Hauptburgenname
Jedenspeigen
ID
713
Objekt
Schloss
Adresse
A-2264 Jedenspeigen, Schloss 1
KG
Jedenspeigen
OG/MG/SG
Jedenspeigen
VB
Gänserndorf
BMN34 rechts
789445
BMN34 hoch
374385
UTM 33N rechts
0
UTM 33N hoch
0
Link auf NÖ-Atlas
Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt
PKW: Aus Richtung Wien über die B 8 bis Angern an der March, von hier über die B 49 bis Jedenspeigen fahren. Von der Ortsdurchfahrt westl. (links) zum Schloss abzweigen. RAD: Ein regionales Radwegenetz ermöglicht, vom "Bernsteinweg", z. B. in Matzen oder Zistersdorf abzweigend – ggf. unter Zuhilfenahme einer Karte – den Ort Jedenspeigen zu erreichen.
Geschichte
Melker Besitz in "Hiedungispuigin" erscheint 1113. Als erste Herrschaftsträger werden in der Literatur die Hrn. v. Lengenbach genannt, später folgt Konrad Mazo, nach dessen Tod der Landesfürst. 1275 sind auch die Rauhenecker örtlich begütert. 1278 ist das Gebiet um Jedenspeigen Schauplatz der Entscheidungsschlacht zwischen Kg. Ottokar v. Böhmen und Kg. Rudolf v. Habsburg. Zwischen 1295 und 1497 erscheint ritterlicher Adel, der sich nach Jedenspeigen nennt. Nach verschiedenen Unbotmäßigkeiten und einem Absagebrief an K. Friedrich III. wird die Burg 1441 mit großem Aufwand belagert und nach dem Bericht Thomas Ebendorfers auch zerstört. 1524 bis ca. 1570 sind die Lamberg Besitzer, danach Josef Hagen v. Thurnberg und 1578/83 Konrad v. Pappenheim. Die weitere Besitzerreihe lautet: 1583–1597 die Kollonitsch, die Sonderndorf, Neudegg, sowie ab 1675 neuerlich die Gfn. Kollonitsch, die bis 1874 Eigentümer bleiben. 1692 erfolgen bauliche Erneuerungen. Ab 1879 ist das Schloss im Besitz der Erzdiözese Wien, heute ist es Eigentum der MG Jedenspeigen.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung
Das Breitstraßendorf Jedenspeigen wird am nördl. Ende vom etwas erhöht situierten Schloss abgeschlossen, die Ausrichtung des Ortsangers auf den ehem. repräsentativ abgesetzten Sitzbereich ist noch heute gut erkennbar. Zur Errichtung der Anlage wurde eine Geländeterrasse herangezogen, die als südl. bzw. südwestl. Ausläufer des "Richterberges" und "Goldberges" den Ort, die ehem. Burgsiedlung, überhöht.
Der Bauplatz der Burg bzw. des späteren Schlosses ist nur wenig in natürlicher Weise geschützt. Westl. und südl. sind mäßig fallende Hänge vorhanden, nördl. und östl. ist relativ nahe eine Überhöhung durch das Vorgelände gegeben. Die Burg musste folglich von weitgespannten Grabenanlagen umgeben werden, die heute großteils verebnet sind, deren Flächen aber in Form des z. T. von Gartenmauern umschlossenen Geländes im W, N und O erhalten sind. Die Anlagen sind im S, an der Zugangsseite, nachvollziehbar, wo zur Überbrückung des Grabens eine mehrbogige Steinbrücke errichtet wurde. Die Brücke beginnt an einem noch deutlich sichtbaren Wall, der mglw. nur an der Zugangsseite verstärkt ausgebaut war. Unmittelbar südöstl. des Schlosses schließt ein ausgedehnter Meierhofkomplex an, der nach Dehio Bauteile des 18. und 19. Jh. aufweist.
