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Hauptburgenname Ranna
ID 2153
weitere Burgennamen Oberranna
Objekt Burg
Adresse 3622 Mühldorf, Oberranna 1
KG Oberranna
OG/MG/SG Mühldorf
VB Krems-Region
BMN34 rechts 0
BMN34 hoch 0
UTM 33N rechts 525146
UTM 33N hoch 5358632
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: In Spitz an der Donau von der B 3 nach Mühldorf (ca. 6 km) abzweigen und der Beschilderung („Burg Oberranna“) folgen. Parkmöglichkeiten finden sich im Vorfeld der Burg (für Hotelgäste stehen eigene Parkplätze zur Verfügung). RAD: Über einen kurzen Abstecher erreicht man vom „Donauradweg“ w. o. abzweigend die Burg.
Geschichte Die 1. urk. Erwähnung eines Pilgrim von Ranna-Grie datiert zu 1108/20. Die Hrn. v. Grie kommen bereits im 11. Jh. im Gefolge der Gfn. v. Formbach aus Bayern in dieses Gebiet, nach dem sie sich nennen. Waldo v. Grie, Pilgrims Bruder, übergibt Oberranna dem Landesfürsten, Mgf. Leopold III. Die Burg gelangt nach 1142 wieder an die Hrn. v. Ranna-Grie, an Pilgrim d. J. Spätestens im 14. Jh. gehören die nach ihrer Burg genannten Inhaber des ldfl. Lehens Ranna zum Niederadel im Umfeld der Kuenringer bzw. des Stiftes Göttweig. Ein älterer Ritter Rumhart v. Ranna begegnet urk. 1307/08 (StiA Herzogenburg K. n. 44, 47f.) und 1319 alleine, 1316 zusammen mit seinen Söhnen Rumhart (d. J.) und Albero (Albrecht). 1339 stiftet er einen Jahrtag in der Burgkirche Oberranna. Rumhart (wohl d. J.) und Albrecht v. Ranna treten 1341 gemeinschaftlich auf, Rumhart alleine 1358/60 (s. StiA Herzogenburg, K. Nr. 135, NÖLA, StA Urk. 575). Dem jüngeren Rumhart verwandelt Hzg. Albrecht III. offenbar angesichts des absehbaren Aussterbens des Mannesstamms der Fam. das Mannslehen der entsprechend der Zahl der Brüder (Rumhart, Hans, Otto, Konrad und N.) in 5 Teile geteilten Burg Ranna zu einem Weiberlehen, 1380 und letztmals 1387 wird er zusammen mit seinem Bruder Hans mit Ranna und umfangreichem Zubehör belehnt. Spätestens 1389 gelangt die Burg an die Neidegger, von denen Hans (III.) v. Neidegg (gest. 1425, ehem. Wappengrabplatte in der Paulinerklosterkirche in Unterranna) ein Sohn der Agnes v. Ranna war. Im genannten Jahr werden Hans Schenk v. Ried und Hans (III.) v. Neidegg, dessen „aidem“, mit den von Hans v. Ranna aufgesandten Lehen, nämlich den Burgen Ranna und Zagging samt Zubehör, dem Patronat über die Pfk. Kleinhain und dem Ungeld in Mühlbach (am Manhartsberg?) von Hzg. Albrecht III. belehnt (StiA Herzogenburg, H. Nr. 339), nach 1395 empfangen die Brüder Ulrich (V.) und Hans (IV.) v. Neidegg zu Meires die halbe Burg Ranna zu Lehen (NÖLA, StA Hs. 78/1, pag. 539). 1411 wird Hans (III.) v. Neidegg neuerlich mit den Burgen Burgschleinitz, (Ober-)Ranna, Albrechtsberg und Neidegg belehnt (Brunn am Walde hatte er als freies Eigen von seinem Vater ererbt). Er arrondiert in den Folgejahren unter Verwendung des als ldfl. Amtsträger und Pfandinhaber (Hauptmann v. Krain, hzgl. Kammermeister) lukrierten Bargelds einen gewaltigen Besitzkomplex mit mehreren regionalen Zentren im gesamten Waldviertel. Ranna lässt er 1414/21 von seinem Pfleger Niklas v. Langenlois (wohl identisch mit Niklas G[e]veller, s. auch Gföhl II) verwalten (StiA Herzogenburg, H. Nr. 394). 