Hauptburgenname
Zwettlberg
ID
2378
weitere Burgennamen
St. Pankraz, Pankraziberg, Hausberg, Burgstall
Objekt
Burgstall
Adresse
3920 Wurmbrand (nahe 35)
KG
Wurmbrand
OG/MG/SG
Groß-Gerungs
VB
Zwettl
BMN34 rechts
651132
BMN34 hoch
386445
UTM 33N rechts
499384.28
UTM 33N hoch
5383911.96
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Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt
Am östl. Ortsende von Wurmbrand Fahr- und Wanderweg Richtung „Hausmühle".
Geschichte
Als Herrschaftsträger erscheinen hier bereits frühzeitig die Hrn. von Stiefern-Gaaden(-Arnstein). Wie aus einer 1162 datierten Urk. Hzg. Heinrichs II. ersichtlich, wird der Wald „Wrintprant" durch Ulrich v. Stiefern dem Stift Lambach geschenkt. Die Handlung ist mglw. in die Zeit zwischen 1140/52 zu setzen. Pongratz vermutet kurz nach 1160 die Errichtung der Burganlage, die um 1300 bereits verfallen ist. 1293 sind Schenkungen des Otto v. Rastenberg an das Stift Zwettl, von Gütern bei Wurmbrand, verzeichnet. 1315 wird bereits von einer zerstörten Burg berichtet. Im 15. Jh. soll von einem Müller aus div. Mauerresten der Burg eine Kapelle errichtet worden sein. Diese wird ab 1785 profaniert und in ein Bauernhaus umfunktioniert.
Text
G.R.
Lage/Baubeschreibung
Pongratz beschreibt unter Wurmbrand, unter Berufung auf den Bericht von Schad'n, eine 2-teilige Hausberganlage, die aus dem „Schlossberg" am linken Ufer der Zwettl und dem „Hausberg" am rechten Ufer bestehen soll. Der sog. „Schlossberg" lässt sich mit jener ca. 1,3 km östl. der KG Wurmbrand gelegenen Burgstelle identifizieren, die einen über dem linken Ufer der Zwettl vorspringenden Felssporn, unmittelbar oberhalb der „Hausmühle" nützt.
Der aus dem ebenen Vorgelände nach OSO laufende Sporn ist nur durch einen deutlich erkennbaren, aus dem Fels geschlagenen Halsgraben geschützt. Das längliche, gegen OSO zum Fluss etwas fallende Plateau mit großteils felsigen Abbrüchen zeigt keinerlei weitere Befestigungsspuren, mglw. jedoch geringe Reste einer ehem. Massivbebauung. Wenn auch Schwammenhöfer hier keine hausbergartige Anlage sieht, ist der Platz einwandfrei als ehem. Burgstelle anzusprechen. 3 nördl. davon, am Abfall zur Zwettl situierte Terrassenstufen werden verschiedentlich als zur Burg gehörende Geländeformationen interpretiert.
Ca. 100 m nordwestl. der Burgstelle liegt am talwärts zur sog. „Hausmühle" führenden Wanderweg das sog. „Pankrazihäusl", Wurmbrand Nr. 35, das angeblich im 15. Jh. als Kapelle aus div. Burgresten entstanden sein soll. Das privat bewohnte Gebäude ist einwandfrei aus einer rom. Kirche, einem relativ weiträumigen Apsidensaal mit nur gering eingezogener Apsis, entstanden. Neben zahlreichen rezenten Fensterdurchbrüchen zeigt der später in 2 Geschoße geteilte Bau lagerhaftes Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung und einen zentralen, südseitigen Eingang mit schwerer Quaderfassung und geradem Sturz, wodurch der Bau in das späte 12. bis in die 1. H. d. 13. Jh. datiert werden kann. Von Bedeutung erscheinen Teile einer Freskenausstattung mit einem Heiligenzyklus (14 Nothelfer?) über einer Draperiezone an der N-Wand, die sich weitgespannt in das Spätmittelalter datieren lassen. Die Apsis erhielt sekundär ein Sternrippengewölbe mit gekehlten Rippen auf polygonalen Dienstkonsolen, welches weitgespannt in das 14./15. Jh. eingeordnet werden kann. Die verhältnismäßig große Kirche mit dem spezifischen Burgkapellen-Patrozinium St. Pankraz, außerhalb der eigentlichen Burganlage situiert, ist mglw. in Zusammenhang mit einem, vielleicht bedeutender geplanten Herrschaftsaufschluss der hochadeligen Fam. v. Stiefern-Arnstein zu sehen.
