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Hauptburgenname Reinsberg
ID 443
Objekt Burgruine
KG Reinsberg
OG/MG/SG Reinsberg
VB Scheibbs
BMN34 rechts 655842
BMN34 hoch 316754
UTM 33N rechts 505301.33
UTM 33N hoch 5314349.44
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: Die A 1 bei Ybbs verlassen und über Wieselburg (B 25) südl. Richtung Scheibbs fahren. Vor Scheibbs zunächst Richtung Gresten (B 22), nach 8 km beim Kreisverkehr nach Reinsberg abbiegen. Im Ort der Beschilderung zur „Burgarena" folgen. Vom Ort führen zudem mehrere beschilderte Wanderwege, z. B. der „Burgsteig", zur Ruine. RAD: In Gresten vom „Meridianweg" östl. Richtung Scheibbs abzweigen, nach 3,5 km stößt man auf eine lokale Radroute, die Wang und Gaming verbindet und auch über Reinsberg führt.
Geschichte Das „castrum in Rainsperch", ein Lehen der Bischöfe v. Regensburg, erscheint 1215 anlässlich div. Besitzansprüche Bf. Ottos v. Freising. „Engelschalcus de Reinsperch", Lehensträger der Burg, ist 1256 in einer Urkunde des Bfs. v. Regensburg genannt. Seine Witwe Alheid v. Reinsberg konnte die Burg bis 1315 behaupten, obwohl die Bischöfe v. Regensburg und Freising, die Landesfürsten, das Kloster Mondsee und die Ministerialen v. Lengenbach Rechte besaßen oder solche durchzusetzen versuchten. Während dieser Zeit erscheint ein Burggrafengeschlecht, zunächst 1275 „Heinrico Reinsperger". 1315 fällt die Burg an Christan v. Lengenbach, danach an Reinprecht I. v. Wallsee und 1384 an Otto v. Zelking. Als Pfleger der Zelkinger ist 1490 Christof Randegker nachweisbar. Um 1499 gelangt Reinsberg an Stefan v. Zinzendorf, 1532/34 an Wolfgang v. Oedt und 1602 an Wolf Niklas v. Grienthal. Den Dietrichstein folgen 1687 die Auersperg, die 1834 an den k.k. Patrimonialfonds verkaufen. Die von Vischer 1672 noch intakt gezeichnete Burg ist um 1900 nur noch notdürftig bewohnt. Bis 1997 war sie im Eigentum der Österreichischen Bundesforste, seither gehört sie der Gemeinde Reinsberg.
Text G.R.
Lage/Baubeschreibung Die Burgruine liegt 450 m südl. der Pfarrkirche von Reinsberg auf einer nördl. Rückfallkuppe des Buchbergs (Kote 861). Der als „Schloßkogel" bezeichnete, gegen das Dorf vorgeschobene Burgberg wird vom Steinbach im N und vom Lueggraben im W vom Umland isoliert. Mit Ausnahme der O-Seite, wo ein schmaler Sattel die Verbindung zum Hinterland herstellt, fällt der bewaldete Burgberg allseitig steil ab. Ein O-W-orientiertes, z. T. felsdurchsetztes Gipfelplateau diente als Bauplatz für die durchschnittlich große Burganlage. Diese setzt sich vereinfacht gesehen aus einer blockhaft geschlossenen Kernburg auf dem höchsten Punkt und einer mehrteiligen, östl., südl. und westl. angeschlossenen Vorburg auf einer tieferen Terrasse zusammen. Die geradlinig laufenden, durchschnittlich 2 m starken Beringfronten der O-W-orientierten Kernburg umschließen eine trapezförmige Fläche von etwa 37 x 20 m. Die östl. Zugangsseite wird von einem massiven, turmartigen Haus dominiert, das quer zur Hauptachse gestellt ist und im N Raum für das flankenartig ausgebildete Tor lässt. Der als "Festes Haus" angesprochene Bau beansprucht eine rechteckige Fläche von 20,50 x 12,50 m, speziell an der östl. Feldseite besitzt er bis zu 5 m starke Mauern. An der Basis weist er einen aus Werksteinen gebildeten, geschrägten Rücksprung aus. Im Inneren umfasst er 2 bereits urspr. gewölbte, durch eine Teppe verbundene Geschoße. Eine Bewohnbarkeit ist praktisch nicht gegeben, die zusätzliche Existenz eines Palas innerhalb der Kernburg lässt eine Funktion als "wehrhafter" Repräsentativbau vermuten. Er springt an der S-Seite gegenüber dem Bering betonend vor, hier ist zu erkennen, dass beide Bauteile verzahnen und derselben Bauphase angehören. Während das Mauerwerk des „Festen Hauses" stark ergänzt sowie durch Putzschließungen verunklärt ist, zeigt der Bering, besonders gut sichtbar im N, ein lagerhaftes, zu Kompartimenten zusammengefasstes Bruchsteinmauerwerk, das in das 14. Jh. zu stellen ist. Hinsichtlich der Besitzgeschichte ist an die baufreudigen Hrn. v. Wallsee zu denken, die diesen geplant wirkenden, repräsentativen Burgbau wohl in der 1. H. d. 14. Jhs. initiiert haben dürften. Die im Dehio genannte Datierung für den