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Hauptburgenname Thürnthal
ID 451
Objekt Schloss
Adresse A-3481 Thürnthal, Schloßstraße 5
KG Thürnthal
OG/MG/SG Fels am Wagram
VB Tulln
BMN34 rechts 714022
BMN34 hoch 366686
UTM 33N rechts 0
UTM 33N hoch 0
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: Die B 3 (Stockerau – Krems) Richtung Kamptal verlassen und bei Fels am Wagram östl. Richtung Thürnthal, ca. 1 km, abzweigen. Die Zufahrt ist durch touristische Wegweiser ("Schloss Thürnthal") ausgewiesen. An der Ortsdurchfahrt zur Schlosseinfahrt abzweigen und parken. RAD: Der "Wagramweg" führt durch Fels am Wagram, von wo über eine kurze Abzweigung, ca. 1 km östl., Thürnthal zu erreichen ist.
Geschichte "Conrad von Turrenthal" wird 1288 genannt, die "Veste Thürrenthal" ist nachfolgend mehrfach in Urkunden nachweisbar. 1360 ist der Sitz als "haus ze Duerrental" beschrieben. 1579 ist Richard v. Strein (Streun) als Besitzer der Herrschaft nachweisbar. 1581 folgt diesem Anton v. Puchheim, 1590 Raimund Straub und 1607 der protestantische Hanns Andreas Frh. v. Stadl. Nach div. Übergriffen erfolgte die Konfiskation der Güter durch K. Ferdinand II., doch erscheinen bereits 1622 die Stadl wieder als Besitzer. 1657 gelangt Thürnthal im Kaufweg an Johann Franz Frh. v. Lamberg und bereits 1659 an Christoph Dietrich Frh. v. Schallenberg. 1682 erwirbt Johann Baptist v. Gariboldi den Besitz mit dem 1679 durch Brand zerstörten Schloss. 1698 folgt Wenzel Adrian Wilhelm Gf. v. Enkevoirt, der um 1725 den heutigen Schlossbau errichten lässt. 1753 kommt dieser an einen Edlen v. Retzer, 1761 an Maria Katharina v. Stettner, die Ritter v. Stettner sind bis in die 30er-Jahre des 19. Jhs. Schlossherren. Schweickhardt beschreibt 1834 das Schloss noch in einem ausgezeichneten Zustand. Ab 1869 wurde der ehem. Sitz einer industriellen Nutzung zugeführt, um 1900 ist unter Baron Eisler eine Stärkefabrik eingerichtet. In den 20er-Jahren des 20. Jhs. ist der Wiener Industrielle Dr. Guido Bunzl Eigentümer, seine Abbruchpläne scheitern. 1939 wird der Bau unter Denkmalschutz gestellt und während des Krieges als Bergungsort für international bedeutende Kunstsammlungen herangezogen. Nach dem 2. Weltkrieg ist das durch die Nutzung in Mitleidenschaft gezogene Schloss im Besitz der Fa. Frank, von der es 1975 Helmut Schick und Johann Trunner erwerben. Die Entwicklung wendet sich erst nach Erwerb durch den heutigen Eigentümer, DI Mag. Gerhard Zehethofer, zum Positiven.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung Schloss Thürnthal liegt ca. 1,5 km östl. von Fels am Wagram in Niederungslage am Fuß des Wagram-Abbruches. Das Schloss ist eine relativ symmetrische, quadratische 4-Flügelanlage mit 4 Geschoßen und zusätzlicher Unterkellerung. Das Erscheinungsbild das stark kubischen Baues basiert auf der Bautätigkeit unter Gf. Wenzel v. Enkevoirt um 1725, die ein bemerkenswertes Beispiel eines barocken Landschlosses entstehen ließ. Die Pläne sind wahrscheinlich Josef Emanuel Fischer v. Erlach zuzuschreiben, der Domenico Martinelli ablöste. Die Regelmäßigkeit der Durchfensterung, welche die Wertigkeit der Geschoßebenen widerspiegelt, unterstreicht trotz der zeittypischen Stuckrahmungen die Strenge der Fassaden. Die beiden unteren Geschoße sitzen auf einem leicht geböschten, durch ein Kordongesims geschlossenen Unter- bzw. Kellergeschoß. Die beiden oberen Geschoße sind durch Geschoßbänderungen und etwas aufwändigere Fensterdekorationen hervorgehoben. Allseitige Mittelrisalite mit 3–5 Fensterachsen gliedern den Bau nur unwesentlich. Die östl. Zugangsseite zeigt mit einer bedeutend reicheren Gestaltung des 3-achsigen Mittelrisaliten die Ausbildung zur Schauseite. Das zentrale Rundbogentor wird von entsprechenden Fensteröffnungen flankiert, trotz der späten Bauzeit besitzt die Toranlage eine von flachen Pilastern flankierte Aufnahmenische