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Hauptburgenname Schöngrabern
ID 467
Objekt nicht mehr erhaltene Wehranlage|Adelssitz|Burgstelle
KG Schöngrabern
OG/MG/SG Grabern
VB Hollabrunn
BMN34 rechts 730305
BMN34 hoch 384894
UTM 33N rechts 0
UTM 33N hoch 0
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: Schöngrabern ist über die B 303 aus dem Raum Wien direkt zu erreichen. An der Ortsdurchfahrt rechts bzw. östl. zur Kirche abzweigen. RAD: Am nördl. Ortsausgang von Aspersdorf bietet sich die Gelegenheit, vom "Heldenbergweg" westl., ca. 3 km nach Schöngrabern abzuzweigen.
Geschichte Die ältesten Quellen unterscheiden nicht zwischen den heutigen Dörfern Schöngrabern, Mittergrabern und Obergrabern, entsprechend erscheint um 1120 der Ortsname "Grawarn". Ab 1135/36 ist eine Ritterfamilie urk. nachweisbar, die sich nach Grabern nennt und die bis A. d. 14. Jhs. zu verfolgen ist. Erst die ab 1318 nachweisbaren "Hvntaffen von Grabarn" sind in Obergrabern anzusiedeln. Die bedeutendsten Grundherren in Grabern sind die Kuenringer, Hadmar II. erbt von seinem Vater 1182 u. a. auch Grabern. Die Kuenringer sind neben dem Bistum Passau, zu dessen Einflussgebiet der Ort zu jener Zeit gehört, als wahrscheinliche Gründer der Kirche zwischen 1210/30 heranzuziehen, obwohl die Quellenlage dazu keine Beweise bietet. Schöngrabern wird 1319 erstmals urk. genannt. Nach Weigl (HONB) erfolgte die Gründung jedoch bereits M. d. 11. Jhs. Ein "Wigandus de Schongrabarn", der wohl einen örtlichen Kleinadelssitz bewohnt, ist 1321 im Göttweiger Urbar genannt. Die Besitzverhältnisse sind im 14. Jh. durch zunehmende Zersplitterung geprägt. Örtlichen Besitz hatte 1354 Pilgrim der Sitzendorfer, 1361 Niclas der Reichensteiner und Heinrich v. Prunn, 1375 Hans v. Tirna, die bedeutendsten Grundherren sind in jener Zeit jedoch die Wallseer. Im 14. und 15. Jh. kennt man die ritterlichen Radlbrunner und Leitzersdorfer als Inhaber landesfürstlicher Lehen. Im 15. Jh. ist Schöngrabern weitgehend zwischen den Hftn. Guntersdorf und Mittergrabern aufgeteilt, die Wallseer auf Guntersdorf besaßen jedoch die Ortsobrigkeit. Während des 16. Jhs. erwerben auch die Kuenringer wieder Besitz in Schöngrabern. Nach dem Bereitungsbuch von 1590 sind die Frhn. v. Teufel auf Guntersdorf Inhaber der Ortsobrigkeit. Pfarrer sind in Schöngrabern ab dem 14. Jh. nachweisbar, die Pfarre war aufgrund ihrer guten Dotierungen und Einkünfte ein begehrter Dienstplatz des Klerus. Dass Schöngrabern im Besitz des Templer-Ordens war, geht auf die Behauptung Wolfgang Lazius' zurück, jedoch fehlt dafür jegliche Quellenevidenz.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung Das ehem. Breitangerdorf liegt nördl. von Hollabrunn am östl. zum Gmoosbach entwässernden Schöngrabernbach. Das etwa W-O orientierte Dorf lässt aufgrund der Ausdehnung (die Siedlung erreicht eine Länge von etwa 900 m, der vom Schöngrabernbach durchflossene Anger eine Breite von 180 m) einen geplant höherrangigen Siedlungsstatus vermuten, der mglw. auch für den überdurchschnittlich hohen architektonischen Anspruch der Pfarrkirche verantwortlich war. Der Sitz der im 14. Jh. genannten Kleinadelsfamilie kann vermutlich als abgekommen bezeichnet werden. Bei der Lokalisierung ist mglw. der Bereich der Pfarrkirche, die eine Terrasse im N des ehem. Ortsangers nutzt, einzubeziehen. Die ehem. Umfassungsmauer des Kirchhofes ist noch großteils mittelalterlichen Ursprungs, im N und O zeichnen sich innerhalb der lagerhaften Mauerstrukturen zum Teil niedrige Kompartimente ab, die mglw. noch eine Datierung im ausgehenden 13. Jh. anzeigen. Die Mauer gliedert an der SO-Ecke den Pfarrhof ein, einen "stockartigen", 3-gesch. Bau mit hohem Satteldach, der noch heute die zumeist 1-gesch. dörfliche Bebauung dominiert. Der Bau zeigt nach Putzfreilegungen lagerhaftes