Bering (E. d. 12./1. H. d. 13. Jhs.) ist somit zu revidieren. Die hauptsächlich an der nördl. Talseite in allen Geschoßen angelegte primäre Durchfensterung mit großen Fensternischen in den Wohngeschoßen lässt einen gleichzeitigen Wohnbau erschließen. Innerhalb des Berings z. T. vorhandene Mauerzüge indizieren einen entlang der N-Seite angelegten Bau, der auf die Toranlage im NO Rücksicht nimmt und der wohl als ehem. Palas interpretiert werden kann. Die im ehem., heute verschütteten Erdgeschoß liegenden primären Schachtfenster mit gefasten Werksteingewänden widersprechen der Entstehung im 14. Jh. nicht, keinesfalls sind sie spätgot. oder gar in die 1. H. d. 16. Jhs. zu stellen. Für die weitere randständige Bebauung der Kernburg sind aufgrund der wenigen Reste nur Vermutungen möglich. Nach dem Baubefund kann ein dem Palas südl. vorgelegter kleiner Anbau (zur Erschließung?) vermutet werden. Im Spätmittelalter dürfte an der bis zuletzt fensterlosen S-Seite des Hofs eine Bebauung untergeordneter Nutzung entstanden sein, die im W durch einen weiteren Wohnbau mit dem urspr. Palas bzw. dessen Anbau verbunden wurde. Im 3. Geschoß des südl. Berings zeigt ein breiter Mauerrücksprung den ehem. Wehrgang, der anlässlich der Errichtung des W-Traktes in diesem Bereich durch Dublierungen überbaut und aufgegeben wurde. Die Kernburg wurde verm. frühzeitig von einem schmalen umlaufenden Zwinger umgeben, von dem 1998 anlässlich der baubegleitenden Untersuchungen durch das BDA Reste an der O- und S-Seite des „Festen Hauses" freigelegt und dokumentiert werden konnten. Die praktisch allseitig die Kernburg umgebenden Terrassen lassen eine entsprechende Ausdehnung dieser Anlage annehmen, die verm. auch eine dem inneren Tor vorgelagerte, betont angelegte Zugangssituation umfasste. Eine östl. vorgelagerte Geländeterrasse wurde später zur Anlage einer Vorburg genutzt. Sie verschmälert sich geländebedingt nach O hin, im S, beim Anschluss an die Kernburg, wurde sie flankenartig vorgezogen, um Raum für einen nur in Resten erhaltenen Torbau zu schaffen. Von der ehem. wohl umfassenderen randständigen Bebauung sind nur Gebäudeteile im O und Reste einer Hofmauer – bzw. des Zugangs zur Kernburg – im N vorhanden. Das ausgeprägte Zwickelmauerwerk der urspr. Bauteile lässt die Vorburg in das späte 15. Jh. datieren. In der frühen Neuzeit wurde die Vorburg gegen W erweitert, dieser Abschnitt umfasst eine weitere Toranlage, das heutige 1. Tor und einen rechteckigen Wirtschafts- bzw. Speichertrakt an der S-Seite, der heute stark ergänzt als Verwaltungsbau genutzt wird. Das rundbogige Tor besitzt eine glatte Quaderrahmung und kräftige Radabweiser, es ist bereits in das 16. Jh. zu stellen. Da es primär im Mauerwerk sitzt, erscheint die Zeitstellung dieses Ausbaus klar. Der Speicherbau war unterhalb der Dachtraufe mit stark nach außen trichternden Scharten für Handfeuerwaffen ausgestattet, die ebenfalls in die frühe Neuzeit weisen. Vischers Stich von 1672 ist seitenverkehrt und offensichtlich nicht fehlerfrei. Besonders überraschen die zahlreichen, in allen 3 Geschoßen vorhandenen großen Fenster an der tatsächlich fensterlosen S-Front der Kernburg, die zudem eine relativ einheitliche, auch das „Feste Haus" einbeziehende Dachlösung zeigt. Konkrete neuzeitliche Umbauten sind an der heutigen Substanz jedoch nicht mehr nachweisbar. Der Stich zeigt eine weitere, mit 2 kleinen Rundtürmen verstärkte Zwingeranlage, die südl. und westl. die Kernburg umschließt, die jedoch einige Fragen hinsichtlich des Zugangs aufwirft. Da diese Bauteile, die sich verm. im Bereich des heutigen Parkplatzes unterhalb der Kernburg befanden, gänzlich abgekommen sind, bleibt ihre Zeitstellung offen. Die bereits stark verfallene und von der Natur eroberte Burgruine wurde 1997 von der Gemeinde erworben und ab 1998/99 zu einem „Kommunikationszentrum" ausgebaut. Zur kulturellen und gastronomischen Nutzung wurde die Anlage mit entsprechender Infrastruktur und ergänzenden Neubauten versehen. Die offiziell hochgelobte und mit Preisen ausgezeichnete Lösung mag ihrer Funktion gerecht werden, der Eindruck, dass erneut ein mittelalterlicher Profanbau einem architektonischen Experiment geopfert wurde, drängt sich jedoch auf.
