Hauptburgenname
Zistersdorf II
ID
1402
Objekt
Schloss
Adresse
A-2225 Zistersdorf, Schloßplatz 1
KG
Zistersdorf
OG/MG/SG
Zistersdorf
VB
Gänserndorf
BMN34 rechts
781521
BMN34 hoch
378493
UTM 33N rechts
0
UTM 33N hoch
0
Link auf NÖ-Atlas
Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt
PKW: Zistersdorf ist im Zuge der B 40, von Dürnkrut oder Mistelbach kommend, zu erreichen. Das Schloss liegt dominant am südwestl. Rand des Stadtkernes, knapp oberhalb der querenden B 40. RAD: Der "Bernsteinweg" führt im Stadtgebiet von Zistersdorf unterhalb des Schlosses vorbei.
Geschichte
Bereits vor 1160 bestand in Zistersdorf eine kuenringische Eigenpfarre. Ein Drittelzehent der Pfarre war im Besitz der Gfn. v. Pernegg, welche wiederum 1160 die Kuenringer mit selbigem belehnten. Um die M. d. 13. Jhs. gründen die Kuenringer die planmäßige, befestigte Stadt. Als Dienstleute der Kuenringer sitzt ein Adelsgeschlecht auf der Burg, das 1250 mit "Rumhart von Zistersdorf" erstmals und schließlich bis 1493 nachweisbar ist. Als Nachfolger der Kuenringer erscheinen 1355 die Puchheimer, 1369 die Rauhensteiner, 1390 die Liechtensteiner und bis E. d. 15. Jhs. die Pottendorfer. Im 15. Jh. sind Stadt und Burg mehrfach umkämpft, so 1427/28 durch die Hussiten, 1486 durch die Ungarn. Nach 1491 ist die Stadt kaisl. Kammergut und an zahlreiche Adelsfamilien verpfändet. So an die Spanoffsky, Walterskirchen, Pappenheim, Althan und Landau. 1622 gelangt die Hft. als freies Eigen an die Frh. v. Teuffenbach, die in der Folge den Schlossumbau durchführen. 1650–1813 ist Zistersdorf im Besitz der Gfn. Althan. 1663 ist das Dorf als Zufluchtsort bestimmt, 1645 wird es von den Schweden, 1683 von den Türken verwüstet und noch 1707 von Kuruzzen bestürmt. 1813–1927 ist der Bau Besitz der Maria Theresianischen Ritterakademie, seit 1927 ist das Schloss Eigentum der Stadtgemeinde Zistersdorf. Im Schloss ist heute die Landesberufsschule eingerichtet.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung
Die ehem. Burg von Zistersdorf, heute Schloss, liegt an der südwestl. Ecke des durch die Stadtbefestigung bestimmten Siedlungskernes. Die Befestigung nutzte die natürliche, erhöhte Geländeterrasse am Zusammenfluß zweier Quellbäche des Zistersdorfer Baches. Erhöhtes Schutzbedürfnis war offenbar im W vorhanden, wo eine geringe Überhöhung durch das Vorgelände gegeben war. Die Situierung der Burg an der spitzwinkeligen SW-Ecke der ansonsten rund geführten Stadtmauer erscheint naheliegend. Die "Schloßberggasse" westl. der Burg und die "Stadtgrabengasse" im weiteren Verlauf der W-Front der Stadt verweisen auf die ehem. Grabensicherung dieser Seite, die noch bedingt, anhand topographischer Hinweise nachvollzogen werden kann.
Die heutige Schlossanlage, ein breitgelagerter, 2-gesch. 4-Flügelbau vermittelt äußerlich einen zwar nutzungsgerechten, doch sehr nüchternen Eindruck. Umbauten erfolgten bereits im 3. V. d. 16. Jhs., ein massiver Ausbauschub ist im 2. V. d. 17. Jhs. unter Rudolf v. Teufenbach zu verzeichnen, bei dem vorgelagerte, sich noch im Grundriss abzeichnende Bastionäranlagen in den weitgehend vereinheitlichten Baukörper einbezogen wurden. Dieses neuzeitliche Ausbaustadium ist auf dem Vischer-Stich von 1672 zu erkennen. M. d. 18. Jhs. wurde im O-Trakt ein Festsaal eingebaut, dessen Bereich durch einen 3-gesch., pavillonartigen Ausbau gekennzeichnet ist. Das im klassizistischen Stil gearbeitete Hauptportal, das über eine Brücke von N den Zugang gestattet, trägt die Wappenkartusche des Maria Theresianischen Ritterordens und ist mit der Jahreszahl "1810" bezeichnet. Die Einrichtung der Landesberufsschule in den Räumen des Schlosses führte zu neuerlichen Modernisierungen. Die gegen die Stadt gerichtete Grabensicherung der N- und O-Seite ist im Prinzip erhalten, doch stark in die moderne Gestaltung der Peripherie einbezogen. Östl. wurden moderne Schulgebäude errichtet, der ehem. östl. anschließende Meierhof, der nach Dehio Bauteile des 18. Jhs. enthielt, musste modernen Verbauungen weichen.
