Bitte aktivieren Sie Javascript! Andernfalls kann es sein, dass Inhalte der Website nicht richtig angezeigt werden.

Hauptburgenname Guntersdorf
ID 615
weitere Burgennamen Ludwigstorff
Objekt Schloss
Adresse A-2042 Guntersdorf, Schloss 1-2
KG Guntersdorf
OG/MG/SG Guntersdorf
VB Hollabrunn
BMN34 rechts 729231
BMN34 hoch 390211
UTM 33N rechts 0
UTM 33N hoch 0
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: Aus Richtung Stockerau, über die B 303 und die B 2, über Hollabrunn, bis Guntersdorf fahren. Das Schloss liegt unmittelbar östl. der Bundesstraße. RAD: Eine lokale Radroute verbindet den "Retzer Land"-Weg bei Platt mit dem "Heldenbergweg" bei Wullersdorf. Die Route führt unmittelbar am Schloss vorbei.
Geschichte Die Siedlung "Gundhartisdorf", ein Lehen des Klosters Melk, wird 1108 erstmals genannt. Die ersten hier fassbaren weltlichen Besitzer sind die Ruckendorfer, 1295 verpfändet Ulrich v. Ruckendorf einen Anteil des Hauses zu Guntersdorf an Eberhard v. Wallsee. Durch ihre regionale Herrschaftspolitik können die Wallseer die Hft. Guntersdorf an sich bringen. Eberhard v. Wallsee wird 1317 von Hzg. Friedrich mit Guntersdorf belehnt. Während der Auseinandersetzungen um das Herzogtum Kärnten zwischen den Habsburgern und dem Kg. Johann v. Böhmen fällt dieser in Österreich ein und erobert mehrere Burgen und Städte. Unter den eroberten Burgen findet sich auch Guntersdorf. Eberhard v. Wallsee gerät dabei vorübergehend in böhmische Gefangenschaft. Die Wallseer sind bis 1476 im Besitz von Guntersdorf, bereits während des 14. Jhs. sitzen Pfleger der Wallseer auf der Burg. 1476 kommt die Hft. im Kaufweg an Ulrich Rechlinger, als dieser 1478 stirbt, hinterlässt er nur minderjährige Nachkommen. Erst 1498 erhält Kaspar v. Roggendorf die Belehnung durch den Abt v. Melk. Ab 1538 ist Guntersdorf freies Eigen der Roggendorfer. Christoph v. Roggendorf verliert hochverschuldet auch die Hft. Guntersdorf, die 1546 an Johann Frh. v. Weißpriach und durch dessen Tochter an Christoph Frh. v. Teufel kommt. Die protestantischen Frhn. v. Teufel verkaufen 1684 an Johann Karl v. Serenyi, dessen Sohn schließlich 1717 an die Frhn. v. Ludwigstorff. Nach Kriegsbeschädigungen 1945 wurde das Schloss ab 1956 restauriert. Eigentümer ist heute Dominik Ludwigstorff.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung Das Schloss liegt in Niederungslage im nordöstl. Teil des Ortes, unmittelbar an der B 2, zwischen dieser und der östl. abzweigenden Landesstraße nach Kalladorf. Auf der ÖK 50/Blatt 22 ist der Bau als "Schloss Ludwigstorff" ausgewiesen. Die heutige Schlossanlage resultiert aus dem Umbau einer spätmittelalterlichen Wasserburg zu einem Renaissanceschloss. Die bereits im 14. Jh. urk. fassbare Burg ist neute nicht mehr im Baubestand erkennbar, wesentliche und tlw. bemerkenswerte Teile nachfolgender Bauphasen prägen jedoch den erhaltenen Bestand. Als Bauherren des heutigen Schlosses sind wohl die Hrn. v. Teufel zu vermuten, die ab ca. 1566 als Besitzer auftreten. Abweichend von zeitgenössischen, eng geschlossenen 4-Flügel-Anlagen zeigt dieses Schloss eine überdurchschnittliche Ausdehnung. Der 2-gesch. Bau bildet einen großen