1414 stiftet er zur Unterstreichung seines Aufsteigerstatus ein für 12 Konventualen dotiertes Paulinerkloster am Fuß des Burgbergs in Unterranna. 1424 werden die Pfarrrechte von der Burgkirche Hl. Georg in Oberranna (eine Stiftung an den Marienaltar durch Anna, Tochter des Konrad v. Meires [Konrad v. Neidegg zu Meires?] und Witwe nach Hans v. Ranna 1396 belegt) an die Klosterkirche übertragen sowie weitere Güter und Gülten an den Konvent gestiftet. Der entsprechende, von Hans (III.), seiner Frau Kunigunde v. Lasberg und den beiden Söhnen Hans (VI.) und Leopold (II.) ausgestellte Stiftbrief verpflichtet die Pauliner zur Abhaltung von Jahrtagen und Seelenmessen für die verstorbenen Angehörigen der Stifterfam. (besonders der Eltern Hans’ [III.], Ulrich und Agnes) und beinhaltet die Verankerung des Neidegger Erbbegräbnisses in der Klosterkirche (s. HKA, NÖHA R 10, foll. 9–16). Dem Vater folgt der Sohn Hans (VI.) nach, der als ldfl. Pfandinhaber (etwa als Bgf. v. Steyr) zum wahrscheinlich finanzkräftigsten Angehörigen des niederösterr. Ritterstands wird. 1454 bessert er das Stiftungsgut der Pauliner von Unterranna weiter auf. Nach dem kinderlosen Tod Hans’ (VI.) und seiner Frau Anna v. Prank (gest. 1459 bzw. 1457, Wappengrabplatte ehem. im Paulinerkloster Unterranna) fällt Ranna an seine Neffen Hans (IX.) und Roland v. Neidegg. Letzterer vermacht 1469 seinem „vetter“ Martin v. Neidegg auf den Sterbfall die Burg Ranna mit dem Patronat über das Kloster in Unterranna. Leopold (III.) v. Neidegg zu Rastenberg (gest. 1519, Fragmente der Wappengrabplatte in der Burgkirche Oberranna) ist nach dem Aussterben der Rannaer Linie seiner Fam. 1484 Erbe der Burgen bzw. Hftn. Oberranna, Brunn am Wald, Rastenberg und Albrechtsberg, 1496 wird er mit Ranna als ldfl. Lehen belehnt. 1539 werden Georg (V.) v. Neidegg zu Ranna und seine 4 Brüder gemeinsam mit Ranna belehnt, 1548 ist nach dem Tod der übrigen Geschwister Georg alleine Inhaber. Nach dessen Tod (gest. 1559?, Wappengrabplatte in der Burgkirche Oberranna) bestehen Ansprüche der Fam. Thurzó als Herkunftsfam. von dessen Frau auf die bis 1574 strittige Erbschaft. Von den Erben wird auch Ranna 1592 an Christoph Greiß v. Wald verkauft, von diesem 1596 an Job Hartmann v. Trauttmansdorff. In der Folge wechseln die Besitzer sehr rasch: So sind u. a. Jonas Hil(le)prand bzw. dessen Erben, Hans Ruprecht Hegenmüller v. Dubenweiler (1628), Elisabeth Forest (um 1670), Philipp Ferdinand v. Gudenus (1714), Johann Joachim Gf. Sinzendorf (1715) und Josef v. Fürnberg (1785) zu finden. 1795 gelangt der Besitz an die k. k. Familiengüterdirektion. Ab 1830 beginnender Verfall der unbenutzten Burganlage. Sie kommt 1905 an Baron Hammerstein, 1930 an Laurent Deléglise, der umfangreiche Restaurierungsarbeiten durchführen lässt, und nach 1961 an Dipl.-Ing. Roland Nemetz, der seit 1984 mit seiner Frau Mag. Lydia Nemetz hier ein Hotel betreibt.