Die zumeist 2-gesch. Trakte der NNW-SSO orientierten 4-flügeligen Schlossanlage bebauen ein Areal von durchschnittlich 60 x 40 m, wobei trotz der massiven Neubautätigkeiten auf eine völlige Regelmäßigkeit verzichtet wurde. Äußerlich, aber auch im Inneren zeigt der Bau unterschiedliche Stadien der Restaurierung. Ein entsprechendes Erscheinungsbild bietet nach abgeschlossener Restaurierung der ca. 31 m breite S-Trakt, der durch seine in den Graben gesetzte Sockelzone 3-gesch. wirkt. Zentral wird der Trakt durch einen schlanken, durchschnittlich 4 m im Quadrat messenden Turm akzentuiert. Turm- und Gebäudekanten sind mit einer geputzten Ortsteinquaderung dekoriert, Sockelzone und Geschoße trennt eine Geschoßbänderung. Die Fensterrahmungen sind hier wie im gesamten Schloss mit einfachen Steinfassungen versehen. Der S-Trakt gliedert sich durch seine Dachkonstruktion mit westl. und östl. Giebelwänden vom übrigen Bau aus, die Traufzone ist durch ein stark vortretendes Kranzgesims betont. Dieses umläuft auch den Turm, der darüber in ein 2-gesch., schlankes, stark von einer Ortsteinbänderung geprägtes Oktogon übergeht, welches die Dachzone dekorativ überragt. Die Brücke führt auf die westlich des Turmes integrierte Einfahrt zu, die aus einem korbbogigen Haupttor und einer rechteckigen, rustizierten Nebenpforte besteht. An dieser ist der Rollenschlitz einer ehem. Zugbrücke erhalten, die jedoch aus funktioneller Sicht nicht mit der Form der Pforte korrespondiert. Oberhalb des Fahrtores befindet sich das Allianzwappen der Kollonitsch-Fuchsberg. Die durch das Tor erschlossene Einfahrtshalle bildet einen relativ großen, von einem Mittelpfeiler gestützten, 2-schiff., 2-jochigen, kreuzgewölbten Raum, dessen 2 Schiffe sich auf die Hofeinfahrt und den Zugang zu einer hofseitig vorgesetzten Treppenanlage zum Obergeschoß beziehen. Ein Teil der Torhalle mündet in einen, der westl. Hofseite im Erdgeschoß vorgelagerten Arkadengang, dessen Bögen von neun schweren, toskanischen Säulen getragen werden. Die sehr nüchtern wirkenden Hoffronten sind heute restauriert und zeigen vereinzelt steingerahmte Tür- und Fensteröffnungen des 16./17. Jhs. Zwei freigelegte Säulen am N-Trakt zeigen die ehem. Weiterführung des Arkadenganges an dieser Seite. W-, N- und O-Trakt sind generell stark, auch rezent überformt, vor allem der N-Trakt wurde noch vor der Übernahme durch die MG Jedenspeigen unter massiven Eingriffen an der Altsubstanz in einen 3-gesch. Speicherbau umgestaltet. W-, O- und S-Trakt besitzen im Erdgeschoß durchwegs Stichkappengewölbe, im Obergeschoß zumeist jüngere Flachdecken. Der kleine, zum Nachbarraum sich öffnende Obergeschoßraum des Turmes besitzt ein Kreuzgratgewölbe mit Taustabdekoration des späten 16. Jhs. Im Erdgeschoß des Turmes führt eine Bodenöffnung in den darunterliegenden, fensterlosen Raum in der Sockelzone. Die geringen Dimensionen und Mauerstärken weisen den Turm, korrespondierend mit seiner Raumausstattung, dem späten 16. Jh. zu. Der markant die S- und Zugangsseite betonende Turm ist daher nicht als Wehrelement zu sehen, sondern als traditionelle Architekturform im Sinne der sog. "Festen Schlösser".