Bruchsteinmauerwerk und eine Eckausbildung aus Werksteinen. Die heutige Befensterung ist zumeist modern, im Erd- bzw. Kellergeschoß sind jedoch Reste spätmittelalterlicher Öffnungen zu beobachten. An der N-Seite sind die Reste einer hochgelegenen (Tür-)Öffnung vorhanden. An der S-Seite liegen, nach O verschoben, 3 hohe, über 2 Ebenen reichende und heute segmentbogig geschlossene Nischen, die zur Aufnahme der jüngeren Fenster verwendet wurden. Diverse Detailformen lassen hier die Fenster eines ehem. Sakralbaues bzw. -raumes vermuten. Im 1473 verfassten Testament des Pfarrers Sigmund Halbemer wird eine in Bau befindliche Kapelle erwähnt, die heute mit dem Baubefund in Beziehung gebracht wird. 1772 wird ein "ödes Gebäude" erwähnt, das wohl mit diesem später zum Pfarrhof ausgebauten Bau identifiziert werden kann. 1876 wird der Pfarrhof gegen W erweitert, die entsprechenden Baunähte sind an der N- und S-Seite klar erkennbar. Bei dieser Erweiterung fand, wie schon bei vorhergehenden Bautätigkeiten, auch (Spolien-)Material des anlässlich der Barockisierung von 1788/89 abgetragenen W-Teiles der Kirche Verwendung. Das seit 1978 als Lapidarium verwendete Erd- bzw. Kellergeschoß, das mit einem mehrjochigen, pfeilergestützten Ziegelgewölbe geschlossen ist, zeigt unverputztes Bruchsteinmauerwerk. Da das Gewölbe auch die Erweiterung einbezieht, bei der die urspr. W-Mauer des Baues abgetragen wurde, ist es wohl zeitgleich mit dieser anzusetzen. In der NW-Ecke des Anbaues wurden Teile spätmittelalterlicher Wandvorlagen spolierend eingemauert, ob sie von einem ehem. Sakralraum im Obergeschoß stammen, bleibt jedoch unklar. Die bezüglich des Baubefundes, aber auch der Quellenlage unklare bzw. oftmals widersprüchliche Situation (der breitgelagerte Bau lässt mit Ausnahme der Befensterung jede konzeptionelle Eignung für einen Sakralbau vermissen) ist nur bedingt geeignet, eine frühere Sitzfunktion zu unterstellen. Im Zentrum des Kirchhofes, der nach den Quellen auch ehem., heute abgekommene Bebauungen wirtschaftlicher Funktion umfasste, liegt die Pfarrkirche, die ob ihrer kunsthistorischen Bedeutung bereits vielfach Objekt der wissenschaftlichen Bearbeitung und Diskussion war. Der weitgehend erhaltene Primärbau zeigt sich als "erweiterte Chorquadratkirche", bestehend aus Langhaus, Chorquadrat und Apside. Verschiedene, durchaus stichhaltige Quellen lassen einen ehem., mglw. auch sekundären Chorturm vermuten, dessen Last bereits 1699 zu Schäden am Chor führte und der anlässlich der Barockisierung – ab 1784 war der Chor neuerlich einsturzgefährdet – um 1788/89 abgetragen wurde. Der rom., nach heutigem Forschungsstand zwischen 1210/30 entstandene Kirchenbau überschreitet hinsichtlich der architektonischen Ausbildung sowie der qualitätsvollen Ausführung seiner Detailformen jede regional übliche Norm. Der mit hochwertiger Bauplastik versehene Gliederungs- bzw. Vorlagenapparat des Inneren ist ebenso hervorzuheben wie die Gliederung der Außenflächen, die an der Apsis mit ihrem berühmten plastischen Bildprogramm ihren Höhepunkt erreicht. Zur "Vertiefung" in die Architektur der Kirche und die Ikonologie des Bildprogramms muss in diesem Rahmen auf die zitierte Literatur verwiesen werden. Die jüngere Bau- und Restaurierungsgeschichte beginnt mit der Barockisierung von 1788/90, bei der die heute erhaltene W-Anlage mit dem Glockenturm entstand. Bereits 1786 wurden die rom. Gewölbe des Langhauses entfernt, 1790 wurden die übrigen Innengliederungen im Zuge des Umbaues stark in Mitleidenschaft gezogen. Als 1809 bei Schöngrabern Rückzugsgefechte mit den Franzosen stattfanden, brannte die Kirche ab und war danach längere Zeit Ruine. Bei der "Erneuerung" wurde 1840 auch das originale Chorgewölbe abgebrochen. 