Hauptburgenname
Grafenegg
ID
1926
weitere Burgennamen
Aspersdorf, Esperstorff, Neu Wolffenreuth, Neu Stettenberg
Objekt
Schloss
Adresse
3485 Haitzendorf, Grafenegg 10
KG
Kamp
OG/MG/SG
Etsdorf-Haitzendorf
VB
Krems-Region
BMN34 rechts
706656
BMN34 hoch
365748
UTM 33N rechts
555235.1
UTM 33N hoch
5364195.14
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Zufahrt
PKW: Bei Grafenwörth von der B 304 (Stockerau–Krems) nördl. nach Grafenegg (ca. 3 km) abzweigen. Die Zufahrt ist lokal beschildert, vor dem Schlosspark befinden sich große Parkplätze. RAD: Durch Grafenegg führen „Kamptal-" und „Weinviertelweg“, hier beginnt auch der „Wagramweg“.
Geschichte
Vorgänger der späteren Burg und des Schlosses ist ein ehem. Sitz in der Ortschaft „Aspersdorf“, nach dem sich um 1190 „Riwinus de Aspinsdorf“ nennt, ein Gefolgsmann der Gfn. v. Hardegg. Der 1433 genannte „hoff zu Esperstorff“ dürfte bereits der unmittelbare ortsgleiche Vorgänger der Burg sein. 1424 ist der Ort ldfl. Lehen. Damals verkauft N. Parschenbrunner die Hft. an Georg Wolfenreuter (s. Wolfenreith), der 1435 vom Hzg. (erneut) damit belehnt wird. Unter ihm wird der Bau, nun „Vest New Wolffenrewt“ bezeichnet, neu befestigt und ausgebaut. 1454 verkauft Wolfenreuter die Burg Grafenegg an den kaisl. Rat und ehem. Hauptmann von Triest und Portenau sowie Erbschenk in Österr. und Hofmarschall der Kaiserin Eleonore, Bernhard (II.) von Tachenstein (vgl. den bislang unbeachtet gebliebenen Wappenstein Bernhards von Tachenstein und seiner Frau Margarete Frauenhofer von 1455 in der Einfahrtshalle des N-Trakts sowie beschriftete und mit Wappendarstellungen versehene Dachziegel von 1456 an der Fassade der ehem. Mühle). 1470 verkauft er das zeitweilig als Tachenstein bezeichnete Grafenegg samt Zubehör an Ulrich v. Grafenegg, der im Gegenzug Schloss und Dorf Ebergassing und das Dorf Wienerherberg samt Zubehör an Tachenstein veräußert.
Nach Parteinahme für den Ungarnkönig verliert der Grafenegger sämtlichen Besitz. Grafenegg wird in der Folge von ldfl. Pflegern/Pfandinhabern verwaltet (1488/92 etwa Wolfgang Meilersdorfer). 1493 gibt K. Friedrich III. die Burg „Eschpersdorf“ (Grafenegg) und weitere Güter an den aus der Steiermark stammenden niederadeligen Aufsteiger Sigmund Prüschenk zu Pfand. Kurze Zeit später verkauft Maximilian I. die Hft. als freies Eigen an Sigmunds Bruder Heinrich Prüschenk von Hardegg und Stettenberg, der vor 1513/17 mit dem Umbau der Burg in ein Renaissanceschloss beginnt. Nach seinem Tod gelangt „Neu Stettenberg“, wie die Burg vorübergehend genannt wird, an seine Söhne, die nunmehrigen Gfn. v. Hardegg. 1534 erwirbt Katharina, Witwe nach Adam v. Schwetkowitz, von Gf. Julius (I.) v. Hardegg die Hft., doch bereits 1536 kauft das Schloss Bernhard (I.) Thurzó v. Bethlenfalva (gest. 1551, Epitaph in der Pfk. Haitzendorf) um 26.000 fl von den Brüdern Ladislaus und Adam (d. J.) v. Schwetkowitz an.
Die Thurzó bleiben bis zum Tod Bernhards (II.) 1594/96 im Besitz, 1601 (?) kommt Grafenegg an den seit 1596 mit Benigna Thurzó (gest. 1599, Grabdenkmal in der Pfk. Großweikersdorf) verheirateten Martin v. Starhemberg, 1603 an Helena v. Königsberg, geb. Saurau, aus 1. Ehe Witwe nach Bernhard (II.) Thurzó. 1622 verkaufen die Saurau an die Hrn. v. Verdenberg, die 1630 Neu- und Umbauten durchführen lassen. 1633 erfolgt der Neubau der Schlosskapelle. 1645 wird das Schloss von schwedischen Truppen besetzt. Nach der M. d. 17. Jhs. gelangt der Besitz an die Gfn. Enkevoirt, 1769 an deren Verwandten Karl Josef Ignaz Gf. Breuner-Enkevoirt. August Ferdinand Gf. Breuner-Enkevoirt beginnt 1840 den umfassenden Neubau im Stil des romantischen Historismus. Seine Nachkommen setzen die Umgestaltungen bis 1888 fort. 1894 geht Grafenegg an die Fst. v. Ratibor, bleibt jedoch unbewohnt. Nach 1945 beginnt die völlige Verwahrlosung, die erst 1967 durch Revitalisierungsarbeiten gestoppt wird. Heutiger Eigentümer ist Franz Albrecht Metternich-Sandor.