und die Rollenschlitze einer ehem. Zugbrücke, welche trotz der Dekorelemente funktionell ausgebildet erscheint. Die über beide Untergeschoße reichende Torsituation wird von einem risalitbreiten Balkon auf Volutenkonsolen abgeschlossen, die darüberliegende Zone zeigt korinthische Säulen in Riesenordnung, die ein kräftiges, aus dem Traufgesims entwickeltes Gebälk tragen. Zwischen den Säulen liegen reicher dekorierte Rundbogen- bzw. Ovalfenster, das Zentrum ist mit dem Wappen der Enkevoirt versehen. Eine 3-schiff./3-joch. Torhalle erschließt den Innenhof, dessen Fassadendekoration mit Ausnahme der genuteten Untergeschoße jener der Außenfronten entspricht. Portale in den geschwungenen Ecklösungen, welche die Fronten umrahmen, erschließen die Innenbereiche. In der SW- und SO-Ecke liegen in den Eckzonen die Schächte zweier Wendeltreppen, gemeinsam mit einer geradläufigen Treppe im N-Trakt dienen sie der vertikalen Kommunikation. Keller und untere Geschoße besitzen zeitspezifische Gewölbelösungen. Die Räume der oberen Geschoße schließen mit Spiegeldecken, die z. T. eine bemerkenswerte, qualitätsvolle Stuckausstattung der Bauzeit, bestehend aus ornamentalen und figuralen Motiven, besitzen. Als Stukkateur wird Santino Bussi vermutet. Auf die überaus prunkvolle Raumausstattung weisen 2 reich durch Stuckornamentik mit Blattvergoldung dekorierte Eckzonen von barocken Kachelöfen, die gegenwärtig aus Sicherheitsgründen demontiert sind. Die Durchfensterung der Zugangsseite markiert den oberhalb der Einfahrt angelegten bzw. geplanten Festsaal. Die heutige, über den O-Trakt und in den Dachraum reichende Raumsituation lässt durch die Ausbildung der Ziegelwände, welche eine spätere Marmorausstattung vorbereiten, die unterlassene Vollendung erkennen. Gegenüber der Einfahrt liegt im Zentrum des W-Traktes die Schlosskapelle, eine ehem. mehrgeschoßige Raumanlage, die erst im 19. Jh. durch eine Decke durchschnitten wurde. Beide Räume – der obere bildete ehem. die Empore – besitzen bemerkenswerte Teile der frühklassizistischen Ausstattung, wie Marmorrahmungen und -brüstungen, aus der 2. H. d. 18. Jhs. Der Bau besitzt noch den Dachstuhl der Erbauungszeit. Der gegenwärtige Bauzustand lässt die einheitliche Errichtung der Anlage aus Ziegelmaterial ohne wesentliche bauliche Zäsuren erkennen. Bruchsteinmaterial ist ausschließlich als Mauerfüllung vorhanden. Nach Dehio wäre als Kern ein Renaissanceschloss zu vermuten, doch ist durch den offenbar einheitlichen Baukörper, der nur tlw. sekundäre Umgestaltungen, Vermauerungen oder Veränderungen von Fenstern, erkennen lässt, mglw. ein Überdenken dieser Annahme angebracht. Vischer zeigt 1672 einen 2-gesch., durch Ecktürme (mit rundem Abschluss und Zwiebelhauben) betonten Bau, der kaum mit der heutigen Anlage in Übereinstimmung zu bringen ist. 1696 fiel dieser Bau einem Brand zum Opfer, sodass nach der Übernahme durch die Enkevoirt 1698 – mglw. in mehreren Bau- oder Planungsphasen – ein weitgehender Neubau zur Umsetzung kam. Der heute mit Ausnahme der N-Seite erhaltene, breite Graben mit gemauerten Konterescarpen ist wohl als traditionelles Architekturzitat früherer Fester Schlösser zu werten. Der im S durch Anschütten eines Walles gebildete Graben bedingte eine steinerne Brücke zur Erschließung des Tores, wobei die Brücke die sekundäre Verlängerung, nach Aufgabe der Zugbrücke, erkennen lässt. Eine Wasserführung ist durch die Befensterung der Kellerräume auszuschließen. Das Schloss liegt innerhalb ehem. Park- bzw. Gartenanlagen, nördl. und westl. sind die Bebauungen des ehem. Meierhofes angeschlossen. Innerhalb des heute besitzmäßig getrennten Areals sind weitere Reste von Wirtschaftsgebäuden und der Gartenarchitektur erhalten. Etwas weiter westl. liegt das sog. "Fruchthaus", in dessen Bereich die Burg des Mittelalters vermutet wird. Für diese lokale Überlieferung fehlen jedoch bislang entsprechende Nachweise. 