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Hauptburgenname Orth
ID 433
weitere Burgennamen Orth an der Donau
Objekt Schloss
Adresse A-2304 Orth an der Donau, Schloßplatz 1
KG Orth an der Donau
OG/MG/SG Orth an der Donau
VB Gänserndorf
BMN34 rechts 777427
BMN34 hoch 334054
UTM 33N rechts 0
UTM 33N hoch 0
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: Über die B 3 gelangt man vom Raum Wien nach Orth an der Donau und zum unmittelbar an der südl. Ortsdurchfahrt gelegenen Schloss. RAD: Der "Donauradweg" führt knapp südl. von Orth an der Donau vorbei, alternativ bietet sich zwischen Groß-Enzersdorf und Eckartsau ein lokales, paralleles Wegenetz an, um das Schloss zu erreichen.
Geschichte Eine 865 "ad Ortaha" in der Conversio Bagoariorum et Carantanorum genannte Michaelskirche wird in der jüngeren Forschung in Ungarn lokalisiert. Während eine Schenkung Kg. Heinrichs I. an Weihenstephan 1021 gesichert mit Orth in Verbindung gebracht wird, wird eine weitere Dotation von 1028/29 an St. Emmeram/Regensburg nur mit Vorsicht hierher bezogen. Dass Regensburg bzw. die Lengenbacher als ihre Domvögte hier herrschaftsbildend auftraten, kann daraus nicht abgeleitet werden. Allerdings könnte ein um die M. d. 12. Jhs. in einer Klosterneuburg Traditionsnotiz auftretender Wicpoto v. Orth mit einem gleichnamigen Ministerialen der Gfn. v. Hohenburg ident sein, der ungefähr zeitgleich in einer St. Emmeramer Traditionsnotiz aufscheint. Gesichert ist hingegen, dass die Gfn. v. Schaunberg unter Kg./Hzg. Ottokar in den Besitz von Orth gelangen. Für das Spätmittelalter ist die Herrschaftsgeschichte weitgehend unklar: Ein 1313 als Zeuge auftretender Hertwig v. Orth kann mit den Hrn. v. Schaunberg in Verbindung gebracht werden. 1377 wird die Hft. Orth landesfürstlich und bis zur Zeit Josephs II. als Afterlehen oder Pfand vergeben. Die Burg wird während der Auseinandersetzungen zwischen K. Friedrich III. und dessen Bruder Albrecht VI. von Friedrich III. Gerhard Fronauer überlassen. Nach dessen Tod wird Orth zum Fehdegrund zwischen Friedrich III. und Gamareth Fronauer, welcher, das Erbe beanspruchend, die Burg mit seinen Truppen besetzt. Nach vergeblicher Belagerung der mit einem Tabor verstärkten Burg durch die kaiserlichen Truppen wird die Burg doch von Gamareth aufgegeben. 1487 überlässt sie Nikolaus Prolowitz dem Ungarnkönig Matthias Corvinus. Ab A. d. 16. Jhs. besitzen die Gfn. Salm die Hft. zur Pflege, 1523–1568 als erbliches Lehen. Nach der Zerstörung von 1529 errichten sie um 1550 den Schlossneubau. 1568 gelangt Orth an die Zinzendorfer, 1588 an die Schönkirchen, 1603 an die Concin, um 1612 an die Frhn. v. Graßwein. Ab 1629 nur mehr verpfändet und als Jagdsitz verwendet, wird das Schloss 1645 von Torstenson eingenommen. 1679 errichtet Gf. Auersperg das Neuschloss. Georg v. Szelepeseny folgen 1686 die Gfn. Strattmann, 1763 die Confalonieri, Sebastian v. Guldenstein, 1802 die Gräfin Carolina v. Lipona und 1824 der kaisl. Familienfonds. 1919 fällt Orth an den Kriegsgeschädigtenfonds und pachtweise an die Gemeinde Wien. Eigentümer ist heute die Bundesbaudirektion Wien, Pächter einiger Teile ist die MG Orth an der Donau.