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Hauptburgenname Stillfried I
ID 1171
Objekt Hausberg|Burgstall|Erdwerk
KG Stillfried
OG/MG/SG Angern an der March
VB Gänserndorf
BMN34 rechts 787420
BMN34 hoch 364074
UTM 33N rechts 0
UTM 33N hoch 0
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: Aus Richtung Wien führt die B 8, über Gänserndorf, nach Angern an der March. Von hier über die B 49 noch 4 km nördl. bis Stillfried weiterfahren (von der Umfahrung in den Ortskern abzweigen) und am Ende der Zufahrt (ab hier Fahrverbot) zur Pfarrkirche und zum Friedhof parken. Alternativ führt vom Museum für Ur- und Frühgeschichte an der Ortsdurchfahrt ein Fußweg in den Bereich der Befestigung. RAD: In Prottes kann man vom "Bernsteinweg", zunächst über eine lokale Radroute, nach Ebenthal und von hier über eine Nebenstraße nach Stillfried abzweigen.
Geschichte 1045 wird eine villa Stillfried im Rahmen der sog. Siegfriedschenkungen erwähnt. Unter den Babenbergern ist der Ort offenbar nicht zu Lehen vergeben. Erst unter Ottokar v. Böhmen sitzen hier die Brüder (vgl. NÖUB Vorausband, Nr. 37) Konrad von Stenitz-Stillfried (zwischen 1272 und 1280 urk. genannt) und Leopold v. Schinta-Stillfried (1277 und 1292 urk. genannt). 1314 ist die Hft. an Albrecht v. Ollersdorf verpfändet. 1355 gelangt die Pfandherrschaft von den Span an die Rauhenecker, 1358 an Seybot v. Missingdorf. Daneben erscheinen die Tursen 1356 und 1382 begütert. Weitere Pfandherren sind Alber der Ottensteiner, 1369 Ott v. Zelking, 1385 Heinrich v. Pottendorf, vor 1437 die Volkensdorfer, danach die Hauser. Die Anlage, die M. d. 14. Jhs. als gut ausgebaute landesfürstliche Burg nachweisbar ist, wird gegen M. d. 15. Jhs. zerstört. Die Besitzgeschichte der Neuzeit bezieht sich nur noch auf Grundbesitz.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung Zwischen den Dörfern Stillfried (im S) und Grub (im N) erstreckt sich das Areal des Stillfrieder Wallplateaus. Dieses nördl., östl. und südl. mit natürlichen Steilabfällen gesicherte, tlw. stark durch natürliche Morphologien gegliederte Lößplateau besaß urspr. eine niveaugleiche Verbindung mit dem westl. Vorgelände. Die systematische archäologische Erforschung des Areals wurde 1969 mit dem interdisziplinären Projekt "Erforschung des Natur- und Kulturraumes Stillfried von der Eiszeit bis zur Gegenwart" eingeleitet und bis heute in Form diverser Nachfolgeprojekte fortgeführt. Auch die Lagestelle der bis in das 15. Jh. bestehenden Burg Stillfried wird nach den bisherigen Forschungen auf dem Wallplateau angenommen. Die "außerordentliche Siedlungsgunst" am N-Rand des Marchfeldes führte zu einer entsprechenden Siedlungskontinuität, die bis in das Jungpaläolithikum zurückreicht. Der noch heute erkennbare Ausbau der Wallanlagen entstammt der späten Bronzezeit, während der u. a. die monumentale westl. Wall-Graben-Sicherung und die Toranlage im NW entstanden. Nach einer Nutzung während der Hallstatt- und Spätlatènezeit setzte im 1./2. Jh. n. Chr. die kaiserzeitliche Besiedlung ein, die nach gegenwärtigem Forschungsstand während des 5. Jhs. endete und auf temporäre römische Präsenz, mglw. in Form eines "Föderatensitzes" während des Limesausbaues, weist. Der römerzeitlichen Periode folgte eine Wiederbesiedlung während des Hoch- und Spätmittelalters, während eindeutige