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Hauptburgenname Bockfließ II
ID 266
Objekt Burg-Schloss
Adresse A-2213 Bockfließ, Schloßplatz 1
KG Bockfließ
OG/MG/SG Bockfließ
VB Mistelbach
BMN34 rechts 769978
BMN34 hoch 358239
UTM 33N rechts 0
UTM 33N hoch 0
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Geschichte Genannte von Bockfließ sind seit dem späten 12. Jh. urk. nachweisbar. Die Errichtung der Burg, mglw. Nachfolger der älteren Anlage auf dem Hausberg, ist u. U. für das 13. Jh. anzunehmen. 1254 sind bei der Erbteilung zwischen Ulrich und Konrad v. Gaden, wobei Letzterer das Marktrecht erhält, die Brüder Rudlo und Ulricus von Bockfließ genannt. 1279 wird Wichard von Bockfließ mit 4 Bewaffneten zu Rudolf v. Habsburg beordert. 1292 bezeugt Rueger von Bockfließ eine Urkunde der Bgfn. v. Gars. 1301 ist Niklas Esel von Bockfließ genannt. 1346 ist Bertold v. Bergau zu 2/3 an Feste und Markt begütert. Von den Rauhensteinern gelangt die Besitzmehrheit 1372 an die Eckartsauer. 1512 gelangt die Hft., nun freies Eigen, durch die Erbtochter Anna von Bockfließ-Eckartsau an die Polheimer. 1547 folgen die Prankh, nach Dehio erscheint 1579 oder 1592 Andreas v. Teufel als Eigentümer. 1621 eingezogen, verkaufen die Landstände 1633 den Besitz an Gf. Khevenhüller, bereits 1635 folgen die Gfn. v. Abensperg-Traun. Heute ist das Schloss im Eigentum der Fam. Goess.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung Das Schloss liegt 300 m nordwestl. der Pfarrkirche von Bockfließ auf einer mäßig gegenüber der Siedlung erhöhten Terrasse. Aus der Lage am sanft zur Siedlung abfallenden S-Hang des "Hochleithenwaldes" resultiert eine allmähliche Überhöhung des nördl. Vorgeländes. Im Zuge des renaissancezeitlichen Umbaues der urspr. hochmittelalterlichen Burg entstand eine für den niederösterreichischen Raum bedeutende und höchst bemerkenswerte Schlossanlage, die in tlw. sehr ungewöhnlicher Art dem Typus des "Festen Schlosses" verhaftet ist. Zum Überblick über die bauliche Genese ist die Planaufnahme von A. Klaar heranzuziehen, die als Vorgängerbau eine offensichtlich regelmäßige, annähernd kastellförmige Burganlage nahelegt, von der aufgehende Teile in den nördl. Bereich des Schlosses integriert sind. In der NO-Ecke ist im Grundriss ein 10,20 x 9,30 m großer, bergfriedartiger Turm mit bis zu 2,80 m Mauerstärke zu erkennen. Gegen W zieht ein ca. 2 m starker Bering feldseitig in der Mauerflucht weg. Der Turm ist auf Grund der Mauerstärken noch im 1. Obergeschoß vermutbar, inwieweit weitere Teile des hochmittelalterlichen Berings innerhalb des durch überdurchschnittliche Mauerstärken gekennzeichneten Renaissancebaues enthalten sind, muss unbeantwortet bleiben. Der gute Bauzustand äußert sich durch lückenlosen Flächenputz, eine zeitliche Einordnung der genannten Bauteile anhand der Mauerstruktur ist folglich nicht möglich. Partiell an der N-Mauer des Turmes durchscheinendes Bruchsteinmauerwerk wäre kaum vor 1300 zu stellen, die kleine Mauerfläche ist jedoch nicht für eine sichere Datierung geeignet. Die Zuordnung des Primärbaues zur Gruppe der "Österreichischen Kastellburgen" kann auf Grund der geringen Aussagekraft der Befunde nur spekulativ in Erwägung gezogen werden. Nach Dehio wäre der Umbau im Renaissancestil M. d. 16. Jhs. anzusetzen. Diese Datierung lässt die Herren v. Prankh, die ab 1547 Schlossherren sind, als Bauherren vermuten. Abzüglich des 4., in der Barockzeit aufgesetzten Geschoßes und weniger Details geht der überkommene Bau auf jene Periode zurück. Der sehr