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung Das Schloss liegt am südl. Ende des Ortsangers, wo es gemeinsam mit der östl. benachbarten Pfarrkirche die hochmittelalterliche Herrschaftsstruktur vermittelt. Der wohl urspr. von gemeinsamen Annäherungshindernissen umgebene Sitz- und Kirchenbereich liegt am nördl. Rand des Augebietes der Donau, wo durch ehem. Altarme geeignete Voraussetzungen für eine Wasserburg bestanden. Unmittelbar südl. liegt die bereits stark verlandete "Faden", ein ehem. Altarm, der zur Flutung der Gräben herangezogen werden konnte. Das markante, charakteristische Erscheinungsbild des Schlosses prägt, tlw. weithin sichtbar, die Siedlung. Mit 4, mit steilen Walmdächern gedeckten Ecktürmen steht die heutige neuzeitliche Anlage in der Tradition kastellförmiger Burganlagen des 13. Jhs. Inwieweit sie tatsächlich einem derartigen Vorgängerbau folgt, ist ohne archäologischen Nachweis nicht zu beantworten. Der überkommene, 3-gesch. 3-Flügelbau wurde, obwohl das Gelände keine offensichtlichen Hindernisse nahelegt, nicht völlig regelmäßig gestaltet. Die Einbeziehung mittelalterlicher Bauteile ist nur im Bereich des W-Traktes sowie im S-Trakt eindeutig nachweisbar. Diese Situation zeigt bereits der Baualtersplan von A. Klaar, der als Basis des Traktes einen ca. 10 m breiten Altbau (Palas?), sowie eine südl. ablaufende Mauer im Bereich des SW-Turmes vermuten lässt. Die Hofwand des Traktes fällt durch eine höhere Mauerstärke von 1,70 m gegenüber den einheitlich 1,50 m starken Schlossmauern auf. An der Hofseite lassen Putzabplatzungen noch ungestörte Quaderlagen erkennen, die auf einem knapp aus dem Begehungsniveau ragenden Sockelvorsprung sitzen. Nach oben werden die Quaderstrukturen relativ bald von Störungen jüngerer Baumaßnahmen abgelöst, im Verlauf nach N sind sie nur noch bedingt verfolgbar. Die Befundung spätmittelalterlicher Mauern im S-Trakt erfolgte jüngst (2004) im Rahmen baubegleitender archäologischer Untersuchungen unter der Leitung von Nikolaus Hofer. Als Reaktion auf die Zerstörung von 1529 entstand um 1550 unter den Gfn. Salm der noch heute im Wesentlichen erhaltene Bau, der dem Baubefund nach ein nahezu völliger, renaissancezeitlicher Neubau ist. Die traditionell-kastellhafte Gestalt mit 4 Türmen sollte mglw. herrschaftliche Ansprüche oder im Sinne eines "Festen Schlosses" eine tatsächliche Wehrfähigkeit wiederspiegeln. Die sehr unterschiedlich in den urspr. 4-Flügelbau eingebundenen und stark den Ausrichtungen der schiefwinkelig zueinandergestellten Trakte folgenden Türme werden als "Kanzleiturm" (NW-Turm), "Marktturm" (NO-Turm), "Archivturm" (SO-Turm) sowie als "Uhrturm" (SW-Turm) bezeichnet, womit wohl ihre ehem. Funktion, Orientierung, etc. angesprochen wird. Vom abgetragenen S-Trakt sind Ansätze an den beiden südl. Türmen erhalten. Der quadratische NW-Turm flankiert in traditioneller Art die knapp südl. im W-Trakt situierte Einfahrt. Zur Kommunikation zwischen den Geschoßen dient ein Treppenhaus im O-Trakt und ein Wendeltreppenturm in der nordwestl. Ecke des Hofes. Durch die erst partiell vorangetriebene Restaurierung zeigt ein Großteil der Mauerflächen noch den urspr. Zustand mit mehreren, großflächig abplatzenden Putzschichten. Der generell sehr nüchtern wirkende Bau bietet dadurch jedoch eine ausgezeichnete Befundsituation zu den neuzeitlichen Bauphasen. Der Neubau wurde offensichtlich völlig aus Ziegeln errichtet, örtlich vorhandene Bruchsteinzonen, etwa am SO-Turm, sind folglich nur erschwert einzuordnen und stammen mglw. von vorausgehenden Bauphasen. An den Kanten der Türme ist partiell ein Eckverband aus Quadern zu beobachten, der mglw. aus spoliertem Material hergestellt wurde. An der Hofseite des W-Traktes sind 5 zugesetzte Renaissance-Biforen mit Fassungen aus Formziegel, umrahmt von dekorativem Sgrafittoschmuck erhalten, an der Feldseite des Traktes ist unmittelbar