Text A.H.Z., G.R.
Lage/Baubeschreibung Die Burg liegt rund 800 m westnordwestl. der Pfk. von Mühldorf auf einer oberhalb des Zusammenflusses von Rannabach und Ötzbach aufragenden Rückfallkuppe des Fohraberges. Die Höhe fällt lediglich zu den Bachtälern im NW und SW steil ab. An der NO-Seite, wo der Zugang erfolgt, ist sie durch einen flachen Sattel mit dem Hinterland verbunden. Hier waren wesentliche Bereiche der wirtschaftlichen Einrichtungen, der Meierhof und ein großer Baumgarten vorgelagert. Im Zentrum der ausgedehnten und stark durchgliederten Anlage erhebt sich die kleine Kernburg, die im O den kunsthistorisch bedeutendsten Bauteil, die Burgkirche, integriert und die zusammen mit verschiedenen Erweiterungen von einem mehrteiligen Zwinger umgeben wird. Den größten Anteil der umbauten Fläche beanspruchen die frühbastionären Befestigungen, die die Anlage konzentrisch umschließen. Der älteste Bauteil ist die dem Hl. Georg geweihte Burgkirche, die seit ihrer „Entdeckung“ in den 30er-Jahren d. 20. Jhs., der anschließenden Restaurierung und den ersten Berichten Donins wiederholt Thema kunsthistorischer Aufsätze war. Der insgesamt rund 26 m lange Bau besteht aus einem 5-jochigen, rund 7,5 m breiten Langhaus, das im O mit einer fast gleich breiten Rundapsis schließt. 2 Joche, das erste und vierte, sind schmäler gestaltet und bilden die Vierungen zweier Querschiffe. Über der östl. Vierung erhebt sich ein 3-gesch. Turm. Unterhalb des fünften Joches, z. T. in das vierte ragend, befindet sich eine Hallenkrypta. Der bereits architektonisch ungewöhnliche und jedes gewohnte Maß einer Burgkapelle bzw. -kirche sprengende Bau hebt sich auch durch seine Detailformen und die Qualität seiner baulichen Ausführungen hervor. Die Vorlagen für die Gurtbögen der primären Kreuzgratgewölbe schließen mit einfach profilierten Kämpfergesimsen. Die Schildbögen sind durch flache Blendnischen betont. Die Belichtung erfolgt durch schmale getrichterte Rundbogenfenster, die in den Achsen der Joche bzw. im Scheitel der Apsis angebracht sind. Der Halbzylinder der Apsis ist durch einen Rundbogenfries auf keilförmigen Konsolen akzentuiert. Jeder vierte Bogen ruht auf flachen Lisenen mit einfach gestalteten Kapitellen. Die Krypta liegt z. T. unter dem Kirchen- bzw. Hofniveau und ist über ein Rundbogenportal vom Langhaus zu betreten. Über ihr befand sich ein gegenüber dem Langhaus erhöhter Bereich, der m. V. als Herrschaftsempore zu deuten ist. Die Kreuzgratgewölbe der 3-schiffigen/3-jochigen Krypta sind durch Gurtbögen gegliedert, die auf schmalen Wandvorlagen und 4 Freisäulen ruhen. Die schlanken Säulen sitzen auf flachen Basen mit kräftigen Eckspornen. Sie tragen stark ausladende, blockhafte, mit Schaftring versehene Kapitelle, deren unterschiedliche plastische Gestaltung besonders hervorzuheben ist. Während das südwestl. als einfaches Würfelkapitell gestaltet ist, zeigen die beiden nördl. einen stilisierten Blatt- bzw. Volutendekor. Das südöstl. ist hingegen mit stark stilisierten anthropogenen und zoomorphen Motiven versehen und erlangte aufgrund der vielfältigen Deutungsversuche (u. a. wird eine Jagdszene oder der Kampf des Guten gegen das Böse gesehen) bereits Berühmtheit. Der über dem östl. Joch aufragende Turm ist durch