regelmäßige, abermals kastellartige Neubau erstreckt sich über eine Fläche von 32 x 34 m. 3-gesch., randständige Trakte umschließen mit Ausnahme der N-Seite einen 10 x 17 m großen Innenhof, welcher allseitig durch 3-gesch. Pfeilerarkaden zusätzlich verengt ist. Die Form der Arkaden, speziell die Abfasung der Pfeiler, verweist auf die M. d. 16. Jhs. Durch die hofseitig geneigten Pultdächer des jüngeren 4. Geschoßes tritt der Bau als kubischer Block in Erscheinung. Ein nicht mehr erklärbares (Schutz-)Bedürfnis ließ an den östl., südl. und westl. Außenfronten bis zu 4 m starke Mauern entstehen, die infolge der ungewöhnlich starken äußeren Böschung auf rund 2 m Stärke im 3. Geschoß reduziert wurden. Der offensichtlich auf eine Schauseite bezugnehmende Ausbau klammerte die N-Seite mit den Bauteilen des Vorgängerbaues sichtlich aus, ein urspr. umfassender, später jedoch (aus Kostengründen?) aufgegebener Ausbauplan wäre durchaus wahrscheinlich. Im Zentrum der S-Seite liegt die Toranlage, das stark nach innen gelegte Gewände legt eine Ummantelung älterer Bauteile nahe. Das Tor datiert nach Dehio in das 16. Jh., eine Angabe, die durch die Segmentbogenform des Gewändes mglw. an den Beginn des Jhs. zu korrigieren wäre. Die Profilierungen mehrerer, mglw. auch spolierter Fenstergewände der Feldseite und zumindest einer in situ befindlichen Rundbogentüre im Inneren erinnern an Formen der Spätgotik, wodurch die Mauermassen des 16. Jhs. einen der Spätgotik angehörenden Vorgängerbau ummanteln könnten. Das vermehrt in den Kellerräumen sichtbare Bruchsteinmauerwerk, das von den Ziegelstrukturen der Gewölbe abgelöst wird, lässt keine engere Datierung zu, es kann sowohl dem Spätmittelalter, als auch den Veränderungen des 16. Jhs. angehören. Die stark geböschten Außenmauern verhinderten sichtlich eine dekorative Gestaltung der Fensterachsen, die einfachen Steingewände zeigen erst im 3. Geschoß eine aufwändigere, wahrscheinlich bereits dem Barock zuweisbare Dekoration. Das durch Oval-Luken belichtete Dachgeschoß entstand im 18. Jh., dieser Zeit entstammen auch die sparsamen barocken Adaptierungen der Zugangsseite im S und unbedeutende Veränderungen der inneren Struktur. Die Gewölbekonstruktionen der Innenräume sind vermutl. weitgehend der Erbauungszeit zuzuweisen, im 2. Obergeschoß treten flache Deckenkonstruktionen des 18. Jhs. auf. Das Kernschloss liegt im Zentrum eines Bering-Quadrates von durchschnittlich 59 m Seitenlänge. Die Umfassung zeigt eher geringe Mauerstärken und ist mit einer durchgängigen, 1-gesch., randständigen Bebauung versehen, aus der sich im SW und SO 2-gesch. betont vortretende Ecktürme ausbilden. Die leichte Bastionärbefestigung flankierte – weniger in fortifikatorischer als eher in repräsentativer Weise – den Zugang, eine etwas derb rustizierte Toranlage mit Fahr- und Nebentor. Durch die einwärts geneigten Pultdächer der an die Umfassung gebauten Wirtschaftstrakte konnte die Mauerkrone mit dekorativen Rundzinnen versehen werden, welche von zahlreichen Schlüssellochscharten durchbrochen werden. Unterhalb verweisen eher funktionell angelegte Trichterscharten für leichte Handfeuerwaffen auf die bedingte Verteidigungsfähigkeit der Anlage. Die gesamte Anlage wird von einem Graben umschlossen, der zumindest im O und S durch einen mächtigen Wall gebildet wird. Die südl. Zugangssituation wird von einer vorgelagerten Erdbastion im O und einer gemauerten Bastion im W flankiert. Die Führung des Weges nimmt dabei offensichtlich Rücksicht auf fortifikatorische Notwendigkeiten. Ein Blick auf den