Hauptburgenname
Trübensee
ID
1708
weitere Burgennamen
Trebensee
Objekt
nicht lokalisierter Sitz
KG
Trübensee
OG/MG/SG
Tulln
VB
Tulln
BMN34 rechts
728530
BMN34 hoch
358623
UTM 33N rechts
0
UTM 33N hoch
0
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Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Geschichte
E. d. 10. Jhs. ist erstmals gesichert Passauer Besitz in Trübensee („Trebense“) urk. nachweisbar. Daneben ist für das 11. Jh. auch bewirtschafteter königl. Besitz in und bei Trübensee belegt: So ist unter jenen fünf Orten, in denen K. Heinrich II. mit jeweils einer bestifteten Königshufe Passau für die Errichtung einer Kirche mit Pfarrhaus dotiert, auch „Otcinesseuue“-Ützensee genannt, welches von der Forschung im W der KG Schmida im Areal der historisch überlieferten Gemarkung von Trübensee lokalisiert wird. 1058 ist der zweimalige Aufenthalt der Kaiserin Agnes mit ihrem Sohn Heinrich IV. in Trübensee belegt (MG DD.H.IV., 37, 39), was eine dementsprechende bauliche Infrastruktur nahe legt. Das Ende örtlicher königlicher Besitzungen wird von der neueren Forschung mit den Auseinandersetzungen im Investiturstreit und der Aneignung königl. Besitzes durch die Babenberger und deren Parteigänger ab 1081 angenommen. Vor 1108 schenkt eine Adelige Mathilde, die nach Lechner zur Formbacher-Sippe gehört, mit Zustimmung ihrer Söhne Pilgrim und Berthold Göttweig eine Hufe in Trübensee. Ein 1120/30 genannter „Sigelohus de Trevense“ dürfte Beziehungen zu den Himbergern und den Hrn v. Winkel besessen haben. 1295/96 ist Trübensee Versammlungsort des Adelsaufstandes gegen Hzg. Albrecht, die steirische Reimchronik nennt in diesem Zusammenhang „datz dem hof zu Trebense“.
Ab dem späten 13. Jh. verdichten sich die schriftlichen Belege für eine Herausbildung eines bürgerlichen Gemeinwesens in Trübensee, welches bis in das 15. Jh. abwechselnd als „stat“, „civitas“ oder „markht“ bezeichnet wird. Im Gegensatz zu Tulln bleiben die Herrschaftsrechte aber immer in patrimonialer Verfügungsgewalt, nämlich jener des Bistums Passau. Zeitgleich mit dem urk. Auftreten von Trübenseer Bürgerschaft lassen sich auch zwei ritterliche Familien fassen: Mit Baldwin v. Trübensee, der ab 1296 in Erscheinung tritt und um 1300 als Richter in Tulln belegt ist, lässt sich ein Geschlecht unbekannter Herkunft mit Beziehungen zu den Kuenringern und zu den Hrn. v. Winkel fassen. Sein Sohn Gerung verkauft 1315 seinen Hof zu Trübensee an seinen Vetter Gerunc, Pfarrer zu Winkel, und verlegt seinen Lebensmittelpunkt nach Hütteldorf (Wien XIV). Mit seinem Sohn Ulrich v. Trübensee verlieren sich noch vor 1350 die Spuren dieses Geschlechts.
Ab 1302 ist Konrad Schmidacher als Richter von Trübensee und somit als Passauischer Amtsträger belegt. Die „Schmidacher“ sind Nachfahren der bereits früher genannten Hrn. v. Schmida (s. d.), wobei ein älterer Passauer Richter Konrad (1294 erstmals in dieser Funktion belegt) mglw. sein Vater ist. Seine Söhne Heinrich, Nikolaus und Ulrich nennen sich bereits auch nach Trübensee. 1329 ist Nikolaus als Richter v. Trübensee belegt, 1338 sein Schwager Weikart. Ab den 30er Jahren des 14. Jhs. belegen Verkaufsurkunden, dass sich die Schmidacher-Trübenseer in andere Herrschaftsräume orientieren, dabei wird auch das „Haus“ Heinrichs genannt. Nikolaus v. Trübensee ist ab der M. d. 13. Jhs. im unteren Traisental nachweisbar, so auch 1380 ein Heinrich und ein Konrad Schmidacher, mglw. Nachkommen v. Nikolaus. Daneben ist M. d. 13. Jhs. ein weiterer Konrad als Pfarrer v. Trübensee urk. belegt.
1435 überlässt Bf. Leonhard v. Passau den Markt Trübensee Albrecht v. Pottendorf als Leibgeding, in einem Bestätigungsschreiben v. 1458 ist vom „haws das darjnn gelegen ist“ als Pottendorfer Besitz die Rede, 1462 wird in einer weiteren Pottendorfer Urkunde der Passauer Kasten genannt. 1460-1461 wird der Markt Trübensee von Gamareth Fronauer im Zuge der Fehde mit K. Friedrich III. eingenommen, mit Gräben und Zäunen befestigt, sowie ein Donauarm zwecks Mauteintreibung umgeleitet. Nach der Aussöhnung mit dem Kaiser 1462 erlangt Gamareth Fronauer 1464 vertragliche Zugeständnisse hinsichtlich der Beteiligung an der Maut bei Trübensee. 1470 wird die Pfarre Trübensee ein weiteres Mal genannt. Nach 1500 gibt es keinen Quellenbeleg mehr für eine herrschaftliche Bedeutung von Trübensee, auch das bürgerliche Gemeinwesen dürfte sein Ende gefunden haben.
