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Hauptburgenname Goßam
ID 1918
Objekt Burgruine
KG Gossam
OG/MG/SG Emmersdorf an der Donau
VB Melk
BMN34 rechts 676031
BMN34 hoch 347665
UTM 33N rechts 524942.09
UTM 33N hoch 5345590.34
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: In Schallemmersdorf von der Wachauer Bundesstraße (B 3), nördl. nach Goßam abzweigen. Vom Ortszentrum der Straße ins Felbringtal folgen, die nach ca. 1 km eine Parkmöglichkeit unter der Ruine erreicht. RAD: Vom „Donauradweg" w. o. beschrieben abzweigen.
Geschichte Die Gründung der Burg wird in der Literatur bisweilen in Zusammenhang mit einer örtlichen Herrschaftsgründung durch die Gfn. v. Pernegg gesehen. Mehrere, tlw. mit Vorbehalt anzuführende Nennungen eines Ulrich „de Gosheime" treten in den 70er- und 80er-Jahren d. 11. Jhs. auf. Dieser Zuordnung wurde zuletzt durch Weltin (NÖUB I, 433) widersprochen. Ulrich II. nennt sich 1084/1140 sowohl nach Pernegg als auch nach „Gossisheim". Ulrich III., 1130/70 als Gf. v. Deggendorf, Pernegg und Weitenegg nachweisbar, nennt sich 1130/38 nach „Gossisheim". Nach 1200 dürfte Goßam im Zuge der Besitznachfolge der Pernegger an die Babenberger gekommen sein. Nach dem Verlust der Sitzfunktion und dem verm. einsetzenden Verfall der Burg erlangt die Kirche im 14. Jh. als Wallfahrtsort Bedeutung, was im 15. Jh. seinen Höhepunkt erreicht. Die Reformationszeit ab dem 16. Jh. leitet den langsamen Verfall der Anlage ein. Letzte Gottesdienste werden noch 1780 gehalten. Pläne für eine Rettung der um 1900 noch unter Dach befindlichen Kirche werden verworfen, nach temporären Sicherungsarbeiten werden erst 1988/94 umfassende Restaurierungsmaßnahmen durchgeführt.
Text G.R., T.K.
Lage/Baubeschreibung Die Burgruine liegt 2,2 km nördl. von Emmersdorf an der Donau bzw. 1,2 km nordwestl. der Ortskapelle von Gossam auf einem niedrigen Felshügel am linken Ufer des Felbringbaches. Bis zur Freilegung durch den Verein für Dorferneuerung und Kulturinitiativen Goßam 1988–1994, mit der eine archäologische Untersuchung unter Aufsicht des BDA verbunden war, waren ausschließlich die Ruinen der ehem. Burg- und späteren Wallfahrtskirche Hl. Pankraz sichtbar. Die rund um die Kirche zum Vorschein gekommenen Mauerreste ließen den ehem. Bestand einer relativ frühen, komplexen Burganlage erkennen. Die meist nur im Fundamentbereich erhaltenen Mauerzüge wurden bei der abschließenden Sicherung ergänzend aufgebaut, was einer weiteren Erforschung der Anlage enge Grenzen setzt. Im zentralen Bereich des Hügels bildete ein kleinräumiges Bering-Polygon die ehem. Kernzone der Burg. Mehrere Mauerzüge lassen im N und NO einen tiefer gelegenen Vorburgbereich erschließen, der auch die zugangsseitig gestellte Burgkapelle einschloss. Diese lässt sich anhand ihrer in den späteren Kirchenbau integrierten Mauern als nahezu quadratischer, nach NO orientierter Apsidensaal rekonstruieren. Die Kapelle zeigt lagig versetztes, kleinwürfeliges, hammerrechtes Bruchsteinmauerwerk, das sich auch an den originalen Mauerteilen des Berings findet. Die an der N-Wand der Kapelle erhalten gebliebenen Teile einer rom. Freskenausstattung, die um 1120 datiert, wurden 1961 abgenommen und befinden sich derzeit im WEINSTADTmuseum Krems. Die ehem. Burgkapelle wurde im 14. Jh. als O-Abschluss eines nun erweiterten Kirchenbaues genutzt, der dann sekundär einen auf dem Fels der Kernzone aufsitzenden W-Turm mit polygonalem Glockengeschoß und gemauertem Spitzhelm erhielt. Im späten Mittelalter wurde der als Wallfahrtskirche dienende Bau mit einem über die volle Länge reichenden S-Schiff ausgestattet, das in späterer Zeit durch Vermauerung der offenen Verbindungsbögen außer Funktion gesetzt wurde. Div. weitere Bauteile im Burgbereich, vor allem im N der Kirche, sind wohl in Zusammenhang mit der Funktion als Wallfahrtsort zu sehen. Die im Rahmen der Untersuchungen zutage getretenen Keramikfunde lassen eine Besiedlung ab dem 11. Jh. vermuten, die nach einem Höhepunkt im 12. Jh. bereits im 13. Jh. ein jähes Ende fand. Die erhaltenen ältesten Bauteile sind aufgrund der Mauerstruktur und der Datierung der ehem. Freskenausstattung wohl dem frühen 12. Jh. zuzuweisen, wobei das stark gegliederte, mehrteilige Gefüge schon im 12. Jh. auf Ausbauphasen schließen lässt. Ein Abbild der sozialen Verhältnisse ab dem 17. Jh. geben die etwa 31 festgestellten Bestattungen von Früh- oder Totgeburten im ehem. Burgbereich nahe der Kirche.
