Hauptburgenname
Kollmitz II
ID
2050
Objekt
Burgruine
KG
Kollmitzdörfl
OG/MG/SG
Raabs an der Thaya
VB
Waidhofen an der Thaya
BMN34 rechts
691367
BMN34 hoch
409586
UTM 33N rechts
539189.5
UTM 33N hoch
5407741.65
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Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt
PKW: Von der B 30 ca. 4 km östl. von Raabs nach Kollmitzdörfel abzweigen. Schmale Waldstraße, ca. 2 km, bis zum kleinen Parkplatz vor der Burg. Kurz davor ist die sog. „Böhmische Mauer" zu passieren. Die Tordurchfahrt ist für normale Pkw in der Regel geeignet, Vorsicht bei größeren Fahrzeugen. Alternativ von Horn über Landes- und Bezirksstraßen über Irnfritz nach Kollmitzgraben. Parkmöglichkeit nahe der Thayabrücke, wenige Min. Fußweg. Berggewohnte Fahrer können die Brücke überqueren und über die sehr enge, steile Ortsstraße bis zum Parkplatz vor der Burg fahren. RAD: Vom „Thayatalweg" östl. von Raabs nach Kollmitzdörfel abzweigen und über die Waldstraße bis zur Burg. Alternativ vom „Waldviertelweg" bzw. vom „Bandlkramerweg" bei Radl nach Kollmitzgraben abzweigen, von hier kurzer Steilanstieg bis zum Burgtor.
Geschichte
Das Stift Herzogenburg hatte mit der „Prima Fundacio“ Zehentrechte in der „villa Cholmuntz“ inne. Vor 1297 wird zwar ein Hermann der Cholnzer bzw. Cholmunzer genannt, doch sind seit 1293 die Hrn. v. Wallsee als ldfl. Lehensträger zu Kollmitz nachweisbar, 1319 ist es Heinrich v. Wallsee-Drosendorf. Im Jahre 1346 ist Weichart v. Winkel als Besitzer von Kollmitz und Ludweis erwähnt, wobei beide Orte nun eine Zeitlang verbunden sind; seine Söhne Friedrich, Ortlieb, Heinrich und Weichart sind zwischen 1353/75 nachweisbar. Sie verkaufen wegen einer hohen Verschuldung die Festen Kollmitz und Ludweis um 2200 lb d im Jahre 1362 an den Ritter Ratolt d. Chratzer und dessen Brüder Simon und Friedrich, worauf diese auch den Lehensrevers von Hzg. Albrecht III. sowie von den Winklern das Burgrecht erhalten. 1363 erfolgt ihre Belehnung durch Hzg. Rudolf IV., doch 1371 verkaufen Rudolf und Friedrich Chratzer die Festen Kollmitz und Ludweis um 2300 lb d an Jans und Friedrich v. Tyrna, der sie im folgenden Jahr seinem Bruder abkauft. 1380/95 wird „der von Tyerna“ von Hzg. Albrecht III. mit „Kolmvncz“ belehnt. Nachdem die Tyrna 1395 auch Drösiedl erworben hatten, dieses aber 1403 wieder an Georg v. Drösiedl verkauften, gelangt Kollmitz wiederum an den Landesfürsten, der es nun an die Tyrna versetzt, worauf Jörg d. Volkenstorfer die Pfandsumme im Jahre 1407 auslöst und als ldfl. Pfleger eingesetzt wird. 1411 ist Jobst Hofkirchner als ldfl. Lehensträger der Feste nachweisbar. Auf ihn folgt sein Sohn Lorenz, danach Hans Hofkircher, der 1455 die Feste von Kg. Ladislaus Postumus als Lehen empfängt. 