Hauptburgenname
Wenzersdorf
ID
1335
Objekt
Schlossruine
KG
Wenzersdorf
OG/MG/SG
Gnadendorf
VB
Mistelbach
BMN34 rechts
756033
BMN34 hoch
386112
UTM 33N rechts
0
UTM 33N hoch
0
Link auf NÖ-Atlas
Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt
PKW: Aus Richtung Korneuburg über die B 6 bis Eichenbrunn fahren und hier östl. nach Wenzersdorf, ca. 5 km, abzweigen. Die Schlossruine liegt unübersehbar am westl. Ortseingang. RAD: Der "Leiserbergweg" sowie der "Buschbergweg" führen durch Gnadendorf, von wo über eine kurze Abzweigung (1 km) nach O Wenzersdorf erreicht wird.
Geschichte
Zwischen 1257 und 1279 stiftet Albert v. Karnabrunn örtliche Güter dem Stift Klosterneuburg. Dieses verpfändet den Hof an "Albertus dictus de Wenzensdorf". 1294 erscheint Eberhart v. Wenzersdorf. 1308 gelangt der Besitz an die Sonnberger. 1414 verkauft Jörg der Stuchs v. Trautmannsdorf u. a. "dy mull zw Wenzestoerff..." an die Liechtenstein. Nach Büttner/Madritsch ist 1560 die Errichtung des neues Schlosses durch Andree Sandorfer anzunehmen. 1590 ist Heinrich v. Kienritz Besitzer. Im 17. Jh. fällt Wenzersdorf an die Hft. Hagenberg, vor 1848 an die Hft. Gnadendorf. Das Schloss ist bis 1919 bewohnt und wird erst 1945 durch Brand zerstört. Nach Clam-Martinic ist es im Besitz der Fam. Reuß.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung
Die Ruine des Schlosses liegt am nordwestl. Ortsausgang von Wenzersdorf, an der nach Gnadendorf führenden Straße, wo sich der ehem. Sitz gemeinsam mit der unmittelbar südöstl. benachbarten Pfarrkirche durch geringe Höhenlage von der Siedlung absetzt.
Schloss und Kirche folgen einem NW-SO laufenden Areal. Dementsprechend ist auch der rechteckige Bau des Schlosses orientiert, der eine repräsentative Schauseite, in der wohl zentral der ehem. Zugang angelegt war, zur südöstl. Straße richtete. Die erhaltenen Bauteile stammen von einem bemerkenswerten, zumindest 4-flügelig geplanten, 4-gesch. Bau, der einen rechteckig/quadratischen Binnenhof umschloss. Die von Neugebauer geäußerten Zweifel an einer tatsächlichen Fertigstellung sind mglw. berechtigt, da der überkommene Bestand nur die nordwestl. Hälfte des zu rekonstruierenden Baues bildet. Die einheitliche, symmetrische Konzeption ist jedoch durch den nahezu durchgehend erhaltenen äußeren Bering erschließbar, der einen entsprechenden, an den Ecken durch bastionsartig vorspringende 5-Eck-Türme markant akzentuierten Bau erwarten lässt. In voller Höhe von 4 Geschoßen sind die, einen 3-Flügelbau bildenden nordwestl. Trakte mit dem nördl. und westl. Eckturm erhalten. Auffallend ist das nahezu völlige, und offensichtlich auch urspr. Fehlen von Zwischenmauern. Das Erdgeschoß ist nur mit rechteckigen, mglw. sekundär hergestellten oder veränderten Öffnungen befenstert. Die beiden Folgegeschoße besitzen in Renaissanceformen durchgestaltete Fenster relativ geringer Größe, die überraschenderweise auf eine regelmäßige Anordnung verzichten. Die bemerkenswerten, aus Werkstein gebildeten Rundbogen-Öffnungen liegen in rechteckigen Blendnischen, die Form der Profilierungen erinnert an Detailformen der späten Gotik. Das 2. Geschoß wird durch ein umlaufendes Kaffgesims begrenzt, einer weiteren Dekoration entbehrt der Bau. Im 4. Geschoß sind winzige Rundluken angebracht. Die großteils durch den abgeplatzten Verputz sichtbare Mauerstruktur besteht aus Bruchsteinen mit stellenweise hohem Ziegelzusatz, bildet also ein für das 16. Jh. charakteristisches Mischmauerwerk.
Der Bau liegt innerhalb eines ehem. umlaufenden Grabens, der tlw., vor allem an der Straßenseite, bereits verebnet ist, im N, W und O jedoch noch gut erhalten ist und über längere Strecken noch die gemauerte Konterescarpe besitzt. Die topographische Situation schließt eine ehem. Wasserführung aus. Westl. des Schlosses, bis unmittelbar an die Straße reichend, liegen Ruinen eines ehem. Meierhofkomplexes.
Abweichend von Büttner/Madritsch, die eine Errichtung des Schlosses im Jahr 1560 durch Andree Sandorfer vermuten, nennt nach Dehio eine gleich datierte Bauinschrift Jakob Erasmus v. Karnaser und Andras Bauckinger als Bauherren. Diese beim ehem. nordöstl. Zugang angebrachte Inschriftenplatte ist nach einem Einsturz von Gebäudeteilen heute verschollen, in diesem Bereich ist der Graben auch von Schuttmaterial erfüllt.
Die leichte, in bastionärer Manier durchgestaltete Befestigung des Baues durch Graben und flankierende Scharten für Handfeuerwaffen in den Untergeschoßen der Türme berechtigen zur Ansprache als sog. "Festes Schloss", ein Bautypus der Renaissancezeit, der hier in relativ nüchterner, aber durchaus reizvoller Ausprägung verwirklicht wurde. Der wohl ortsgleich zu rekonstruierende Sitz des Mittelalters, der mglw. in Beziehung zu einem Vorgängerbau der heutigen Pfarrkirche zu setzen ist, lässt sich anhand der heutigen Bausubstanz nicht mehr nachweisen.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
Relativ gut erhaltene Schlossruine. Zugänglich.
Touristische Infrastruktur
Parkmöglichkeiten an der Ortsdurchfahrt bei der Schlossruine.
Tlw. gut erhaltene Ruine eines Renaissanceschlosses, die auf eigene Gefahr zugänglich ist.
Gasthäuser
GH Öfferl in Wenzersdorf, GH Achter in Michelstetten, GH Mewald in Olgersdorf, GH Wittmann in Klement.
Literatur
- Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 128
- Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 125 f.
- Rudolf Büttner, Renate Madritsch, Burgen und Schlösser vom Bisamberg bis Laa/Thaya. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 14 (Birken-Reihe), St. Pölten–Wien 1987, 170
- Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 208
- Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 1281
- Manfred Jasser et al, Schlösser und Burgen im Weinviertel. Schriftenreihe Das Weinviertel 3 (hg. v. Kulturbund Weinviertel), Mistelbach 1979, 62, 115
- Johannes-Wolfgang Neugebauer, Wehranlagen, Wallburgen, Herrensitze sowie sonstige Befestigungen und Grabhügel der Urzeit, des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit im pol. Bezirk Mistelbach. Veröffentlichungen der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte XI–XII, Wien 1979, Nr. 61