Der mittelalterliche Burgbau dürfte anlässlich des Schlossbaues, der nach Dehio im 4. V. d. 16. Jhs. erfolgte, nahezu völlig abgetragen worden sein. An den heute noch unrestaurierten W- und O-Fronten des Schlosses sind durch Putzfehlstellen Einblicke in die Mauertechnik möglich. Neben großflächig vorhandenem Mischmauerwerk sind mehrere Mauerzonen zur Gänze aus Ziegelmauerwerk errichtet. Die zahlreichen, sekundär an den Außenfronten errichteten Stützpfeiler zeigen ebenfalls reines Ziegelmauerwerk. Teile der W-Seite bestehen jedoch im Basisbereich aus lagerhaften Bruchsteinstrukturen, die zwar vielfach gestört und mit Ziegelausflickungen versehen sind, jedoch mglw. dem 14./15. Jh. zuzuweisen sind. Ähnliche Strukturen zeichnen sich partiell an der O-Mauer des S-Traktes ab. Der Basisbereich des S-Traktes ist partiell unterkellert, dieser vom Hof über einen Treppenabgang zugängliche Raum zeigt ausschließlich Ziegelmauerwerk. Diverse Veränderungen des 17. und 19. Jhs. zeichnen sich am Gesamtbau heute nur unwesentlich ab.
Die museale Nutzung des Baues begann 1978, als hier die Ausstellung "700 Jahre Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen" etabliert wurde, und die noch heute als Dauerausstellung zu sehen ist. Seit der Übernahme durch die MG fanden stetig Restaurierungs- und Adaptierungsmaßnahmen statt, die zwar noch nicht abgeschlossen sind, jedoch wieder zu einem stattlichen äußeren Erscheinungsbild und zu einer erhöhten Nutzbarkeit der Innenräume führten.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
Tlw. restaurierte Schlossanlage mit kleinem Museum. Zu festgesetzten Zeiten oder Voranmeldung gegen Eintrittsgebühr zu besichtigen.
Touristische Infrastruktur
Parkmöglichkeiten im Ortsgebiet, an der Schlosszufahrt. Wenige Meter Fußweg, eine direkte Zufahrt ist nicht gestattet.
Bereiche der bereits teilrestaurierten Schlossanlage sowie die seit 1978 gezeigte Ausstellung "700 Jahre Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen" sind gegen Eintrittsgebühr zu besichtigen.
Öffnungszeiten: Mai–Oktober: Sa 12–17 Uhr, So, Fei 10–17 Uhr, darüber hinaus nach Voranmeldung unter 02536/8224 (Gemeindeamt) oder 02536/8468 (Schloss Jedenspeigen, während der Öffnungszeiten).
Temporär wird das Schloss für kulturelle Veranstaltungen genutzt.
Gasthäuser
GH "Rudolf von Habsburg" in Jedenspeigen, GH Schordan in Jedenspeigen, GH Dobesch in Sierndorf, GH "Zum Karpfenteich" in Nexing, Schlossheuriger.
Literatur
- Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 135
- Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 222 ff.
- Rudolf Büttner, Burgen und Schlösser vom Marchfeld bis Falkenstein. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 13 (Birken-Reihe), Wien 1982, 95 ff.
- Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 140
- Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 477 f.
- Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich 1, Donauländer und Burgenland. Stuttgart ²1985, 335 f.
- Manfred Jasser et al, Schlösser und Burgen im Weinviertel. Schriftenreihe Das Weinviertel 3 (hg. v. Kulturbund Weinviertel), Mistelbach 1979, 85, 96
- Karl Schalk, Aus der Zeit des Österreichischen Faustrechts 1440–1463. Das Wiener Patriziat um die Zeit des Aufstandes von 1462 und die Gründe dieses Ergebnisses. Abhandlungen zur Geschichte und Quellenkunde der Stadt Wien 3, Wien 1919, 86 ff.
- Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.U.M.B., Nr. 35