Hauptburgenname
Herzogshof
ID
2055
weitere Burgennamen
Schlüsselhof
Objekt
Burg, stark umgebaut
Adresse
3500 Krems an der Donau, Hafnerplatz 3, Gewerbehausgasse 4
KG
Krems
OG/MG/SG
Krems an der Donau
VB
Krems an der Donau
BMN34 rechts
695765
BMN34 hoch
363673
UTM 33N rechts
544386.25
UTM 33N hoch
5361931.79
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Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Geschichte
Der Hof war Sitz des Schlüsslers (claviger) und diente zur Verwaltung hzgl. Einkünfte (Erträge aus dem Grundbesitz), der Verarbeitung der Trauben aus den hzgl. Weingärten und als Wohnort der Babenberger bei Aufenthalten in Krems. Nach den Babenbergern fällt der Hof an Kg. Ottokar II. v. Böhmen, für einen etwaigen Aufenthalt der von Ottokar verstoßenen Gattin Margarethe zwischen 1260/66 fehlen eindeutige Belege. Dafür ist die Nennung des „castellanus" Heinrich v. Schwarzensee 1257 und 1261 wohl auf diesen Sitz zu beziehen. Ab 1278 im Besitz der Habsburger, die jedoch nach Erwerb der sog. „Gozzoburg" den Hof 1379 schließlich dem Stift Lilienfeld verkaufen. Der Hof wechselt in rascher Folge die Besitzer (1403 Hans d. Potlein, danach Heinrich d. Ebmetter, 1419 Conrad d. Glanast). 1436 schenkten Conrad d. Glanast und sein Sohn Bernhard den Hof dem Bürgerspital der Städte Krems und Stein (STAK, Urk. Nr. 127, 194, 264). 1476 wurde der baufällige Hof ohne Kapelle an das Stift Garsten verkauft (STAK, Urk. Nr. 435). Im Lauf des 16. und 17. Jhs. gelangte er in Stadtbesitz. Der ehem. Palas (Hafnerplatz Nr. 3) wurde als Stadel genützt, Hafnerplatz Nr. 4 wurde 1758–1787 als Waisenhaus verwendet, danach verkauft und zum Mietshaus. Die ehem. Kapelle, dem Hl. Andreas geweiht (Hafnerplatz Nr. 5), wird im 16. und 17. Jh. profan genützt, aber nach 1700 wieder instand gesetzt und zwischen 1703/10 barockisiert. 1783 wird sie aufgelassen und gemeinsam mit Hafnerplatz Nr. 4 verkauft.
Text
H.S.-L.
Lage/Baubeschreibung
Das Areal des ehem. „Herzogshofes“ liegt im Zentrum von Krems, südl. des Hafnerplatzes und östl. der Heinemanngasse im Verlauf der ehem. südl. Stadtmauer bzw. an einer möglichen ehem. südwestl. Mauerecke, wobei nach derzeitigem Forschungsstand unklar ist, ob die Anlage innerhalb oder außerhalb des Stadtmauerrings des frühen 13. Jhs. lag. In topographischer Hinsicht kann der Standort als schwemmkegelartige Erhöhung am linken Donauufer beschrieben werden. Untersuchungen erbrachten einen ca. 5 m hohen Geländeabfall südl., innerhalb des heutigen Areals, wo eine von O heranführende Zugangssituation erschlossen werden konnte. Ältere Keramikfunde des 9.–11. Jhs. können laut Ausgräber als sekundäre Einlagerungen ausgeschieden werden. Im späten 12. Jh. lässt sich nach den jüngsten Ausgrabungen eine erste Bebauung mit Holzhäusern in Schwellriegelbautechnik nachweisen, die noch im frühen 13. Jh. abgebrannt sein dürfte. Erst im fortgeschrittenen 13. Jh. wurde die Anlage durch die Erweiterung der Stadtbefestigung in die urbane Bebauung gesichert integriert. Das heutige Bauensemble besteht innerhalb des ca. 38 x 48 m großen Areals aus einem dominanten Langbau, einer ehem. Kapelle sowie einem verbauten Turm. An der östl. Grundgrenze steht der heute 10,95 x 20,95 m große Hauptbau, der 2004/05 im Vorfeld einer geplanten Revitalisierung archäologisch untersucht wurde (Verein ASINOE, Franz Pieler). Er zeigt ein durchgehendes Untergeschoß, das, dem Gelände folgend, durch regelmäßige, leicht abfallende, schmale Scharten belichtet wurde, und einen zentralen, ebenerdigen Eingang besaß. Das Hauptgeschoß darüber weist eine analoge Einteilung auf, demnach gab es hier einen großen Saal, der durch heute vermauerte, spitzbogige Biforen belichtet wurde. Der spitzbogige Eingang ist repräsentativ gestuft, abgeschlagene Basen und Kapitellreste deuten auf ehem. flankierend eingestellte Säulchen hin. Südl. dieses Saals haben sich niedere Mauerreste eines verzahnten Raumes erhalten, der Baukörper war somit einst etwa 30 m lang. Aufgrund der gleichförmigen Mauerstärken wäre an diesem Anschluss kein hervorgehobener Bauteil zu erwarten, historische Abbildungen deuten jedoch auf einen (nachträglich turmartig erhöhten?) Aufbau. Das Fehlen verbindender Türen und der hoch gelegene Saaleingang weisen auf einen ehem. vorgelagerten Laufgang mit Freitreppe. Das Mauerwerk besteht aus plattigem, lagenhaftem Bruchstein mit Ansätzen horizontaler Ausgleichungen, jedoch ohne Kompartimentstruktur. Die