1872 erfolgte die die neorom. Umgestaltung des Inneren, 1907 wurde der barocke Außenputz entfernt, wodurch das Quadermauerwerk wieder sichtbar wurde. Nachdem 1960 die alte Sakristei im S abgebrochen und 1961/62 die heutige an der N-Seite errichtet wurde, begannen ab 1974 rekonstruierende Wiederherstellungen, bei denen auch die Gewölbe unter Einsatz von Spolien neu entstanden. Mit dem Abschluss der Restaurierungen erfolgte 1978 die Eröffnung des Lapidariums, in dem die bei Bau- und Erdarbeiten wiederholt aufgefundenen Spolien von der Kirche aufgestellt sind.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Touristische Infrastruktur Parkplätze beim Aufgang zur Pfarrkirche. Der kunsthistorisch höchst bedeutsame Sakralbau ist in der Regel geöffnet, der Kirchhof ist zur Besichtigung des Äußeren, inbesonders des Bildprogramms an der Apsis, frei zugänglich. Im Untergeschoß des Pfarrhofes befindet sich das Lapidarium mit Originalwerkstücken von der Pfarrkirche, Kopien von Werkstücken sowie eine kleine Dokumentation zur Baugeschichte. Öffnungszeiten: Ostern bis Allerheiligen: Sa, So, Fei 9–16 Uhr, für Gruppen sind bei entsprechender Voranmeldung auch andere Termine bzw. Führungen (Dauer 1 Std.) möglich. Für Auskünfte bzw. Anmeldungen steht die MG Grabern zur Verfügung.
Gasthäuser GH "An der Kreuzung" in Guntersdorf, GH "Zum Goldenen Stern" in Hollabrunn, GH "Zum Goldenen Engel" in Hollabrunn.
Literatur
  • Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 138 ff.
  • Friedrich Dahm, Werner Telesko, Bauplastische Ausstattung, Reliefzyklus an der Apsis (Schöngrabern). In: Hermann Fillitz (Hg.), Früh- und Hochmittelalter, Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 1. München–New York–Wien 1998, 386–391
  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 1051 ff.
  • Anton Eggendorfer, Marktgemeinde Grabern. In: Ernst Bezemek, Willibald Rosner (Hg.), Vergangenheit und Gegenwart. Der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinden. Hollabrunn 1993, 557–602, 557 ff., 559 ff.
  • Brigitte Faßbinder, Theodor Brückler, Kunst im Bezirk Hollabrunn (hg. v. Stadtmuseum Alte Hofmühle Hollabrunn). Hollabrunn 1997, 83 ff.
  • Brigitte Faßbinder, Die Kunst im Bezirk Hollabrunn. In: Ernst Bezemek, Willibald Rosner (Hg.), Vergangenheit und Gegenwart. Der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinden. Hollabrunn 1993, 373–415, 391 ff.
  • Rupert Feuchtmüller, Schöngrabern. Die steinerne Bibel. Wien–München ³1989
  • Irene Friedrich, Die Kirchenbauten in Schöngrabern. Unsere Heimat 60/3, Wien 1989, 223–229
  • Heinrich Weigl, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A), Band I–VII, Wien 1964–1975. – Fritz Eheim, Max Weltin, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A). Ergänzungen und Berichtigungen, Band VIII, Wien 1981 VI, S 190
  • Maximilian Weltin (unter Mitarbeit von Dagmar Weltin, Günter Marian, Christina Mochty-Weltin), Urkunde und Geschichte. Niederösterreichs Landesgeschichte im Spiegel der Urkunden seines Landesarchivs. Die Urkunden des Niederösterreichischen Landesarchivs 1109–1314. Niederösterreichisches Urkundenbuch Vorausband. St. Pölten 2004, 343
  • *Fritz Novotny, Romanische Bauplastik in Österreich. Arbeiten des I. kunsthistorischen Instituts der Universität Wien XXVI, Wien 1930, 8 ff.
  • Martina Pippal, Die Pfarrkirche von Schöngrabern. Eine ikonologische Untersuchung ihrer Apsisreliefs. Veröffentlichungen der Kommission für Kunstgeschichte 1, Wien 1991
  • Mario Schwarz, Schöngrabern (NÖ.), Pfarrkirche. In: Hermann Fillitz (Hg.), Früh- und Hochmittelalter. Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 1, München–New York–Wien 1998, 295–297
  • Werner Telesko, Zum antihäretischen Bildprogramm der Apsisreliefs von Schöngrabern. Unsere Heimat 66/1, Wien 1995, 15–22
  • Franz Wolf, Schöngrabern im Wandel der Zeit. Schöngrabern o. J., 14–37, 91–114, 115–143