1464 wird er samt einer Wappenbesserung von K. Friedrich III. zum Frhn. auf Kollmitz erhoben; er stirbt um 1479. Sein Sohn Laurenz erbt die Hft., auf ihn folgen 1498 Wolfgang und Wenzel, 1539 Kadolt, 1553 Johann, 1570 dessen Bruder Wilhelm, 1584 fällt Kollmitz im Zuge einer Erbteilung an Wolfgang Frh. v. Hofkirchen. Im Jahre 1615 muss Wolfgang die Hft. wegen Steuerrückständen den niederösterr. Ständen überlassen, von denen sie 1616 Georg Schütter erwirbt, der von K. Ferdinand II. belehnt wird. 1637 verkauft Wolf Dietrich Schütter die Hft. Kollmitz an Johann Schubhart, der 1639 von K. Ferdinand III. damit belehnt wird und sie 1642 für 2600 fl als freies Eigen Schubharts erklärt. Auf Jakob Schubhart folgt sein Sohn Johann Caspar, danach Karl Ferdinand, der Kollmitz 1693 an das Stift Pernegg verkauft, das es 1705 seinerseits an Franz Anton Quarient und Raal veräußert, worauf Kollmitz 1708 mit der Hft. Raabs verbunden wird. Nach der Fam. Quarient sind 1760–1835 die Fam. Bartenstein und Kaiserstein im Besitz von Kollmitz, das allerdings seit dem späten 17. Jh. dem Verfall preisgegeben war und um 1800 auch seiner Dächer beraubt wurde. Nach Kerschbaumer brannte der Hungerturm bereits 1703 nach einem Blitzschlag aus. 1932 erwirbt die SG Waidhofen an der Thaya die Burgruine; seit 1974 bemüht sich ein Verein um die Erhaltung.
Text
M.J.
Lage/Baubeschreibung
Die Burgruine liegt 4 km südöstl. von Raabs auf einem an 3 Seiten von der Thaya umflossenen Bergsporn am linken Ufer des Flusses, oberhalb der KG Kollmitzgraben. Vom gegenüberliegenden, südl. Ufer und von der Ortschaft bietet sich ein beeindruckender Anblick auf die lang gestreckte, gestaffelte Bautengruppe. Der sehr unterschiedlich gestaltete Felssporn gestattete die Anlage einer rund 120 m langen, zwischen 20–66 m breiten Burganlage, die wegen ihrer Ausdehnung, ihrer Besonderheiten und ihres pittoresken Erscheinungsbildes zu den herausragendsten Objekten der niederösterr. Burgenlandschaft zu zählen ist. Im Wesentlichen teilt sich die Anlage in eine südl. zum Spornende führende Hochburg und eine nördl. vorgelagerte, ausgedehnte Vorburg. Die ältesten Teile der Hochburg sind auf dem höchsten Punkt des Felsgrates zu rekonstruieren, wo div. ältere Mauerzüge einen ummauerten Bereich von ca. 20 x 10 m bildeten, die nach Ausweis des Mauerwerkes nicht vor der M. d. 13. Jhs. zu datieren wären. Erst ab 1300, naheliegend unter den Hrn. v. Wallsee, kam es zu einem bedeutenden Ausbau, zu dem der über Altbauteile gestellte, dendrochronologisch knapp nach 1320 datierte runde Bergfried mit 8,6 m Durchmesser und 2,95 m Mauerstärke, ein lang gestreckter Saalbau im S und ein die O-Seite begleitender Bering zu zählen sind. Die dem Bergfried vorgelagerte, schiffsbugartige Mantelmauer, die der Abbruchkante des Felsens folgt, dürfte einer kurze Zeit später folgenden Bauphase des 14. Jhs. angehören. Im Laufe des 14. Jhs. entstanden im S, z. T. auf einer nach O abgetreppten Terrasse, weitere Bering-umgebene Gebäude, die besonders im SW eindrucksvoll in das steil abfallende Gelände gestellt wurden. Dazu zählt der dem NW-Trakt östl. vorgelagerte Wohnturm von 1378/79d. Verm. im frühen 15. Jh. entstand der repräsentative Torbau im Zuge des westl. Berings, der – übereck dazu gestellt – eine ältere, ortsgleiche Anlage ablöste. Zur aufwändigen Gestaltung gehören ein zugbrückenbewehrtes Fahr- und Manntor, und die im Obergeschoß vorragenden, reich profilierten Erkerkonsolen weisen auf eine ehem. prächtige Ausgestaltung hin. Unter den Hrn. v. Hofkirchen kam es in der 2. H. d. 