1999 wurden durch den Verein ASINOE baubegleitende Untersuchungen durchgeführt. Dabei konnte die bis zu 2,40 m unter das heutige Grabenniveau reichende Fundamentunterkante des Baues beobachtet werden, darüber hinaus eine Verbindung zwischen Schloss und einem unter dem östl. Brückenlager situierten Raum. Eine Probegrabung im Hof konnte einen in den östl. Keller führenden Gang sowie einen unter dem Hofniveau angelegten, erst im 20. Jh. zerstörten Regenwassersammler freilegen. Nach der Übernahme durch die neuen Besitzer soll das Schloss einer sanften Restaurierung zugeführt werden, die nur langfristig planbar ist. Der Bau ist heute als privater Wohnsitz in Verwendung, die ausgedehnten, stimmungsvollen Räume dienen zeitgenössischen Künstlern als Ausstellungsort, kulturelle Veranstaltungen finden fortlaufend statt. Der gegenwärtige Zustand, ausgelöst durch jahrelange industrielle Nutzung und Verwahrlosung, mag den Besucher befremden. Anders betrachtet ist jedoch ein architektonisches Kleinod zu sehen, das seine Reize gerade aus diesem Zustand bezieht und interessante Einblicke in zeitgenössische Architekturkunst bietet.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Tlw. ruinöse, in Restaurierung befindliche Schlossanlage. Mit Führungen zugänglich.
Touristische Infrastruktur Parkmöglichkeiten neben der Schlosseinfahrt im Ortsgebiet von Thürnthal. Bemerkenswertes Barockschloss als Nachfolgebau der mittelalterlichen Burganlage, das starke Spuren länger zurückliegender Vernachlässigung und industrieller Nutzung zeigt, aber durch die erhaltene Originalsubstanz als architektonisches Kleinod zu werten ist. Die neuen Eigentümer planen eine sanfte, längerfristige Restaurierung. Die Besichtigung ist gegen Eintrittsgebühr, mit fachkundiger Führung, möglich. Öffnungszeiten: Mai–Oktober: So 15 Uhr (Führungsbeginn). Andere Termine sind bei entsprechender, telefonischer Voranmeldung möglich. Darüber hinaus bildet das Schloss als Veranstaltungsort den stilvollen Rahmen für Ausstellungen zeitgenössischer Künstler oder Veranstaltungen aus den Bereichen Musik, Literatur, Kunsthandwerk, etc.
Gasthäuser GH Kraft in Fels, GH Aichinger-Winkler in Fels, GH "Sterntaler" in Fels, GH Heiß in Kirchberg am Wagram, GH "Zum Goldenen Kreuz" in Feuersbrunn.
Literatur
  • Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 61
  • Theodor Brückler, Ein Kunstgut-Bergungsort im Zweiten Weltkrieg. Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich N. F. 63/64, 1997/1998, St. Pölten 1998, 205–224
  • Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 113 ff.
  • Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 198
  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 1178 f.
  • Christa Farka, KG Thürnthal. In: Die Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes, Jahresbericht 1999. Fundberichte aus Österreich 38/1999, Wien 2000, 38
  • Heinrich Weigl, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A), Band I–VII, Wien 1964–1975. – Fritz Eheim, Max Weltin, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A). Ergänzungen und Berichtigungen, Band VIII, Wien 1981 II und VIII, D 344
  • Manfred Jasser et al, Schlösser und Burgen im Weinviertel. Schriftenreihe Das Weinviertel 3 (hg. v. Kulturbund Weinviertel), Mistelbach 1979, 58, 113
  • Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.U.M.B., Nr. 8
  • Susanne Wagner, 50 Jahre Marktgemeinde Fels am Wagram, 1927–1977. Hg. Marktgemeinde Fels am Wagram. Fels am Wagram o. J. (1977), 38 ff.
Thürnthal. Darstellung des Schlosses vor der großen Barockbauphase  (1672) - © Georg Matthäus Vischer
Thürnthal. Darstellung des Schlosses vor der großen Barockbauphase (1672)
© Georg Matthäus Vischer
Thürnthal. Luftbild des Schlosses von NO (2004) - © Gabriele Scharrer-Liška
Thürnthal. Luftbild des Schlosses von NO (2004)
© Gabriele Scharrer-Liška