Text G.R.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Gepflegte, gesicherte und stark ergänzte Ruinenanlage, frei zugänglich.
Touristische Infrastruktur Die sehenswerte Ruine mit der ehem. Burgkirche und den stark ergänzten Resten der Burg sind nach archäologischer Untersuchung und Sicherung für Besucher erschlossen und ganzjährig frei zugänglich.
Gasthäuser GH Hörlesberger (=GH 3 Linden) in Schallemmersdorf, GH „Melkerblick" in Emmersdorf, GH „Rössl" in Emmersdorf.
Literatur
  • Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 I, 26
  • Gerhard Reichhalter, Karin und Thomas Kühtreiber, Burgen Waldviertel Wachau. St. Pölten 2001, 96 ff.
  • Falko Daim, Karin und Thomas Kühtreiber (Hg.), Burgen Waldviertel - Wachau - Mährisches Thayatal. Wien 2009, 122 f.
  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 296
  • Franz Eppel, Die Wachau. Österreichische Kunstmonographie II. Salzburg ³1975, 86 f.
  • Gerhard Floßmann, Der Bezirk Melk – Herzstück Niederösterreichs. Band II einer Bezirkskunde. Melk 1994, 309
  • Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 27/1988, 330
  • Franz Xaver Kerschbaumer et al., Burg und Burgkirche Goßam. Goßam 1994
  • Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon, Ergänzungsband. Berlin 1999, 35
  • Elga Lanc, Die mittelalterlichen Wandmalereien in Wien und Niederösterreich. Corpus der mittelalterlichen Wandmalereien Österreichs I, Wien 1983, 134
  • Erich Lehner, Burgkapellen in Niederösterreich. Dissertation Technische Universität Wien 1985, 220 ff.
  • Niederösterreichisches Urkundenbuch I: 777–1076. Bearb. v. Max Weltin, Roman Zehetmayer unter Mitarbeit v. Dagmar Weltin, Günter Marian, Christina Mochty-Weltin (hg. v. Verein zur Förderungen von Editionen mittelalterlicher Quellen Niederösterreichs und v. NÖ Landesarchiv). Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 8/1, St. Pölten 2008, 433
  • Hans Tietze, Die Denkmale des politischen Bezirkes Krems. Österreichische Kunsttopographie I, Wien 1907, 154
  • Hermann Schwammenhöfer, Archäologische Denkmale IV. Viertel ober dem Manhartsberg. Wien o. J. (1988), Nr. 108
  • Gerhard Stenzel, Von Burg zu Burg in Österreich. Wien ²1973, 178 f.
  • Wilhelm Zotti, Abgekommene Kirchen, Kapellen und Karner im Waldviertel, Beiträge zur Kirchengeschichte Niederösterreichs 4 (=Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diözesanblatt 22), St. Pölten 2000, 47 f.
Goßam. Ansicht der Ruine von N (2007) - © Thomas Zoder
Goßam. Ansicht der Ruine von N (2007)
© Thomas Zoder
Goßam. Ansicht der Kirchenruine von N (2007) - © Thomas Zoder
Goßam. Ansicht der Kirchenruine von N (2007)
© Thomas Zoder
Goßam. Bauphasenplan (2006) - © Grundlage und Baualter: Gerhard Reichhalter; Digitalisierung: Patrick Schicht
Goßam. Bauphasenplan (2006)
© Grundlage und Baualter: Gerhard Reichhalter; Digitalisierung: Patrick Schicht