15. Jhs. zur Errichtung der ungewöhnlich ausgedehnten Vorburg nördl. der Hochburg, womit dem überhöhten Vorfeld begegnet werden sollte. Hierin ist eine Reaktion auf das Aufkommen von Feuerwaffen und die allgemeinen Gefahrensituationen jener Zeit zu sehen. Noch heute dominiert der bergseitig vorgeschobene Batterieturm mit 10,80 m Durchmesser und 3,70 m Mauerstärke an der N-Spitze, der dendrochronologisch mit Vorsicht um 1453/54d eingeordnet werden kann. Der nordwestl. Bering ist durch 2 weitere Rundtürme und einen vorgelagerten, ausgeschrämten Graben verstärkt. Der westl. Turm integriert die ehem. brückengesicherte Toranlage, ehem. Geschoßbalken indizieren eine Errichtung um/nach 1450/60d. Von hier zieht der südwestl. Bering mit weiterem Batterieturm entlang des Steilabbruches nach S zur Hochburg. Eine Felsstufe am nordwestl. Bering wurde zur Anlage eines großen Wirtschaftsgebäudes genutzt. Im späten 16. Jh., wohl unter Wolfgang Frh. v. Hofkirchen, kam es zu massiven Umgestaltungen, vornehmlich der Wohnbereiche. Dabei wurden freie Hofflächen bebaut und die bislang isolierten Gebäude verbunden. Dendrochronologisch abgesichert ist die Errichtung des NW-Trakts um 1585/95d sowie eines hölzernen Wehrganges am äußeren Westbering um 1588/90d. Vor allem die Bauteile der Zeit um 1700, die im S einen komplexen Wohnbereich ergaben, zeichnen sich durch zahlreiche große Fensteröffnungen und eine in bemerkenswerten Resten erhaltene Stuckdekoration aus. Auf diese Zeit dürfte auch die partiell erhaltene rote Quaderbemalung an den Gebäudeecken zurückgehen.Als bemerkenswerter Eingriff ist die Anlage eines neuen Zuganges zur Hochburg zu sehen, der auf gewaltigen Brückenpfeilern den Torbau und Torgraben des 15. Jhs. westl. umgeht und ein bequemeres Einfahren in den Wohnbereich ermöglichte. Eine Besonderheit im österr. Burgenbau stellt die 350 m nordnordwestl. der Burg den Sporn sperrende, sog. „Böhmische Mauer" dar. Hier wurde an einer taktisch günstigen Stelle unter Einbeziehung der natürlichen Felsformation ein Mauerzug zum erweiterten Schutz des Vorgeländes errichtet. Die rund 108 m lange, 1,50 m starke Mauer besitzt einen zentral vorspringenden Torturm und an beiden Enden weitere flankierende Schalentürme, an denen jeweils kleine Mauerzüge zur Verhinderung einer eventl. Umgehung angesetzt sind. Der Torturm zeigt ein brückenbewehrtes Spitzbogenportal, durch das die heutige Straße nach Kollmitzdörfl führt. Mauer und Türme sind durchgehend mit einem zinnengekrönten Wehrgang ausgestattet. Vor der Mauer weisen Graben und Wall auf eine zusätzliche Außensicherung. Auch diese Bauteile sind unter den Hrn. v. Hofkirchen um die M. d. 15. Jhs. entstanden, angeblich im Zuge des Widerstandes gegen Kg. Georg Podiebrad. Die bedeutende Burganlage wird seit jüngerer Zeit vom „Verein zur Erhaltung der Burgruine Kollmitz" betreut. Nach der Freilegung von Bewuchs und Schutt und der Sicherung zahlreicher Bauteile wurde sie durch Brücken-, Stiegen- und Weganlagen vermehrt für Besucher erschlossen. Die beiden größten Türme sind durch den Einbau von Stiegen zugänglich, ein Gebäude der Vorburg wurde für ein kleines Museum adaptiert.