Text
G.R., A.H.Z.
Lage/Baubeschreibung
Schloss Grafenegg liegt in der Niederung nördl. der Kampmündung, 1,9 km südl. von Etsdorf am Kamp bzw. unmittelbar nördl. des Dorfes Kamp innerhalb eines ausgedehnten Park- und Meierhofareals. Die heutige Anlage überbaut bzw. integriert Teile ihrer sma./fnz. Vorgängers. Nach Kitlitschka ist in den Basisbereichen des S- und O-Flügels Mauerwerk des späten 15./frühen 16. Jhs. sichtbar. Die nördl. Einfahrt geht, wie der wohl nicht weit vom urspr. Standort entfernte Wappenstein Tachensteins und ein aus dem frühen 16. Jh. stammendes Rippengewölbe zeigen, auf einen entsprechenden Bauteil des Spätmittelalters zurück. Der Hofseite des O-Traktes ist ein schlanker, runder, oben polygonaler Treppenturm vorgesetzt, dessen Wendeltreppe mit „1538“ bezeichnet ist. Das in Frührenaissance-Formen gestaltete Portal dazu ist mit den Eheallianzwappen Thurzó/Neidegg skulptiert und stammt aus einer verm. in oder um Eggenburg zu lokalisierenden Werkstatt, die in den 30er- und 40er-Jahren d. 16. Jhs. qualitätsvolle Bauplastik für zahlreiche niederösterr. Adelssitze liefert. Der äußerlich von den historisierenden Umbauten ausgeklammerte O-Trakt geht somit auf das 16. Jh. zurück, sein heutiges Äußeres mit den frühbarocken Dachgaupen entstammt verm. dem Umbau ab 1630. Auf die Entstehungszeit des ehem. wohl allseitig umlaufenden Walles, der zwischen Schloss und äußerer Umfassung angelegt ist und die Erdgeschoßzone des Schlosses verbirgt, wird in den div. Beschreibungen nicht eingegangen. Die bemerkenswerte, nur mit seltenen Beispielen vergleichbare Anlage ist als Reaktion auf den Einsatz schwerer Belagerungsartillerie zu sehen. Die gegenüber einer Massivbefestigung vorteilhaftere Erdschüttung bot zudem die Möglichkeit, eigene Geschütze aufzustellen. Ähnliche Anlagen sind bereits für das 15. Jh. belegt, doch wird die Errichtung hier verm. nach 1500 anzusetzen sein. Da der Wall auf dem Vischer-Stich von 1672 sichtbar ist, ist er spätestens den Ausbauten ab 1630 zuzuweisen. In dieser Zeit entstand unter den Verdenberg der 4-flügelige Schlossbau mit vorspringendem nördl. Torbau und 2 höherragenden Türmen mit Zwiebelhelmen. Hervorzuheben ist die heute noch fast vollständig erhaltene Bastionärbefestigung. 4 spitzwinkelig angelegte, 2-gesch. Eckbastionen mit Wallhäuschen ermöglichten durch Stück- und Schlüssellochscharten eine vollständige Flankierung der verbindenden Kurtinen, die ihrerseits mit zahlreichen Scharten für Frontalfeuer ausgestattet sind. Obwohl die Anlagen z. T. sehr manieriert wirken und entsprechend dekorativ gestaltet sind, u. a. mit gebänderten und geböschten Sockelzonen, boten sie eine praktische Verteidigungsmöglichkeit mit leichter stationärer Artillerie und Handfeuerwaffen. Der umlaufende, zur Wasserführung eingerichtete, sehr breite Graben ist durch eine gemauerte Konterescarpe begrenzt. Verm. angeregt durch England-Aufenthalte, begann August Ferdinand Gf. Breuner-Enkevoirt 1840 mit dem durchgreifenden Umbau im Stil des romantischen Historismus unter Verwendung englischer und süddeutsch-österr. Gotikelemente. Architekt war der spätere Dombaumeister Leopold Ernst. Die etappenweise durchgeführten Arbeiten dauerten bis 1888, wurden auch nach dem Tod des Bauherren 1877 von seinen Nachfahren fortgesetzt, blieben aber letztlich unvollendet. Der trotz Weiterbenutzung frühbarocker Teile weitgehend homogen wirkende, für den österr. Raum kaum Parallelen bietende Bau verdeutlicht den Ausdruck eines neuen Geschichtsbewusstseins und manifestiert adelige Selbstdarstellung und Mäzenatentum. Die Fülle an Detailformen, wie Treppengiebel, Balkone, Erker, Verbindungsgänge, Maßwerkelemente, Wasserspeier etc. vermittelt den Eindruck einer märchenhaften Kulisse. Die Architektur verbindet sich mit den handwerklichen Leistungen der Innenausstattung zum Gesamtkunstwerk, das vom hochragenden, bergfriedartigen Turm mit Umgang und Erkertürmchen gekrönt wird. Die Prunkräume des Obergeschoßes, z. B. „Wappenstube“, „Rittersaal“, „Blauer Salon“, „Gelber Salon“ etc. werden heute als Museum