frühmittelalterliche Siedlungsspuren bislang fehlen. Jeder Besiedlungsphase konnten entsprechende Ausbau- und Adaptierungsmaßnahmen des über 700 x 400 m, bzw. rund 26 ha großen Wallplateaus zugeordnet werden. Das Hochmittelalter lässt trotz Integration einer als Haufendorf rekonstruierbaren Siedlung die Reduzierung der benutzten Fläche erkennen, wobei vor allem die als Sitzareal heranziehbaren Bereiche auf die Größe durchschnittlicher Adelssitze beschränkt blieben. Die Lokalisierung der hochmittelalterlichen Burganlage, der "Veste Stillfried", ist eine nur am Rande bearbeitete und daher nur bedingt geklärte Thematik, welche von den spektakulären Forschungsergebnissen zu den früheren Besiedlungsphasen überlagert wurde. Am SW-Rand des Wallplateaus liegt die Pfarrkirche Hl. Georg, die eine noch deutlich erkennbare, in mehrere Abschnitte gegliederte Höhenfläche benutzt. Die Gesamtlänge des NO-SW orientierten Areals ist mit rund 160 x 80 m anzugeben. Das im NO situierte, kegelstumpfförmige Kernwerk mit der Pfarrkirche und dem Ortsfriedhof besitzt eine Deckfläche von 60–80 m Durchmesser. Südwestl. gliedert sich eine 2-teilige, höhendifferenzierte Terrasse an, die mglw. als Vorwerk zu interpretieren ist, südl. ist ein weiteres, dreieckiges Plateau angeschlossen. Das gesamte Areal wird im NW, N und O von Hohlwegen aus der Fläche des Wallplateaus geschnitten, mit diesen tlw. sehr tiefen Grabenanlagen durchstößt die Anlage deutlich den ehem. SW-Wall der späten Bronzezeit. Ein archäologisch nachgewiesener Graben westl. des heutigen Friedhofs bedarf noch einer abschließenden Bewertung. Im unmittelbaren Bereich des Friedhofs konnten zudem Reste von Massivbebauungen nachgewiesen werden, die mglw. in Zusammenhang mit dem ehem. Sitz zu sehen sind. Es erscheint vertretbar, hier die (hoch-)mittelalterliche Burganlage zu vermuten, eine Theorie, die mglw. auch durch die unmittelbar nördl. davon am sog. östl. und westl. "Hügelfeld" durch systematische archäologische Untersuchungen nachgewiesene mehrphasige Dorfsiedlung des Hochmittelalters erhärtet wird. Gemeinsam mit dem Sitzareal wurde die auf dem "Hügelfeld" situierte Siedlung durch Grabenanlagen (heute Hohlwege) vom östl. Bereich des Wallplateaus isoliert. Die Bebauung bestand überwiegend aus Pfosten- und Grubenhäusern, zur Abgrenzung dienten kleine Gräben. Die Siedlungsbefund ist durch Lössentnahmegruben in 2 Bereiche unterteilt. Unter den Holzobjekten befand sich im Bereich des östl. Hügelfelds bzw. unter den Grabungsbaracken ein zumindest im Fundament massiv gemauertes Haus, welches archäologisch in die Zeit um 1200 datiert werden konnte. Ein spätmittelalterliches Gehöft mit Umwehrungen im östl. Hügelfeld wird mit dem in den Urkunden genannten Hof (s. „Stillfried II“) in Verbindung gebracht. Felgenhauer sieht im Kirchhügel das Zentrum dieser hochmittelalterlichen, mglw. zentralörtlich interpretierbaren bzw. geplanten Besiedlung, die nach Keramikfunden ab dem späten 11. Jh. anzusetzen ist. Die Mehrzahl der Funde ist jedoch dem 12. und 13. Jh. zuzuweisen. Das Ende der Besiedlung lässt sich nach den archäologischen Befunden um 1260/80 annehmen, mglw. – ohne entsprechende Folgen zu implizieren – zeitgleich mit der Schlacht von Dürnkrut und Jedenspeigen. Der Bereich der Pfarrkirche wurde ab dem Hochmittelalter für Bestattungen