Text
G.R., T.K.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
Gepflegte Burgruine, frei zugänglich, div. Baulichkeiten und das Museum sind nur nach Anmeldung zu besichtigen.
Touristische Infrastruktur
Weitgehend gepflegte und gesicherte, durch Treppen und Leitern begehbare, sehenswerte Burgruine. An einigen nicht gesicherten Bereichen ist Vorsicht geboten (Absturzgefahr!). Im Vorburg-Bereich ist ein kleines Museum über Leben und Werk des Topographen Georg Matthäus Vischer und zur Burggeschichte eingerichtet. Die Hofbereiche der Burgruine und die im Vorfeld gelegene „Böhmische Mauer" sind ganzjährig frei zugänglich. Das Museum und die beiden als Aussichtswarten eingerichteten Türme sind nach rechtzeitiger Voranmeldung betretbar. Tel.: 02846/7685 bzw. per mail: kollmitz@aon.at
Gasthäuser
Jausenstation April bis Ende Oktober in der Burg in den ehem. Stallungen bei Schönwetter; GH Pölzer in Eibenstein, GH Strohmer in Raabs, Hotel Thaya in Raabs.
Literatur
- Wilhelm Bielsky, Die ältesten Urkunden des Kanonikatstiftes Sanct Georgen in Unterösterreich von 1112 bis 1244. AÖG 9, 1853, 305–350, 245
- Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 99 f.
- Gerhard Reichhalter, Karin und Thomas Kühtreiber, Burgen Waldviertel Wachau. St. Pölten 2001, 229 f.
- Falko Daim, Karin und Thomas Kühtreiber (Hg.), Burgen Waldviertel - Wachau - Mährisches Thayatal. Wien 2009, 394 ff.
- Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 146
- Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 532 ff.
- Franz Eppel, Das Waldviertel. Österreichische Kunstmonographie I. Salzburg (7. Auflage) 1978, 142 f.
- Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon. Würzburg 1994, 336
- Lehenbuch Albrecht III. 1380–95. HHStA Hs. Böhm Suppl. 421, Blau 530
- Herbert Loskott, Zur Geschichte der Ruine Kollmitz. Das Waldviertel 24/7–9, Horn 1975, 153–157
- Herbert Loskott, Kleiner Führer durch Kollmitzgraben und Aigen. Aigen o. J.
- Hans Tietze, Die Denkmale des politischen Bezirkes Waidhofen an der Thaya. Österreichische Kunsttopographie VI, Wien 1911, 65 ff.
- Otto Piper, Österreichische Burgen (8 Bde.). Reprint der Originalausgabe von 1902–1910. Wien 2002 III, 97 ff.
- Ilse Schöndorfer, Steine und Sagen. Burgruinen in Niederösterreich. St. Pölten–Wien 1999, 52 ff.
- Gerhard Stenzel, Von Burg zu Burg in Österreich. Wien ²1973, 191
- Gerhard Stenzel, Österreichs Burgen. Himberg 1989, 130 ff.
- Topographie von Niederösterreich (hg. v. Verein für Landeskunde von Niederösterreich). Wien 1877 ff. V, 303–315
- Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.O.M.B., Nr. 13
- Ronald Woldron, Burgruine Kollmitz. Dendrochronologische Untersuchungen der historischen Bauhölzer. Ungedrucktes Manuskript o. O. 2005