Der Baualtersplan von A. Klaar zeigt die Gliederung der heutigen, durchschnittlich ca. 60 x 60 m großen Schlossanlage. Die Bauanalyse zeigt die Einbeziehung mittelalterlicher Bauteile, einer durchschnittlich 44 x 50 m großen, kastellartigen Burg, deren Zugang nach P. Schicht abweichend vom heutigen auf den nordöstl. Meierhof ausgerichtet war. Ihr durchschnittlich 1,35 m starker Bering fluchtete urspr. mit der westl. und südl. Front der Stadtbefestigung, wobei dessen spitzwinkelig zusammenlaufende S- und W-Fronten eine entsprechende Stellung der jüngeren Schlosstrakte bewirkte. Klaar vermutete im S-Trakt, wo in der ebenfalls 1,35 m starken Hofmauer und in dem nun als Binnenmauer laufenden Bering zugesetzte Lichtscharten erhalten sind, Teile des ehem. Palas. An der SO-Ecke rekonstruierte er einen rechteckigen Turm, der im S mit der Feldseite des Berings fluchtete, östl. jedoch zur Gänze vor die Baulinie der innerhalb des O-Traktes laufenden, stadtseitigen Ringmauer trat. Der südl. dieses Turmes stark vorspringende Eckbereich des Schlosses entstand vermutlich durch Überbauung einer neuzeitlichen Bastion. Die Außenfronten der jüngeren S- und W-Trakte folgen mglw. älteren Zwinger- oder Bastionäranlagen. Abweichend von Klaar ist auch der westl. Bering der Burg, ähnlich wie an der O-Seite, als Binnenmauer des stark verschoben angelegten W-Traktes erhalten, mit der Schrägstellung reagiert der Trakt somit auf die mittelalterliche Baulinie. Der nur gering tiefe N-Trakt ist wohl einheitlich neuzeitlichen Ursprungs. Die exponierte SW-Ecke von Stadt und Burg legt, wie bereits Klaar andeutet, einen weiteren Turm an dieser Stelle nahe, der allerdings innerhalb der heutigen Bausubstanz nur noch erschwert nachweisbar ist. Beide Türme der S-Seite sind durch einen Bericht aus der M. d. 16. Jhs. belegt, danach gab es angeblich auch einen runden Turm an der NW-Ecke. Der SW-Turm wurde angeblich 1568 wegen Baufälligkeit abgetragen. Jüngste Untersuchungen zur Gruppe der "Österreichischen Kastellburgen" durch P. Schicht beziehen die Zistersdorfer Burg in diese Gruppe ein, doch gestattet die heutige Bausubstanz keinerlei weitere, datierende Befunde. Nach Dehio datieren die mittelalterlichen Bauteile in das 13. bzw. 14. Jh., ein Datierungsvorschlag, der mglw. nicht unberechtigt ist, jedoch durch keinerlei an der Burg sichtbare Befunde unterstützt werden kann. Schicht datiert die Anlage vorsichtig in die 1. H. d. 13. Jhs.
Unverputzte Mauerstrukturen sind an benachbarten Teilen der Stadtmauer, knapp nördl. des Schlosses und im Bereich der östl. Schulneubauten vorhanden. Die lagerhafte, noch nicht in spätmittelalterlicher Form ausgezwickelte, zu deutlich sichtbaren, niedrigen Kompartimenten zusammengefasste Mauerstruktur datiert wohl in das ausgehende 13. Jh., spätestens in das frühe 14. Jh. Die von der Stadtplanung abhängige Burg ist daher mglw. entsprechend zu datieren.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
Gepflegte Schlossanlage, nutzungsgerecht adpatiert und modernisiert. Als Berufsschule genutzt und entsprechend zugänglich.
Touristische Infrastruktur
Parkmöglichkeiten im Stadtgebiet von Zistersdorf, das Schloss ist über kurze Fußwege zu erreichen.
Der ausgedehnte Schlossbau ist heute als Landesberufsschule in Verwendung und präsentiert sich in entsprechend adaptiertem Zustand. Eine Besichtigung beschränkt sich auf die Außenbereiche.
Gasthäuser
Hotel-Restaurant "Am Steinberg" in Zistersdorf, Hotel Eldu in Zistersdorf, GH "Zum Alten Rathaus" in Zistersdorf, GH "Zum Karpfenteich" in Nexing.
Literatur
- Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 132
- Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 419 ff.
- Rudolf Büttner, Burgen und Schlösser vom Marchfeld bis Falkenstein. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 13 (Birken-Reihe), Wien 1982, 112 ff.
- Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 213
- Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 1325, 1329
- Heinz Dopsch, Liechtenstein – Herkunft und Aufstieg eines Fürstenhauses. In: Arthur Brunhart (Hg.), Bausteine zur liechtensteinischen Geschichte. Studien und studentische Forschungsbeiträge 2: Neuzeit: Land und Leute. Zürich 1999, 7–66, 40 f.
- Manfred Jasser et al, Schlösser und Burgen im Weinviertel. Schriftenreihe Das Weinviertel 3 (hg. v. Kulturbund Weinviertel), Mistelbach 1979, 116, 104
- Adalbert Klaar, Beiträge zu Planaufnahmen Österreichischer Burgen II. Niederösterreich 3. Teil. Mitteilungen der Kommission für Burgenforschung und Mittelalter-Archäologie 20 (=Anzeiger der phil. hist. Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 114. Jg., Sonderschrift 2), Wien 1977, 28–42, 41 f.
- Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon. Würzburg 1994, 687
- Maximilian Weltin (unter Mitarbeit von Dagmar Weltin, Günter Marian, Christina Mochty-Weltin), Urkunde und Geschichte. Niederösterreichs Landesgeschichte im Spiegel der Urkunden seines Landesarchivs. Die Urkunden des Niederösterreichischen Landesarchivs 1109–1314. Niederösterreichisches Urkundenbuch Vorausband. St. Pölten 2004, 309 ff.
- Folker Reichert, Zur Geschichte und inneren Struktur der Kuenringerstädte. Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich N. F. 46/47, 1980/81, Wien 1981, 142–187
- Patrick Schicht, Österreichs Kastellburgen des 13. und 14. Jahrhunderts. Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich, Beiheft 5, Wien 2003, 197 ff.
- Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.U.M.B., Nr. 102