neben dem NW-Turm ein weiteres Renaissancefenster zu beobachten, dessen Werksteindekor stark beschädigt ist. Im obersten Geschoß des NW-Turmes ist südseitig eine weitere Bifore mit qualitätvoller, u. a. aus kannelierten Pilastern und floralem Dekor bestehender Rahmung erhalten. Örtlich sind weitere Hinweise auf den ehem. prächtigen Fassadendekor des 16. Jhs. zu beobachten. Vischer dürfte 1672 noch den durchwegs unveränderten Bau gezeichnet haben, der sich darüber hinaus durch deutlich dekorativere Abschlüsse der Türme auszeichnete. Die Kragsteine der von Vischer gezeigten Erker an der N-Seite sind erhalten. Ausschließlich der SW-Turm besitzt in den oberen Geschoßen mehrere, trichterförmige Schartenöffnungen für leichte Feuerwaffen. Wiederholte Bauarbeiten während der Neuzeit sind durch Baurechnungen nachweisbar, das heutige Erscheinungsbild geht auf eine grundsätzliche Neukonzeption während der Barockzeit zurück. Die repräsentative Befensterung der Renaissance wurde sichtlich durch steingerahmte Öffnungen, überwiegend in der Form von Schüttkastenfenstern, ersetzt. Dabei erfolgte auch eine partielle Veränderung der Geschoßebenen. Auf diesem Umbau basiert vermutlich die noch heute vorhandene Innengliederung. Die jüngsten Restaurierungen für den Museumsbetrieb führten zu weiteren Überformungen, sodass die Innenbereiche nur punktuell geeignete Befunden liefern. NO-, SO- und SW-Turm zeigen im 1. Obergeschoß z. T. bemerkenswerte Gewölbeformen des 16. Jhs., wie ein zellenförmiges Gratgewölbe im SW-Turm. Eine ähnliche Lösung im NO-Turm sitzt auf figuralen Terrakotta-Diensten, im Folgegeschoß ist eine Kaminanlage mit profilierten Konsolen als Rest der wohnlichen Ausstattung des 16. Jhs. erhalten. Das westl. angegliederte "Neue Schloss", das im Kern aus dem späten 17. Jh. stammt, ist heute restauriert und für private Wohneinheiten adaptiert. Die noch heute den Zugang vermittelnde Anlage wurde E. d. 18. Jhs. verändert, in dieser Zeit wurde auch der Schlossumbau mit dem Abbruch des S-Traktes durchgeführt. Der Gesamtkomplex ist von einem heute trockengelegten, relativ breiten Graben umgeben, der mglw. auf die hochmittelalterliche Situation zurückgeht. Gegenüber des östl. Grabens liegt die Pfarrkirche Hl. Michael, ein im Kern aus dem späten 15. stammender, 1568 durchgreifend erneuerter Bau. Entsprechende Grabenanlagen umschlossen wohl auch die Kirche, der von Kafka eine Wehrfunktion zugesprochen wurde. Am Kirchturm erhaltene, für leichte Feuerwaffen konzipierte Trichterscharten legen eine bedingte Wehrhaftigkeit nahe. Die Gesamtsituation lässt für das Hochmittelalter eine ehem. "Burg-Kirchen-Anlage" vermuten. Im "Alten Schloss" waren bis vor kurzem mehrere Museen, darunter das Donau- und Fischereimuseum und das Heimatmuseum der Gemeinde Orth eingerichtet. Derzeit (2004) finden Sanierungs- und Umbaumaßnahmen für die Einrichtung von Verwaltungs- und Präsentationsräumen der Nationalparkverwaltung "Donau-Auen" sowie einem Veranstaltungszentrum der MG Orth statt.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Restaurierte Schlossanlage, Sitz der Nationalparkverwaltung Donau-Auen, Veranstaltungszentrum MG Orth.
Touristische Infrastruktur Parkplätze im Ortsbereich von Orth an der Donau, allenfalls kurzer Fußweg zum Schlosseingang. Bemerkenswerte, 2004 in Restaurierung befindliche Schlossanlage. Der Bau wird als Veranstaltungszentrum der Gemeinde Orth und als Besucherzentrum des Nationalpark Donau-Auen (zentrale Infostelle, Ausstellungsort, etc.) derzeit restauriert und adaptiert.