eine Rechtecktür vom Dachboden aus zu betreten. Über einem unbelichteten Geschoß folgt die ehem. Glockenstube, die allseitig mit Biforen durchfenstert war. Die 3 ins Freie weisenden Öffnungen zeigen erneuerte Mittelsäulen, die westl. wurde wohl anlässlich der Errichtung des späteren höheren Daches vermauert. Der Verlauf der urspr. Dachschräge ist im Dachboden abzulesen. Das folgende Geschoß besaß an jeder Seite eine breite zinnenartige Öffnung, die mehrfach als wehrhaftes Element (Wehrplattform) gedeutet wurde. Im Dachboden finden sich zudem die Reste des zweiten, oberhalb des vierten Jochs gelegenen Turms, der allerdings auf das Maß der jüngeren Dachschräge reduziert wurde. Das (wie beim östl. Pendant) vom Dachboden in den Turm führende Portal ist aufgrund der Lagernutzung des Bodens nicht sichtbar. Sein ehem. Innenraum wurde zudem in den neu geschaffenen Appartementbereich im Dachboden des O-Trakts einbezogen. Auf dem Turmrest sitzt der untere Teil eines Erkers, der offenbar oberhalb des alten Kirchendaches vorkragte und dessen Funktion aufgrund dieser Lage unbekannt bleibt. Die Kirche besaß demnach 2 Vierungstürme, über die tatsächliche Höhe und die Form des westl. kann aber nur spekuliert werden. Die mitunter postulierte W-Apsis ist mangels Baubefund abzulehnen. Das Mauerwerk der Kirche besteht überwiegend aus kleinen, hammerrecht bis quaderhaft bearbeiteten Steinen, die tlw. von größeren Formaten abgelöst werden. Lagerfugensprünge und zonale Unregelmäßigkeiten treten selten auf. Für den Eckverband wurden meist aufgestellte Orthostaten verwendet, die auch mehrere Binnenlagen zusammenfassen. In den Sockelzonen treten vielfach Opus Spicatum-artige Lagen in Erscheinung. Gut sichtbar ist dies im Keller des N-Trakts, wo der z. T. vorspringende (in den ehem. Steilhang fundamentierte?) Sockel des westl. Querhauses zutage tritt. Die Forschung postuliert 2 rom. Bauphasen: Der ersten wird der gesamte östl. Teil (inklusive Querhaus und Vierungsturm) bis zum dritten Joch des Langhauses zugewiesen, der zweiten der gesamte westl. Teil ab dem vierten Joch. Nachvollziehbar ist diese Zäsur durch die zwischen Langhaus und westl. Querhaus sichtbaren Baunähte. Verknüpft mit der Herrschaftsgeschichte wird die erste Bauphase relativ übereinstimmend um/nach 1108 angesetzt, während für die zweite eine Zeitspanne nach 1108 und vor 1114/26 (Dehio) bzw. zwischen 1114 und 1156/57 (Lehner) angesetzt wird. Die einheitliche Gestaltung lässt jedoch keine längere Zeitspanne zwischen den Bauphasen, sondern eher eine kurze Bauunterbrechung oder eine Planänderung annehmen. Die verm. noch im 1. V. d. 12. Jhs. vollendete Kirche wird hinsichtlich ihrer Vorbilder, ihrer architektonischen und bauplastischen Ausstattung und ihrer intendierten, sichtlich höherrangigen Funktion auch weiterhin in Diskussion bleiben. Die Suche nach entsprechend frühen Profanbauten, die nach der Herrschaftsgeschichte zweifellos bestanden, bleibt jedoch ohne Erfolg. Die Kernburg zeigt sich als fast quadratische 4-seitige Anlage, die einen kleinen, an 2 Seiten mit Laubengängen ausgestatteten Innenhof, den sog. „Grünen Hof“, umgibt. Die O-Front des relativ starken Berings umgreift die Burgkirche einschließlich des westl. Querhauses. Die Kirche beanspruchte