und für Ausstellungen genutzt. Die aus der Flucht des O-Traktes vortretende Kapelle mit gotisierendem Polygonalchor wurde 1846/53 erbaut, ein Vorgänger bereits 1633. Nördl. des Wohnschlosses verteilen sich zahlreiche Gebäudegruppen wirtschaftlicher Funktion über das Areal des Schlossparks, sie bilden den ehem., mglw. noch auf das Mittelalter zurückreichenden Meierhofbereich. Der unmittelbar gegenüberliegende, aus dem frühen 18. Jh. stammende Gutshof wurde im Zuge des Schlossneubaues 1844 erneuert, die östl. benachbarte Reitschule entstand 1840/45, die Schlosstaverne 1841. Der gesamte Komplex und der englische Park, tlw. vom Mühlbach durchschnitten, ist von einer Mauer mit Wachttürmchen und Toranlagen umschlossen. Der 1955 schwerst beschädigt an den Eigentümer zurückgestellte Bau konnte ab 1967 unter Mithilfe von Bund, Land, BDA etc. revitalisiert werden. Das Schloss und Teile des ehem. Meierhofbereiches sind heute in ein vielfältiges Museums-, Kultur- und Gastronomieangebot einbezogen. Jüngste Umgestaltungen des Ensembles waren die Errichtung des „Auditoriums“ und des „Wolkenturms“, Neubauten für Musikveranstaltungen im Freien bzw. im Konzertsaal.
Text
G.R., A.H.Z.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
Gepflegte Schlossanlage. Park frei zugänglich. Museumsbereich gegen Eintrittsgebühr zu besichtigen.
Touristische Infrastruktur
Schloss Grafenegg präsentiert neben der pittoresken Architektur, eingebettet in ein vollständig erhaltenes Park- und Meierhofensemble, ein ungewöhnlich dichtes Kultur-, Veranstaltungs- und Museumsangebot. Das Schloss und die jährlich wechselnden Ausstellungen sind gegen Eintrittsgebühr zu besichtigen. Öffnungszeiten: April–Oktober: Mo geschlossen, Di–So 10–17 Uhr. Führungen sind nach Vereinbarung möglich.
Eine Broschüre informiert über die jährlich zwischen Frühjahr und Dezember stattfindenden Kulturveranstaltungen aus den Bereichen Musik (Klassik bis Jazz), Literatur und Theater, über die Antiquitätenmessen, das Fest der Pferde, den Grafenegger Advent oder den Weinmarkt Grafenegg. Für die Veranstaltungen werden Abonnements angeboten, Räumlichkeiten und Infrastruktur (samt kompletter Organisation) für exklusive Familienfeste, Firmenfeiern oder Hochzeiten stehen zur Verfügung, ebenso ein Zubringerbus ab/bis Wien. Im Schlosspark befindet sich das Rest. „Schloss Grafenegg“. Museumsshop im Kassabereich.
Gasthäuser
Rest. „Schloss Grafenegg", GH „Zum Goldenen Kreuz" in Feuersbrunn.
Literatur
- Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 48 ff.
- Bertrand Michael Buchmann, Brigitte Fassbinder, Burgen und Schlösser zwischen Gföhl, Ottenstein und Grafenegg. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 17 (Birken-Reihe), St. Pölten–Wien 1990, 65 ff.
- Gerhard Reichhalter, Karin und Thomas Kühtreiber, Burgen Waldviertel Wachau. St. Pölten 2001, 99 ff.
- Falko Daim, Karin und Thomas Kühtreiber (Hg.), Burgen Waldviertel - Wachau - Mährisches Thayatal. Wien 2009, 125 ff.
- Burgen, Stifte und Schlösser des Waldviertels. Geschichte, Kultur, Wanderziele, Gastronomie (hg. v. ARGE Burgen, Stifte und Schlösser des Waldviertels). St. Pölten–Wien 1994 II, 40 ff.
- Rudolf Büttner, Burgen und Schlösser an der Donau. Wien (Birkenverlag) ²1977, 157 ff.
- Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 126 f.
- Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 303 ff.
- Werner Kitlitschka, Schloß Grafenegg. Grafenegg o. J. (1999)
- Martina Lorenz, Karl Portele, Burgen Schlösser Österreich. Wien 1997, 48
- Laurin Luchner, Schlösser in Österreich I. München 1978, 146 f.
- Hans Tietze, Die Sammlungen des Schlosses Grafenegg. Österreichische Kunsttopographie Beiheft zu Bd. I, Wien 1908
- Franz R. Vorderwinkler, Auf den Spuren der Kultur. Steyr 1997, 72 f.
- Andreas Zajic, Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, gesammelt unter Benützung älterer Vorarbeiten und bearbeitet von Andreas Zajic. Die Deutschen Inschriften 72, Wiener Reihe Bd. 3: Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich, Teil 3, Wien 2008, Kat.Nr. 76, 81, 105, 209, 243