Der als „15 m hoher, ringsum freistehender Kogel" beschriebene „Hausberg", der Reste von Wall- und Graben-Anlagen zeigen soll, ließe sich ausschließlich mit dem auf der ÖK 50/Blatt 18 2 km östl. des Ortes, am rechten Ufer der Zwettl hoch aufragenden, bewaldeten „Hausberg" (Kote 704) identifizieren, der auf seiner Höhe jedoch keinerlei Hinweise einer ehem. Befestigung zeigt. Die in älteren Berichten als Befestigungsreste angesehenen, örtlichen Steinwälle und Steinhaufen sind nicht als Rest einer ma. Burganlage zu sehen. Pongratz rekonstruierte jedoch eine Terrasse am gegenüberliegenden Ufer als Rest einer Hausberganlage, was durch unkritische Übernahme in jüngeren Berichten zu einer fälschlichen Annahme führte. Die Erkundung des Geländes blieb erfolglos, sodass der Bestand einer 2. Anlage nicht verifiziert werden kann.
Text
G.R., T.K.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
Erkennbare Burgstelle, frei zugänglich.
Literatur
- Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 83
- Gerhard Reichhalter, Karin und Thomas Kühtreiber, Burgen Waldviertel Wachau. St. Pölten 2001, 139
- Falko Daim, Karin und Thomas Kühtreiber (Hg.), Burgen Waldviertel - Wachau - Mährisches Thayatal. Wien 2009, 179 f.
- Erich Deimer, Zur Geschichte der St. Pankrazkapelle bei Wurmbrand. Das Waldviertel 33/4–6, Horn 1984, 65–71
- Erich Deimer, Zur Geschichte der St. Pankrazkapelle. In: Heimatbuch Groß Gerungs Teil 1: Wurmbrand (hg. v. Stadtgemeinde Groß Gerungs), Groß Gerungs 1985, 14–23
- Franz Eppel, Das Waldviertel. Österreichische Kunstmonographie I. Salzburg (7. Auflage) 1978, 46
- Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 23/1984, 329
- Erwin Kupfer, Landeswerdung und Ministerialensiedlung im westlichen Waldviertel (unter besonderer Berücksichtigung des Großraums Groß Gerungs). In: Josef Prinz (Hg.), Stadtgemeinde Groß Gerungs. Kultur und Lebensraum im Wandel der Zeit, Groß Gerungs 1999, 22–57
- Paul Buberl, Die Denkmale des politischen Bezirkes Zwettl. Österreichische Kunsttopographie VIII, Wien 1911, 295 f.
- Walter Pongratz, Gerhard Seebach, Burgen und Schlösser Litschau – Zwettl – Ottenschlag – Weitra. Niederösterreichs Burgen und Schlösser III/1 (Birken-Reihe), Wien 1971, 181
- Hans P. Schad'n, Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich. Ein Beitrag zur Geschichte des mittelalterlichen Befestigungswesens und seiner Entwicklung vom Ringwall bis zur Mauerburg und Stadtumwehrung, Teil 1: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 80/3, 1950, 245–352; Teil 2: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 81/2–3, 1953, 25–185; – Hans P. Schad'n, Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich. Ein Beitrag zur Geschichte des Befestigungswesens und seiner Entwicklung vom Ringwall bis zur Mauerburg und Stadtumwehrung. Prähistorische Forschungen 3, Horn–Wien 1953, 251 f.
- Johannes Waldherr, Verschwundene Burgen und Herrenhäuser sowie vergessene Kulturbringer des Waldviertels. Ungedrucktes Manuskript. o. O., o. J., 279
- Wilhelm Zotti, Abgekommene Kirchen, Kapellen und Karner im Waldviertel, Beiträge zur Kirchengeschichte Niederösterreichs 4 (=Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diözesanblatt 22), St. Pölten 2000, 127 f.