genutzt. Obwohl die Pfarre erst 1245/60 urk. nachweisbar ist, wird ihr eine gewisse zentralörtliche Funktion, mglw. als "Mutterpfarre" zugesprochen. Reste des Vorgängerbaues der heutigen Kirche sind in Form des Tiefgeschoßes des W-Turmes erhalten, das von Koch in das 12./13. Jh. datiert wurde und mglw. als Karner in Verwendung war. Zwischen E. d. 13. und A. d. 14. Jhs. entstand der heutige, aus Langhaus, Polygonalchor und W-Turm bestehende Bau, der um 1400 durch eine S-Kapelle erweitert wurde. Barocke Umbauten stammen aus dem 17. und 18. Jh. Der Kirchenneubau stammt folglich aus der Zeit nach der Aufgabe der Siedlung und wohl auch des Hausberges. Die von Koch als Herrschaftskapelle angesprochene, 2-joch. S-Kapelle setzt einen entsprechenden Sitz des späten Mittelalters voraus. Dieser ist mglw. im Bereich der sog. "Römerhügel", rund 250 m nordöstl. der Pfarrkirche am nördl. Abfall des Wallplateaus situiert, zu vermuten. Nur die östl. Hälfte der "Römerhügel" liegen auf dem Gebiet der KG Stillfried, der westl. Teil, der durch den sekundär angelegten Hohlweg entstand, ist der KG Grub an der March zuzuweisen. Die hier erhaltenen Erdwerke besaßen urspr. die Form eines Kegelstumpfes mit ovaler Deckfläche, der einen Durchmesser zwischen 50 und 100 m erreichte. Im N, wo zusätzliche Terrassen – als Vorburg – vorgelagert erscheinen, fällt das Werk mit bis zu 7 m hohen Böschungen ab, gegen S ist es durch eine im Halbkreis verlaufende Grabenanlage aus dem Wallplateau geschnitten. Das urspr. als Spitzgraben ausgebildete Annäherungshindernis besaß eine Tiefe von 8 m, heute ist der Graben noch 4 m tief und 8 m breit. Die Bezeichnung "Römerhügel" verweist auf die unter den Aufschüttungen nachgewiesene Besiedlung entsprechender Perioden. Das Erdwerk besaß jedoch nur eine hölzerne, mit Mörtelputz, Estrich und Ziegeldach ausgestattete Bebauung des 13.–15. Jhs., das Alter der Grabenanlagen ist bislang noch nicht geklärt. Bereits ältere Berichte sprechen von einer 2,50 m hohen "nachrömischen" Aufschüttung des Erdwerkes, welche mittelalterliches Fundmaterial enthielt. Vermutlich erst im Mittelalter wurde das relativ großflächige Erdwerk von einer N-S laufenden Wegführung durchschnitten, wodurch die überkommene, 2-teilige Form entstand. Nach Felgenhauer ist diese hausbergartige Anlage als Standort der bis in das 15. Jh. nachweisbaren "Veste Stillfried" zu sehen. Etwa 120 m südöstl. der "Römerhügel" bzw. rund 300 m ostnordöstl. der Pfarrkirche liegt ein weiteres, als "Hausberg" bezeichnetes Erdwerk. Diese unmittelbar am steilen O-Abfall des Wallplateaus situierte Anlage besteht aus einem kegelstumpfförmigen Kernwerk, das ein Plateau mit 24–30 m Durchmesser ausbildet. Westl. und nördl. sicherte ein Wallgraben die Anlage, im S ersetzt ein tiefer natürlicher Einschnitt entsprechende Außensicherungen. Im Bereich der "Konterescarpe" des nördl. Grabens traten temporär Mauerreste aus Quadern zutage, ein Befund, der heute nicht mehr nachvollziehbar ist. Funde aus dem "Hausberg"-Bereich datieren in die 2. H. d. 13. Jhs., wahrscheinlich um 1270/80. Die Anlage war nur kurzfristig, offenbar nach Aufgabe der Siedlung am Hügelfeld besiedelt und stand mglw. in Beziehung zur Nachfolgesiedlung im Tal.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Tlw. erhaltene Hausberganlagen, frei zugänglich.