Innenhof, der allseitig von 2-gesch., die Räume des Erd- und Obergeschoßes erschließenden Akadengängen umgeben wird. Die Segmentbögen ruhen auf toskanischen Säulen, die Gänge des Obergeschoßes werden von Balustraden geschlossen. Die nüchternen, tlw. nicht regelmäßig durchfensterten Außenfassaden werden nur durch die Profilierungen der Fenster und durch einen stark betonten Konsolfries an der Traufzone gegliedert. Das mächtige Walmdach ist von z. T. bemerkenswerten Kaminen der Zeit um 1600 durchbrochen. Mehrere Tür- und Fensteröffnungen, u. a. ein verstäbtes Schulterbogenportal im NW des Hofes, sowie einige in der charakteristischen Art des frühen 16. Jhs. gestaltete Portale lassen einen Kernbau des späten 15. Jhs. vermuten, der in der 1. H. d. 16. Jhs. zeitgenössisch adaptiert wurde. Als Bauherr des spätgot. Schlosses ist Kaspar v. Roggendorf zu vermuten, der ab 1498 Besitzer ist, die Umgestaltungen führten wohl jüngere Generationen ab 1538(?) durch. Eine relativ starke Krümmung an der westl. Außenfront legt auch hier die Einbeziehung älterer, doch zeitlich nicht näher eingrenzbarer Bauteile nahe. Die Zufahrt im Zentrum der S-Front wird von einem quadratischen Torturm beherrscht, der durch ein Schulterbogenportal den Zutritt zum ehem. Zwinger gestattet. Die tlw. erneuerte Toranlage besteht aus Fahr- und Nebentor, die rundbogigen Öffnungen zeigen die Aufnahmenischen und Rollenschlitze der ehem. Zugbrücken. A. d. 19. Jhs. wurde der Turm in seiner Höhe reduziert und mit seinem heutigen Abschluss versehen. Die Torhalle des zur Gänze vor den Bering gestellten Turmes erschließt eine den Schlosstrakt durchbrechende Einfahrt, auf welche das zentrale Joch des Arkadenganges Bezug nimmt. Die Einfahrt besitzt eine bemerkenswerte, äußerst qualitätsvolle Gewölbelösung in Form eines 4-joch., mit reliefierten Schlusssteinen ausgestatteten Sternrippengewölbes. Nach Dehio datiert dieser mit zahlreichen Steinmetzzeichen versehene Bauteil um 1500. Die Erdgeschoßräume weisen durchwegs Stichkappengewölbe auf, die tlw. 2-schiff. und säulengestützt sind. Die Räume des Obergeschoßes besitzen flache Decken, z. T. mit Stuckspiegel des 18. Jhs. Eine Spindeltreppe in der NO-Ecke des Hofes stellt die Verbindung zum Obergeschoß her, die Profilierung der Türe zum Treppenbereich datiert diesen in die Zeit um 1530/40. Wohl in der Barockzeit wurde die Zugbrückenanlage durch die heutige 3-bogige Steinbrücke ersetzt, im Bereich der äußeren Umfassungsmauern wird sie von 2 wappenhaltenden Löwen flankiert. Das Kernschloss war nach dem Stich von Vischer aus dem Jahr 1672 von einer zwingerartig umlaufenden, regelmäßigen Bastionärbefestigung umgeben, deren Ecken durch spitzwinkelig ausgebildete Bastionen verstärkt waren. Die Bastionen waren mit Kanonenscharten ausgestattet, die auch auf eine sehr reduzierte Form von "Flankenbatterien" zur Flankierung der Kurtinen schließen lassen. Der größte Teil dieser Anlagen, die nach der Zugangssituation am Torturm wohl auf spätmittelalterliche Vorgänger zurückgehen bzw. auf solchen gründen, wurde zu einem nicht bekannten Zeitpunkt in der Höhe reduziert bzw. gänzlich abgetragen. Die gesamte Anlage wird zusätzlich von