Text
G.M.
Lage/Baubeschreibung
Das heutige Dorf Trübensee liegt am nördlichen Trockenrand der Donauauen unmittelbar gegenüber von Tulln, was auch die lange historische Verbindung der beiden Orte erklärt. Kurt Bors konnte ab dem Jahr 2000 durch Begehungen 500 m nördl. des Orts, auf der Flur „Eingeplankte Neubrüchäcker“, die Altsiedlung auf einer Fläche von 450 x 300 m durch eine dichte Fundstreuung des 11./12.–16. Jhs. belegen. Eine beträchtliche Anzahl von Kleinfunden, die auf eine soziale Höherstellung der ehem. Besitzer hinweisen, sowie Bruchsteine mit Mörtelresten untermauern von archäologischer Seite die Präsenz einer bürgerlichen bzw. einer kleinadeligen Bevölkerung im mittelalterlichen Trübensee.
Während Bors im Inneren des ehem. Markt-/Stadtareals keine baulichen/topographischen Hinweise auf einen Adelssitz fand, mutmaßt er in der O-W orientierten Häuserzeile am SO-Ende des heutigen Dorfes auf Grund von Parzellenanomalien die Lage eines "Herrenhofs". Ein weiterer von Bors postulierter Sitz, der sog. „Gerichtshügel“ an der nördl. KG-Ecke von Trübensee, dürfte trotz eines dort 1910 geborgenen Skelettes eher als Grenzmal denn als Hausberg zu interpretieren sein. Er wurde im 20. Jh. komplett abgetragen, 200 m nördl. konnte Bors eine kleine Wüstungsstelle (“Salzerlackenhof“) entdecken, die er als möglichen Hof zum Hausberg anspricht. Den 1284 genannten Hof der Tullner Dominikanerinnen, 1410 als "nydernhalben der stat zw Trebensee“ gelegen beschrieben, verkauft das Kloster in letztgenanntem Jahr an eine jüdische Familie. Bors möchte diesen im Bereich der „Kasernäcker“ am östl. Ortsende lokalisieren. Hier, in einem tlw. durch die Ortsstraße und Häuser verbauten Bereich kam ebenfalls Fundmaterial des 12.–15. Jhs. zutage.
Da die Quellenevidenz aber eine weitaus größere Anzahl an repräsentativen (Amts-)Häusern und Höfen erschließen lässt, sind diese trotz der bedeutenden Neuergebnisse von Bors als nicht lokalisiert zu werten, zumal keine gesicherten Zuweisungen nach derzeitigem Forschungsstand möglich sind.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
abgekommen
Literatur
- Otto Biack, Geschichte der Stadt Tulln. Erweitert um die Geschichte der Marktgemeinde Langenlebarn und der Orte Frauenhofen, Mollersdorf, Neuaigen, Nitzing, Staasdorf und Trübensee. Hg. Stadtgemeinde Tulln. Tulln ²1982, 567 ff.
- Kurt Bors, Die Entdeckung der "Stadt" Trebensee bei Tulln und anderer verschwundener Orte zwischen Absdorf und Hausleiten. Ergebnisse der Ortswüstungsforschung im Gelände. Hg. Dorfgemeinschaft Trübensee. Tulln 2003
- Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 387 ff.
- Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 40/2001, 704
- Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 41/2002, 721
- Heinrich Weigl, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A), Band I–VII, Wien 1964–1975. – Fritz Eheim, Max Weltin, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A). Ergänzungen und Berichtigungen, Band VIII, Wien 1981 II und VIII, D 298
- Erwin Kupfer, Das Königsgut im mittelalterlichen Niederösterreich vom 9. bis zum 12. Jahrhundert. Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde 28, St. Pölten 2000, 54, 110 ff.
- Karl Lechner, Die geschichtliche Landschaft zwischen Donau und Wagram. Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich N. F. 27, Wien 1938, 30–70, 40 ff., 54 ff.
- Karl Lechner, Der Tullner Bezirk zur Babenbergerzeit, Heimatkunde des Verwaltungsbezirkes Tulln 6. Die Geschichte des Bezirkes Tulln (hg. v. Arbeitsausschuß der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Tulln). Heimatkalender des Bezirkes Tulln 1954, 35–74, 43, 48, 52, 54
- Günter Marian, Studien zu Trübensee im Mittelalter. Unveröffentlichtes Manuskript, St. Pölten 2004
- Wüstungsarchiv der Österreichischen Gesellschaft für Mittelalterarchäologie. URL http://www.univie.ac.at/wuestungsforschung/archiv.htm (Kurt Bors, Stand: 2008), Nr. 1821,20; Nr. 1821,21