Gasthäuser Hotel-Restaurant "Danubius" in Orth, Restaurant Massinger in Orth, Restaurant Humer in Orth, GH Binder in Orth, GH Schauhuber in Orth.
Literatur
  • Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 I, 44
  • Walther Brauneis, Die Schlösser im Marchfeld. St. Pölten–Wien 1981, 15 ff.
  • Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 305 ff.
  • Rudolf Büttner, Burgen und Schlösser vom Marchfeld bis Falkenstein. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 13 (Birken-Reihe), Wien 1982, 30 ff.
  • Rudolf Büttner, Burgen und Schlösser an der Donau. Wien (Birkenverlag) ²1977, 196 ff.
  • Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 166
  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 846 f.
  • Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich 1, Donauländer und Burgenland. Stuttgart ²1985, 452 f.
  • Manfred Jasser et al, Schlösser und Burgen im Weinviertel. Schriftenreihe Das Weinviertel 3 (hg. v. Kulturbund Weinviertel), Mistelbach 1979, 84, 105
  • Karl Kafka, Wehrkirchen Niederösterreichs II. Wien (Birkenverlag) 1970, 15 f.
  • Adalbert Klaar, Beiträge zu Planaufnahmen Österreichischer Burgen II. Niederösterreich 3. Teil. Mitteilungen der Kommission für Burgenforschung und Mittelalter-Archäologie 20 (=Anzeiger der phil. hist. Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 114. Jg., Sonderschrift 2), Wien 1977, 28–42, 34
  • Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon. Würzburg 1994, 457
  • Martina Lorenz, Karl Portele, Burgen Schlösser Österreich. Wien 1997, 58
  • Laurin Luchner, Schlösser in Österreich I. München 1978, 111 f.
  • nöla. Mitteilungen aus dem Niederösterreichischen Landesarchiv (Wien, St. Pölten 1977 ff.) 8, 73 f.
  • Maximilian Weltin (unter Mitarbeit von Dagmar Weltin, Günter Marian, Christina Mochty-Weltin), Urkunde und Geschichte. Niederösterreichs Landesgeschichte im Spiegel der Urkunden seines Landesarchivs. Die Urkunden des Niederösterreichischen Landesarchivs 1109–1314. Niederösterreichisches Urkundenbuch Vorausband. St. Pölten 2004, 441 f.
  • Pia Maria Plechl, Traumschlösser. Wien–München–Zürich–Innsbruck 1979, 31 ff.
  • Karl Schalk, Aus der Zeit des Österreichischen Faustrechts 1440–1463. Das Wiener Patriziat um die Zeit des Aufstandes von 1462 und die Gründe dieses Ergebnisses. Abhandlungen zur Geschichte und Quellenkunde der Stadt Wien 3, Wien 1919, 155 f.
  • Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.U.M.B., Nr. 62
  • Maximilian Weltin, Thomasberg. Geschichte. In: Wehrbauten und Adelssitze II, 278–281, 290 f.
  • Hans Willinger, Orth an der Donau. Ein Grenzlandschicksal. Hg. Marktgemeinde Orth a.d. Donau. Orth an der Donau ²1989
Orth. Hofansicht des Westflügels des Schlosses (2004) - © Gerhard Reichhalter
Orth. Hofansicht des Westflügels des Schlosses (2004)
© Gerhard Reichhalter
Orth. Außenansicht des Schlosses (um 1980) - © Gerhard Reichhalter
Orth. Außenansicht des Schlosses (um 1980)
© Gerhard Reichhalter
Orth. Außenansicht eines Eckturms (2004) - © Gerhard Reichhalter
Orth. Außenansicht eines Eckturms (2004)
© Gerhard Reichhalter
Orth. Ansicht des Schlosses aus dem 17. Jh. - © Georg Matthäus Vischer
Orth. Ansicht des Schlosses aus dem 17. Jh.
© Georg Matthäus Vischer
Orth. Grundriss des Schlosses. Die tlw. im Basisbereich erhaltenen Bauteile des Hochmittelalters sind hervorgehoben - © Plangrundlage: Adalbert Klaar 1954
Orth. Grundriss des Schlosses. Die tlw. im Basisbereich erhaltenen Bauteile des Hochmittelalters sind hervorgehoben
© Plangrundlage: Adalbert Klaar 1954