einem außergewöhnlich breiten Graben allseitig umlaufen, der durch hohe, gemauerte Konterescarpen begrenzt wird. Der Graben, der u. U. auf eine mittelalterliche und für die Bastionierung adaptierte Anlage zurückgeht, ist im Prinzip erhalten und führt noch heute Wasser. Nördl. und östl. liegt das Areal ausgedehnter Parkanlagen, die nach Dehio mglw. erst im 19. Jh. entstanden. Westl. gegenüber der Straße ist ein großer Meierhof situiert, dessen 1-gesch. Verbauung durchwegs aus dem 17. Jh. stammt. In der Umfassungsmauer liegt ein repräsentativer, mit Pilastern und Sprenggiebel dekorativ gestalteter Torbau, an dem das Wappen der Teufel mit der Jahreszahl 1674 angebracht ist. Neben dem 2-gesch. "Kellerstöckl" ist der aus dem 17. Jh. stammende 2-gesch. Schüttkasten mit mächtigem, 2-gesch. Satteldach hervorzuheben. Der Stich Vischers bietet einen Überblick über diese weitläufigen, heute noch nahezu intakten Park- und Wirtschaftsstrukturen des 17. Jhs.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Privat bewohntes Schloss. Hof zugänglich.
Touristische Infrastruktur Parkmöglichkeiten im Ortsgebiet, in der Nähe der Schloss-Einfahrt. Ausgedehnte Schlossanlage mit z. T. bemerkenswerten, spätgotischen und frühneuzeitlichen Architekturelementen und beeindruckendem Wassergraben. Die Anlage ist privat bewohnt und im Inneren nicht zu besichtigen. Der zugängliche Hof und ein tlw. möglicher Rundgang gestatten ausreichende Einblicke.
Gasthäuser GH "An der Kreuzung" in Guntersdorf, GH "Zum Goldenen Stern" in Hollabrunn, GH "Zum Goldenen Engel" in Hollabrunn.
Literatur
  • Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 114
  • Günter Brucher, Gotische Baukunst in Österreich. Salzburg–Wien 1990, 304 f.
  • Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 175 ff.
  • Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 131
  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 371 f.
  • Brigitte Faßbinder, Theodor Brückler, Kunst im Bezirk Hollabrunn (hg. v. Stadtmuseum Alte Hofmühle Hollabrunn). Hollabrunn 1997, 141 f.
  • Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich 1, Donauländer und Burgenland. Stuttgart ²1985, 294 f.
  • Manfred Jasser et al, Schlösser und Burgen im Weinviertel. Schriftenreihe Das Weinviertel 3 (hg. v. Kulturbund Weinviertel), Mistelbach 1979, 52, 95
  • Gertrude Langer-Ostrawsky, Marktgemeinde Guntersdorf. In: Ernst Bezemek, Willibald Rosner (Hg.), Vergangenheit und Gegenwart. Der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinden. Hollabrunn 1993, 603– 617, 603 ff.
  • Laurin Luchner, Schlösser in Österreich I. München 1978, 142
  • Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.U.M.B., Nr. 27
Guntersdorf. Die Schlossanlage mit intakter Befestigung und den noch heute tlw. erhaltenen Wirtschaftseinheiten und Gartenanlagen  (1672) - © Georg Matthäus Vischer
Guntersdorf. Die Schlossanlage mit intakter Befestigung und den noch heute tlw. erhaltenen Wirtschaftseinheiten und Gartenanlagen (1672)
© Georg Matthäus Vischer
Guntersdorf. Luftbild des Schlosses von SO (2004) - © Gabriele Scharrer-Liška
Guntersdorf. Luftbild des Schlosses von SO (2004)
© Gabriele Scharrer-Liška