftssymbol errichtet wurde. Der stark horizontal und vertikal gliedernde Dekor ist tlw. plastisch ausgebildet und durch eine dunkelgrau-weiße Färbelung in Sgraffito-Manier unterstützt. Eine Vielzahl der Innenräume präsentiert sich in ausgezeichnet restauriertem, für die Funktion als Ausstellungsort adaptiertem Zustand und gestattet nur örtlich Einblicke in die urspr. Raumausstattung. Die vorhandenen Details sind dem 16. Jh. zuzuweisen, u. a. die im NO-Turm erhaltenen Grotesk-Malereien oder die 1550 datierten Fresken im so g. "Exzellenztrakt", dem W-Trakt des inneren Hofes. Die N-, O- und S-Front der Kernburg werden von einem tlw. doppelten Zwingergürtel umgeben, der den bergseitig vorgelagerten Halsgraben mittels gemauerter Konterescarpen integriert und mehrfach durch frühbastionäre Elemente verstärkt ist. Der südl. den inneren Zwinger verstärkende "Hungerturm" ist mit Schlüssellochscharten ausgerüstet und geht mglw. auf das Spätmittelalter zurück. Der im Zuge dieses Zwingers angelegte 2-gesch. Torbau, das so g. "Försterstöckl", besitzt die am aufwändigsten dekorierte Toranlage, neben den funktionellen Einrichtungen für Zugbrücken belegen kleine Scharwachttürmchen und ein hölzerner Schildwand-Wehrgang die bedingte Wehrfähigkeit. Die bergseitig vorgelagerten Anlagen mit dem "Neuen Schloss" im S dienten wirtschaftlichen wie repräsentativen Bedürfnissen und waren mit 2 Torbauten, dem "Jägerstöckl" und "Gerichtsstöckl" sowie bastionären Elementen des "Neuen Schlosses" bedingt verteidigungsfähig. Die wohl intentionell die Hauptachse des Kernschlosses verlängernden Gartenanlagen des "Turnierhofes" lassen auf eine ausgeprägte Vergnügungs- und Repräsentativkultur des Adels schließen. Eine Galerie gestattete von S einen entsprechenden Überblick, der benachbarte Schießstand diente der sportlichen Übung. Die Anlagen sind Hans Wilhelm v. Losenstein zuzuschreiben und entstanden wohl vor 1588. Die Schallaburg, deren mit Worten kaum erfassbarer Detailreichtum wohl am besten anhand eines Besuches zu bewerten ist, befindet sich seit der abgeschlossenen Restaurierung 1974 in einem ausgezeichneten Zustand. Seither finden jährlich wechselnde Ausstellungen, darunter mehrfach Landesausstellungen, und weitere kulturelle Events statt. Die Schallaburg ist heute ein Tourismusziel ersten Ranges und bildet einen bereichernden Fixpunkt der niederösterr. Kulturlandschaft.
Text
G.R.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
Restauriert und bestgepflegt. Im Zuge div. Ausstellungen zu besichtigen (Eintrittsgebühr).
Touristische Infrastruktur
Große Besucherparkplätze an der Zufahrtsstraße, von hier ist das Schloss über einen kurzen Fußweg erreichbar. Die Schallaburg ist seit ihrer beispielhaften Restaurierung fixer Bestandteil der niederösterr. Kulturlandschaft. Wesentliche Bereiche, die einen ausführlichen Einblick in Architektur und Bauentwicklung der großartigen Schlossanlage bieten, sind im Zuge der jährlich wechselnden Haupt-, Sonder- und Begleitausstellungen gegen Eintrittsgebühr zu besichtigen. Führungen sind alternativ möglich. Div. Festivitäten, Adventveranstaltungen etc. ergänzen das Programm. Öffnungszeiten: Ende März bis Ende Oktober: Mo–Fr 9–17 Uhr, Sa, So, Fei 9–18 Uhr. Museumsshop im Kassabereich. Das Café-Rest. Schallaburg bietet die Möglichkeit zur Einkehr und technische Voraussetzungen für Betriebsfeiern, Tagungen, Hochzeiten und ähnliche Veranstaltungen.
Gasthäuser
Cafe-Rest. Schallaburg, A-3382 Schollach, Schallaburg 1, Tel.: 02754/6310, GH Falkensteiner in Roggendorf, GH Temper in Maria Steinparz, GH Jäger in Anzendorf.
Literatur
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- Marina Kaltenegger, Thomas Kühtreiber, Gerhard Reichhalter, Patrick Schicht, Herwig Weigl, Burgen Mostviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2007, 249 ff.
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- Laurin Luchner, Schlösser in Österreich I. München 1978, 256 ff.
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- Herbert Pöchhacker, Burgen im Bezirk Melk. Ungedrucktes Manuskript. Scheibbs o. J. (1990)
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- Gerhard Stenzel, Von Schloß zu Schloß in Österreich. Wien 1976, 74 f.
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- Wilhelm Zotti, Die Baugeschichte der Schallaburg. Renaissance-Schloß Schallaburg, Himberg 1989, 32-57
- Wilhelm Zotti, Die Restaurierung der Schallaburg. Eine Dokumentation. St. Pölten 1975