somit einen nicht unwesentlichen Teil des Burghofs. Als ehem. Wohnbau (bzw. Palas) kann nur der insgesamt 3-gesch. N-Trakt betrachtet werden, der als einziger unterkellert ist. Hinweise zur Zeitstellung dieser somit recht einfachen Anlage finden sich nur im Keller des Wohnbaus, wo partiell kleinteiliges, lagerhaftes Bruchsteinmauerwerk zu beobachten ist. Es legt eine Datierung nach der M. d. 13. Jhs. nahe. Im Obergeschoß des 2-teiligen W-Trakts findet sich feldseitig eine Bifore, deren spitzbogige Öffnungen aus einem großen Werkstein gearbeitet sind und die wohl dem späten 13. Jh. angehört. Sie belegt zwar eine Bautätigkeit in dieser Zeit, sie wurde aber verm. anlässlich der Restaurierung hierher übertragen, da der Trakt aufgrund seiner geringen Tiefe kaum repräsentativen Charakter hatte und nach den Tür- und Fenstergewänden an der Hofseite frühestens dem 14./15. Jh. angehört. Ein der Kirche westl. gegenübergestellter Altbau, von dem die Empore mittels Brücke zu erreichen war, ist somit nicht nachweisbar. Die erste Burg wurde offensichtlich im späten 13. Jh. durch einen Neubau komplett ersetzt. Der S-Front der Kernburg ist eine mehrteilige Gruppe 2-gesch. Gebäude vorgelagert, über die der heutige Zugang erfolgt. Die unregelmäßig verlaufende Front lässt unterschiedliche Bauphasen vermuten. Der älteste Teil dürfte der dem Zugang zum Hof vorgelegte Bau gewesen sein, der an der W-Seite ein rechteckiges Tor mit den Angeln und der Blende einer ehem. Zugbrücke aufweist. Hier handelt es sich offensichtlich um den – vielleicht urspr. turmartig überhöhten – Torbau zur Kernburg, der im Scheitel des Gewölbes eine kleine Guß- bzw. Wurföffnung besitzt. Der nach O laufende, an einer Stelle stark verspringende Bering des Kirchenhofs könnte in zeitlichem Zusammenhang stehen. Donin erwähnt zudem, dass nördl. und östl. der Kirche vorübergehend Reste eines 1,20 m starken Berings freigelegt wurden, die m. V. eine vorburgartige, die Kirche umfassende Anlage östl. der Kernburg rekonstruieren lassen. Ausgehend vom Torbau wären diese Bauteile dem 14./15. Jh. zuzuweisen. Ob der an der N-Front der Kernburg vorspringende Bau, der den Torbau in auffallender Weise spiegelt, ebenfalls dieser Zeit angehört, muss offen bleiben. In einer späteren Bauphase, wohl im 15. Jh., wurde dem Torbau die noch heute in Funktion stehende Toranlage mit Zugbrückentor und westl. Poterne (?) vorgelegt. Noch im Spätmittelalter wurde westl. dieser jüngeren Toranlage ein weiterer Anbau hinzugefügt, der bereits vor die W-Front der Kernburg tritt. Der schmale Trakt im S des Kirchenhofs dürfte ebenfalls sma. Ursprungs sein. Die Burgkirche übte wohl seit ihrer Errichtung pfarrliche Funktionen aus. Sie erhielt im späten Mittelalter im N eine Sakristei angebaut, die in der Barockzeit als Seitenkapelle integriert wurde. 