Text G.R.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Kulturell genutzte, gesicherte Burganlage, zu Öffnungszeiten frei zugänglich.
Touristische Infrastruktur Im Bereich der Zufahrt zur „Burgarena" liegen mehrere große Parkplätze, von denen die Ruine in wenigen Min. zu erreichen ist. Bei der Wahl eines der Rundwanderwege sind entsprechende Gehzeiten und Neigungsverhältnisse zu berücksichtigen. Die Burgruine ist während der Öffnungszeiten frei zu besichtigen. Öffnungszeiten: 1. Mai bis 26. Oktober: tägl. 10–17 Uhr. In der „Burgarena" finden während der Saison zahlreiche Open-Air-Veranstaltungen, Konzerte, Theateraufführungen etc. statt. Als kulinarische Events werden ritterliche „Tafelrunden" geboten. Zudem kann die Burgruine für Ferienlager und Landschulwochen genutzt werden. Für die gastronomische Versorgung der Besucher steht die „Bio-Burgkuchl" (während der Saison tägl. ab 10 Uhr) zur Verfügung.
Gasthäuser GH "Kirchenwirt" in Reinsberg, GH "Burgtaverne" in Reinsberg, "Bio-Burgkuchl" auf der Burgarena.
Literatur
  • Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 I, 141
  • Marina Kaltenegger, Thomas Kühtreiber, Gerhard Reichhalter, Patrick Schicht, Herwig Weigl, Burgen Mostviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2007, 223 ff.
  • Rudolf Büttner, Burgen und Schlösser zwischen Araburg und Gresten. Niederösterreichs Burgen und Schlösser II/3 (Birken-Reihe), Wien 1975, 126 ff.
  • Dehio Niederösterreich (hg. v. Bundesdenkmalamt sowie Institut für Österreichische Geschichtsforschung). Wien–München 1953, 276
  • Dehio Niederösterreich, südlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt), 2 Bde. Horn–Wien 2003, 1839 f.
  • Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 37/1998, 419
  • Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 37/1998, 33
  • Heinrich Weigl, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A), Band I–VII, Wien 1964–1975. – Fritz Eheim, Max Weltin, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A). Ergänzungen und Berichtigungen, Band VIII, Wien 1981 V, R 183
  • Hans-Hagen Hottenroth, Kleine Kirchen- und Ortsgeschichte von Reinsberg, Bezirk Scheibbs, NÖ (hg. v. Pfarre Reinsberg). Reinsberg o. J. (1981)
  • Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon. Würzburg 1994, 498
  • Herbert Pöchhacker, Burgen und Herrensitze im Bezirk Scheibbs in der Zeit von 1000 bis 1500. Heimatkunde des Bezirkes Scheibbs Bd. 5, Scheibbs 1986, 210 ff.
  • Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.O.W.W., Nr. 94
Stich von G. M. Vischer (1672) - © Georg Matthäus Vischer
Stich von G. M. Vischer (1672)
© Georg Matthäus Vischer
Kernburg, O-Seite (2006) - © Gerhard Reichhalter
Kernburg, O-Seite (2006)
© Gerhard Reichhalter
Baualtersplan (2006) - © Gerhard Reichhalter, Patrick Schicht
Baualtersplan (2006)
© Gerhard Reichhalter, Patrick Schicht