Ecken werden durch sorgfältig zugerichtete, durch ihre helle Farbe hervorstechende Sandsteinquader eingefasst. Auch die Biforengewände sind aus großen Sandsteinblöcken gearbeitet. Erhaltene Kapitellfragmente zeigen eine hervorragend gearbeitete Kelchknospenform mit aufgesetzten Ahornblättern. Dazu gehören Fragmente polierter Rotmarmorschäfte. Ähnliche kelchartige Knospenkapitelle mit Floralornamentik finden sich gemeinsam mit roten Marmorsäulchen in regionalen Zisterzienserklöstern um 1220/40, aber auch noch in den Sitznischen der Katharinenkapelle der Gozzoburg. Analoge Gegenstücke mit Ahornrelief gibt es in der ehem. Capella Speciosa in Klosterneuburg, die 1222 geweiht wurde, demnach kann auch für den Kremser Herzogshof eine Entstehung um 1220/30 verifiziert werden, ein Datierungsansatz, der auch durch einen Münzfund aus dem Fundamentgraben des Palas gestützt wird. Dagegen erinnert der kaum noch der Einzellage verpflichtete Mauerverband mit großformatiger Eckquaderung trotz streng lagiger Strukturen eher an spätere Bauformen, wenngleich noch keine Kompartimente erkennbar sind. Diese bemerkenswert unregelmäßige Mauerung ist wohl nur auf das kleinteilig-plattige Material zurückzuführen und lässt keine Spätdatierung ableiten. Direkt gegenüber der Hoffront haben sich die Mauern der ehem. Andreaskapelle erhalten. Sie zeigt einen etwa 8 x 12 m großen Rechtecksaal mit 5/8-Schluss, seitlich dürften je 3 Stützpfeiler primär sein. Der ansonsten weitgehend umgestaltete Bau zeigt seitlich im Chor je 2 übereinander liegende, hohe rom. Trichterfenster, die gemeinsam mit der zu Klosterneuburg ähnlichen Grundrisslösung eine Datierung vor der M. d. 13. Jhs. nahelegen. Daher ist wohl eine Entstehung in Zusammenhang mit dem Saalbau anzunehmen. Zwischen 1703/10 wurde die Kapelle barockisiert und ein Turm angestellt, doch bereits 1783 profaniert. In einem südl. isolierten Baukomplex zeichnen sich ma. Reste ab, die bisher nicht untersucht wurden. Nach neuesten Forschungen durch Kuttig kann auch der quadratische Turm von 11 m Seitenlänge, dessen mächtiger Baukörper in der SW-Ecke des Areals bis heute gut erkennbar ist, noch der Bauphase von 1220/30 zugeordnet werden. Darauf verweist die hma. Mauerwerkstechnik, welche einschließlich des Zinnenkranzes im heutigen Baubestand unter Putz noch erhalten geblieben ist. Östl. anschließend dürften noch Reste der Stadtbefestigung erhalten sein. In seiner baulichen Gesamterscheinung zeigt der Herzogshof auffallende Bezüge zu adeligen und geistlichen Wirtschaftshöfen in der Region, sodass auch diese Anlage in Verbindung mit der Namensgebung mglw. eher als ein ldfl. Wirtschaftshof mit repräsentativen Wohn- und Herrschaftsbauten zu interpretieren ist. Derzeit (2009) wird der Gesamtkomplex im Zuge von Revitalisierungsmaßnahmen umgebaut. Es ist zu erwarten, dass baubegleitende Untersuchungen weitere Aufschlüsse zur Baugeschichte geben werden.
Text
G.R., P.S., T.K.
Literatur
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- Gerhard Reichhalter, Karin und Thomas Kühtreiber, Burgen Waldviertel Wachau. St. Pölten 2001, 187 f.
- Falko Daim, Karin und Thomas Kühtreiber (Hg.), Burgen Waldviertel - Wachau - Mährisches Thayatal. Wien 2009, 254 ff.
- Rudolf Büttner, Burgen und Schlösser an der Donau. Wien (Birkenverlag) ²1977, 156 f.
- Joseph Chmel, Der österreichische Geschichtsforscher (2 Bde). Wien 1838, 1841 II, 228, 232, 430, 436
- Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 572
- Franz Eppel, Die Wachau. Österreichische Kunstmonographie II. Salzburg ³1975, 114 f.
- Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 44/2005, 25
- Ernst Kalt, Krems einst und jetzt, 1000 Jahre Stadtentwicklung. Krems 1995, 34
- Adalbert Klaar, Die Burgen der Stadt Krems. Mitteilungen des Kremser Stadtarchivs 3, Krems 1963, 1–12, 10
- Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon. Würzburg 1994, 340
- Monika Lantschner, Stadtkernuntersuchungen im ehemaligen Herzogshof in Krems. In: Martin Krenn et al., Berichte zu den Ausgrabungen des Vereins ASINOE im Jahr 1991. Fundber. Österr. 30, 1991, Wien 1992, 50, 50
- Martin Obenaus, Franz Pieler, Die archäologischen Untersuchungen im Palas des Herzogshofes in Krems an der Donau - Tausend Jahre Geschichte am Rand der Kremser Altstadt. Fundberichte aus Österreich 44/2005, 399-417
- Rupert Schweiger, Zauber der Architektur. Doppelstadt Krems-Stein und Mautern. St. Pölten–Wien 1993, 106 f.