1424 übertrug Hans v. Neidegg die Pfarrrechte auf das von ihm gegründete Kloster im Tal, die Burgkirche war von nun an nur noch Filk. Reste von Wandmalereien um 1420 und 1500 belegen entsprechende Nutzungen. Die bedeutendsten Erweiterungen erfuhr die Burg unter den Neideggern im 16. Jh. Für die Kernburg sind Adaptionen für Wohn- und Repräsentativzwecke fassbar. Zur Erschließung und Verbindung der Trakte, verm. auch zur Umgehung der Burgkirche, entstand an der O- und S-Seite des Hofes der 2-gesch. Arkadengang. Der ehem. Palas und der W-Trakt erhielten große Kreuzstockfenster, deren Profilierungen in die Zeit um 1530/40 weisen. Verm. stammt auch ein Großteil der Gewölbelösungen, meist Stichkappen- oder Kreuzgewölbe mit angeputzten Graten, aus dieser Zeit bzw. aus den darauf folgenden Jahrzehnten. Die sma. Torbauten wurden mit Erkern ausgestattet, was zu einer starken Gliederung der S-Front führte. Der oberhalb des Tores auf 4 Konsolen angelegte Breiterker wurde mit einem Guß- bzw. Wurfloch zur Verteidigung des Zugangs ausgestattet. Im Torbereich finden sich flächige Reste illusionistischer Architekturmalereien, die die prächtige Ausschmückung der Renaissancezeit erschließen lassen. Beinahe charakteristisch erscheinen die zahlreichen mächtigen Stützpfeiler, die speziell das Äußere der Kernburg bestimmen und wohl ab dem 16. Jh. entstanden sind. Da das Innere der Kernburg nunmehr für die gastronomische Nutzung adaptiert und komplett verputzt ist, müssen weitere Fragen zur Baugeschichte, insbesondere zu späteren Veränderungen, offen bleiben. Besonders bemerkenswert ist jedoch die ungewöhnlich ausgedehnte und mächtige Befestigungsanlage jener Zeit, die wohl im 2. bzw. 3. V. d. 16. Jhs. entstanden ist und der relativ offenen Lage der Burg und eventuellen Angriffen mit Artillerie begegnen sollte. Die Kernburg erhielt – unter tlw. Verwendung sma. Beringabschnitte – eine eigene, die innerste Linie bildende Umfassung, wobei die terrassenartigen Zwinger im N, O und W wohl durch massive Erdanschüttungen entstanden. Als weitere Verteidigungslinie wurde ein ungewöhnlich mächtiger, mit gemauerten Konterescarpen versehener Wall angelegt, der die Kernburg im N, O und S deckt und lediglich im W, an der Talseite von einem einfachen Bering abgelöst wird. Zwischen Kernburg und Wall entstand dadurch ein durchschnittlich 20 m breiter, etwa 15–20 m tiefer Graben. Durch Bewuchs meist unbeachtet und erschwert zu überblicken, ist eine dem Wall an der NO-, O- und S-Seite vorgelegte weitere Wall-Graben-Anlage, die besonders im mittleren östl. Bereich ungeheure Dimensionen erreicht. Vor der ebenfalls gemauerten Konterescarpe des rund 20 m tiefen Grabens böscht sich das Gelände in Form eines Glacis zum Baumgarten ab. Der einst wohl mehrere Tore und 2 Brücken umfassende Zugang durchschneidet im SO die peripheren Anlagen. Vor dem äußeren Graben befand sich im Zugangsbereich verm. eine große Barbakane, die Vischer 1672 zeigt. Verhältnismäßig schmächtig und manieriert sind hingegen die verschiedenen, die Ringmauern verstärkenden bastionären Elemente, wie Schalen- oder Rundtürme, die mit zahlreichen Scharten ausgestattet sind und Verteidigungsbereitschaft signalisieren. Die Form der Scharten, z. B. Trichterscharten oder in Nischen zusammengefasste Hosenscharten, indizieren die Verwendung von Hakenbüchsen oder Gewehren. Der Verfall der Burg begann (um) 1830. Erst Laurent Deléglise, der die Anlage 1930 erwarb, wirkte dem entgegen, wobei insbesondere die Restaurierung der Burgkirche hervorzuheben ist. Nach Erwerb durch den heutigen Eigentümer wird die Burg seit 1984 als Hotelbetrieb geführt und zeigt sich heute entsprechend adaptiert in bestem baulichen Zustand.