Vischer-Stich von 1672 bringt weitere Informationen, demnach sind die heute vorhandenen Anlagen die Reste einer symmetrisch angelegten, wohl massiv verkleideten Bastionärbefestigung, die durch im Zentrum der Kurtinen angelegte Bastionen sternförmig ausgebildet war. Im Gegensatz zur manieriert wirkenden äußeren Umfassung erscheinen diese Anlagen durchaus funktionell und für Artillerieeinsatz konzipiert. Der Zugang führte dabei durch die rechte "Face" der südl. Bastion, woraus sich vielleicht die vorhandene Situation erklärt. Die stark geböschten Anlagen wurden von einem zusätzlichen Graben umgeben. Südl. der Bastion liegt der Bereich des ehem. Meierhofes, unmittelbar in Verband stehende Bauteile wirtschaftlicher Funktion zeigen ähnlich der äußeren Umfassungsmauer einen dekorativen Abschluss mit Rundzinnen. Westl. von Schloss und Meierhof liegt eine Parkanlage, die der Franziszeische Kataster von 1821 mit einem sternförmig angelegten Wegenetz darstellt. Die Bebauungen des Meierhofes datieren im Kern zwischen dem 16. und 17. Jh., ein südöstl. des Schlosses situierter Schüttkasten, der auf dem Vischer-Stich knapp außerhalb der Bastionierung liegt, stammt aus dem 17. Jh. Der Schüttkasten liegt heute gegenüber einer hohlwegartig eingetieften Kellergasse, die mglw. auf die Grabensicherung der O-Seite zurückgeht. Das Schloss ist privater Wohnsitz der Besitzer-Familie und befindet sich in entsprechend gepflegtem Zustand. Eine Besichtigung ist nicht möglich, Zutrittsverbote unterbinden selbst Blicke auf die Außenbereiche des Schlosses.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Privat bewohnt. Nicht öffentlich zugänglich.
Literatur
  • Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 130
  • Walther Brauneis, Die Schlösser im Marchfeld. St. Pölten–Wien 1981, 28 ff.
  • Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 65 ff.
  • Rudolf Büttner, Renate Madritsch, Burgen und Schlösser vom Bisamberg bis Laa/Thaya. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 14 (Birken-Reihe), St. Pölten–Wien 1987, 96 ff.
  • Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 111
  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 67 ff.
  • Manfred Jasser et al, Schlösser und Burgen im Weinviertel. Schriftenreihe Das Weinviertel 3 (hg. v. Kulturbund Weinviertel), Mistelbach 1979, 89
  • Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon. Würzburg 1994, 111
  • Hermine Loderer, Bockfließ. Heimatkundliche Beiträge. Bockfließ 1978, 60–80
  • Laurin Luchner, Schlösser in Österreich I. München 1978, 119 f.
  • Johannes-Wolfgang Neugebauer, Wehranlagen, Wallburgen, Herrensitze sowie sonstige Befestigungen und Grabhügel der Urzeit, des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit im pol. Bezirk Mistelbach. Veröffentlichungen der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte XI–XII, Wien 1979, Nr. 7b
  • Otto Piper, Österreichische Burgen (8 Bde.). Reprint der Originalausgabe von 1902–1910. Wien 2002 VII, 1 ff.
  • Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.U.M.B., Nr. 66
Bockfließ II. Das „Feste Schloss“ mit sternförmiger Bastionärbefestigung  (1672) - © Georg Matthäus Vischer
Bockfließ II. Das „Feste Schloss“ mit sternförmiger Bastionärbefestigung (1672)
© Georg Matthäus Vischer
Bockfließ II. Bauphasenplan (2007) - © Plangrundlage: Adalbert Klaar (1953). Baualter: Gerhard Reichhalter. Digitalisierung: Patrick Schicht
Bockfließ II. Bauphasenplan (2007)
© Plangrundlage: Adalbert Klaar (1953). Baualter: Gerhard Reichhalter. Digitalisierung: Patrick Schicht