Touristische Infrastruktur Parkmöglichkeiten nahe der Pfarrkirche bzw. beim Museum für Ur- und Frühgeschichte. Beide Örtlichkeiten gestatten über Fußwege das Stillfrieder Wallplateau zu besuchen. Ein urgeschichtlicher Wanderweg führt hier zu den wichtigsten Fundplätzen. Das Gelände ist ganzjährig frei zugänglich. Das Museum für Ur- und Frühgeschichte bietet eine ausführliche Dokumentation zu den archäologischen Untersuchungen und zur Geschichte der Besiedelung sowie einen kleinen Museumsshop mit Informationsliteratur. Öffnungszeiten: April–Oktober: Sa, So, Fei 13.30–17.30 Uhr, August: 13–17 Uhr. Für Gruppen sind nach entsprechender Voranmeldung auch andere Termine möglich.
Gasthäuser GH "Stillfriederhof" in Stillfried, Restaurant Österreicher in Angern, GH Dippelreither in Angern, GH Reischütz in Mannersdorf.
Literatur
  • Walpurga Antl-Weiser, Angern an der March, Stillfried – Grub an der March, Ollersdorf, Mannersdorf. Eine Ortsgeschichte. Angern 1989, 12–19, 20–36, 37–44
  • Walpurga Antl, Spuren der Vergangenheit. Stillfried-Grub, wie es war – was es ist, Teil 1, Von den Anfängen bis 1848. Stillfried 1995, 33 ff.
  • Lothar Beckel, Ortolf Harl, Archäologie in Österreich. Salzburg–Wien 1983, 57 ff.
  • Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 48 ff.
  • Rudolf Büttner, Burgen und Schlösser vom Marchfeld bis Falkenstein. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 13 (Birken-Reihe), Wien 1982, 38 ff.
  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 1125 f.
  • Clemens Eibner, KG Stillfried. Fundber. Österr. 31, 1992, 544–545
  • Sabine Felgenhauer-Schmiedt, Die mittelalterliche Besiedlung der Wallanlage. In: Ausgrabung in Stillfried. Stratigraphie von der Eiszeit bis zur Gegenwart. Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums N. F. 158, Wien 1985, 55–62. – Dies., Die Besiedlung der Wallanlage im Hoch- und Spätmittelalter (1000–1500). In: Stillfried. Archäologie – Anthropologie. Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Stillfried Sonderbd. 3, 1988, 137–147
  • Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich 1, Donauländer und Burgenland. Stuttgart ²1985, 570 f.
  • Karl Kafka, Wehrkirchen Niederösterreichs II. Wien (Birkenverlag) 1970, 79 f.
  • Rudolf Koch, Archäologisch-kunsthistorische Untersuchungen an der Pfarrkirche. In: Ausgrabung in Stillfried. Stratigraphie von der Eiszeit bis zur Gegenwart. Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums N. F. 158, Wien 1985, 63–65
  • Karl Lukan, Alte Welt im Donauland, Kulturhistorische Wanderungen. Wien 1996, 195 ff.
  • Hans P. Schad'n, Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich. Ein Beitrag zur Geschichte des mittelalterlichen Befestigungswesens und seiner Entwicklung vom Ringwall bis zur Mauerburg und Stadtumwehrung, Teil 1: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 80/3, 1950, 245–352; Teil 2: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 81/2–3, 1953, 25–185; – Hans P. Schad'n, Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich. Ein Beitrag zur Geschichte des Befestigungswesens und seiner Entwicklung vom Ringwall bis zur Mauerburg und Stadtumwehrung. Prähistorische Forschungen 3, Horn–Wien 1953, 230 ff.
  • Hermann Schwammenhöfer, Archäologische Denkmale III, Viertel unter dem Manhartsberg. Wien o. J. (1988), Nr. 99/4
  • Otto Urban, Stillfried – Kirchberg. In: Herwig Friesinger, Fritz Krinzinger (Hg.), Der römische Limes in Österreich. Wien ²2002, 293–297
Stillfried I. Gesamtplan des Wallplateaus mit mittelalterlichen Fundbereichen - © Plangrundlage: Schad’n: Hausberge und Felgenhauer: Stillfried, 138
Stillfried I. Gesamtplan des Wallplateaus mit mittelalterlichen Fundbereichen
© Plangrundlage: Schad’n: Hausberge und Felgenhauer: Stillfried, 138