Text G.R.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Gepflegte, bewohnte Burg-Schloss-Anlage. Besichtigung mit Führung.
Touristische Infrastruktur Die Burg wird als Hotel- bzw. Appartementbetrieb der gehobenen Kategorie geführt und bietet entsprechende Aufenthalte in stilvoller, romantischer Atmosphäre. Öffnungszeiten: Ende April bis Anfang November. Die kunsthistorisch bedeutsamen Teile der Burg, insbesondere die Burgkirche mit der Krypta, sind zu bestimmten Zeiten im Rahmen von Führungen zu besichtigen. Die Burgschenke bietet kleine Speisen und Erfrischungen.
Gasthäuser Burgschenke, GH „Vorspannhof" in Mühldorf.
Literatur
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  • Adalbert Fuchs (Bearb.), Urkunden und Regesten zur Geschichte des Benedictinerstiftes Göttweig, 1. Theil: 1058–1400. Fontes Rerum Austriacarum II/51, Wien 1901, Nr. 282, 293, 420
  • Lydia Gröbl, Das Klarissenkloster in Dürnstein an der Donau 1289–1471. Dissertation Universität Wien 1998, 26, 40
  • Felix Halmer, Niederösterreichs Burgen, eine Auswahl. Wien (Birkenverlag) ³1956, 78 f.
  • Friedrich Hausmann, Die Neudegger. Geschichte und Genealogie eines österreichischen Adelsgeschlechtes. Dissertation Universität Wien 1940, 47, 55, 58, 61 f., 74, 85, 92, 195
  • Heinrich Weigl, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A), Band I–VII, Wien 1964–1975. – Fritz Eheim, Max Weltin, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A). Ergänzungen und Berichtigungen, Band VIII, Wien 1981 V, R 79
  • Karl Kafka, Wehrkirchen Niederösterreichs II. Wien (Birkenverlag) 1970, 10 ff.
  • Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon. Würzburg 1994, 448
  • Elga Lanc, Die mittelalterlichen Wandmalereien in Wien und Niederösterreich. Corpus der mittelalterlichen Wandmalereien Österreichs I, Wien 1983, 202
  • Erich Lehner, Burgkapellen in Niederösterreich. Dissertation Technische Universität Wien 1985, 361 ff.
  • Martina Lorenz, Karl Portele, Burgen Schlösser Österreich. Wien 1997, 57
  • Laurin Luchner, Schlösser in Österreich I. München 1978, 224 f.
  • Kurt Mühlberger, Das ältere Lehenbuch Herzog Albrechts V. von Österreich 1411–1418. Ungedruckte Staatsprüfungsarbeit am Institut für Österreichische Geschichtsforschung Wien 1983, 53
  • Hans Tietze, Die Denkmale des politischen Bezirkes Krems. Österreichische Kunsttopographie I, Wien 1907, 333 ff.
  • Alois Plesser, Zur Kirchengeschichte des Waldviertels in der Zeit der Visitation von 1544 und überhaupt vor dem Ueberhandnehmen des Luthertums. Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diözesanblatt 9, St. Pölten 1911, 63, 181, 229 f., 231 f.
  • Alois Plesser, Zur Kirchengeschichte des Waldviertels vor 1560. Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diözesanblatt 11, St. Pölten 1932, 121–664, 600
  • Anton Friedrich Reil, Das Donauländchen der kaiserl. königl. Patrimonialherrschaften im Viertel Obermannhartsberg in Niederösterreich. Geographisch und historisch beschrieben. Wien 1835, 381–384
  • Mario Schwarz, Oberranna (NÖ.), Burgkirche. In: Hermann Fillitz (Hg.), Früh- und Hochmittelalter. Geschichte der Bildenden Kunst in Österreich 1, München–New York–Wien 1998, 267–269
  • Gerhard Stenzel, Von Burg zu Burg in Österreich. Wien ²1973, 44 f.
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  • Topographie von Niederösterreich (hg. v. Verein für Landeskunde von Niederösterreich). Wien 1877 ff. V/1909, 355 f.
  • Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.O.M.B., Nr. 89
  • Franz R. Vorderwinkler, Auf den Spuren der Kultur. Steyr 1997, 140 f.
  • Renate Wagner-Rieger, Mittelalterliche Architektur in Österreich. St. Pölten–Wien ²1991, 56 f.
  • Andreas Hermenegild Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum. Waldviertler Grabdenkmäler des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Ein Auswahlkatalog. Ungedruckte Staatsprüfungsarbeit am Institut für Österreichische Geschichtsforschung. Wien 2001, 44 f.
  • Andreas Zajic, Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, gesammelt unter Benützung älterer Vorarbeiten und bearbeitet von Andreas Zajic. Die Deutschen Inschriften 72, Wiener Reihe Bd. 3: Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich, Teil 3, Wien 2008, XLV, Kat.Nr. 47, 50†, 52, 161, 256
Ranna. Luftbild von S (1999) - © Gabriele Scharrer-Liška, VIAS
Ranna. Luftbild von S (1999)
© Gabriele Scharrer-Liška, VIAS
Ranna. Ansicht des Schlosses von W (1984) - © Leopold Mayböck
Ranna. Ansicht des Schlosses von W (1984)
© Leopold Mayböck
Ranna. O-Turm und Apsis der Burgkirche von SO (2008) - © Gerhard Reichhalter
Ranna. O-Turm und Apsis der Burgkirche von SO (2008)
© Gerhard Reichhalter
Ranna. Torfassade des Schloses (2008) - © Gerhard Reichhalter
Ranna. Torfassade des Schloses (2008)
© Gerhard Reichhalter
Ranna. Kapitell der Krypta (1997) - © Thomas Zoder
Ranna. Kapitell der Krypta (1997)
© Thomas Zoder
Ranna. Innenansicht der Burgkirche Richtung W (2008) - © Gerhard Reichhalter
Ranna. Innenansicht der Burgkirche Richtung W (2008)
© Gerhard Reichhalter
Ranna. Fenster im südlichen Langhaus der Burgkirche (2008) - © Gerhard Reichhalter
Ranna. Fenster im südlichen Langhaus der Burgkirche (2008)
© Gerhard Reichhalter
Ranna. Lisenenkonsole der Kirchenapsis (2008) - © Gerhard Reichhalter
Ranna. Lisenenkonsole der Kirchenapsis (2008)
© Gerhard Reichhalter
Ranna. Stich von G. M. Vischer (1672) - © Digitalisierung: Thomas Kühtreiber
Ranna. Stich von G. M. Vischer (1672)
© Digitalisierung: Thomas Kühtreiber
Ranna. Bauphasenplan (2007) - © Grundlage: Oskar Kreutzbruck, Dehio; Baualter: Gerhard Reichhalter, Patrick Schicht; Digitalisierung: Patrick Schicht
Ranna. Bauphasenplan (2007)
© Grundlage: Oskar Kreutzbruck, Dehio; Baualter: Gerhard Reichhalter, Patrick Schicht; Digitalisierung: Patrick Schicht