Hauptburgenname
Maissau
ID
814
Objekt
Burg-Schloss
Adresse
A- 3712 Maissau, Kirchenplatz 1
KG
Maissau
OG/MG/SG
Maissau
VB
Hollabrunn
BMN34 rechts
712511
BMN34 hoch
381679
UTM 33N rechts
0
UTM 33N hoch
0
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Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt
PKW: Maissau ist im Verlauf der B 4 (Stockerau – Horn) erreichbar. Bei der Ampel westl. in das Stadtzentrum abzweigen und am Hauptplatz parken. Über den Kirchenplatz erreicht man das Schloss in wenigen Min. RAD: Der "Urzeitweg" und der "Weinviertelweg" führen auch über das Stadtgebiet von Maissau.
Geschichte
114 schenkt Otto, Bgf. v. Mödling, Klosterneuburg seinen Besitz in "Missov". Nach Weltin ist dieser Otto nicht der Ahnherr der Hrn. v. Maissau im engeren Sinne, sondern er sieht in ihm einen Vertreter einer Großsippe, welche im späten 11./ frühen 12. Jh. als Formbachische Gefolgsleute zunächst im Großraum Baden herrschaftsbildend auftreten, im Laufe des 12. Jhs. jedoch im Raum Maissau-Ravelsbach-Feuersbrunn-Mühlbach nachweisbar sind. Sichere genealogische Beziehungen können allerdings für das Ministerialengeschlecht erst ab ca. 1170 geknüpft werden. Nach dem Aussterben der Babenberger werden sie eines der führenden Landherrengeschlechter in Niederösterreich, was sich u. a. an den zahlreichen ritterlichen Gefolgsleuten, von denen sich mit Herrmann, Heinrich und Jans um 1300 auch zumindest drei nach Maissau nennen, belegen lässt. Otto II. v. Maissau ist Parteigänger Kg. Ottokars II. v. Böhmen und bekleidet das Amt des Landmarschalls und Landrichters. Nachdem er sich von Ottokar II. abwendet, lässt ihn dieser 1265 gefangensetzen und hinrichten. Sein Sohn Stephan v. Maissau steht auf der Seite Rudolfs v. Habsburg, er erwirbt während der kriegerischen Auseinandersetzungen 1278 große Verdienste und übernimmt schließlich die Ämter seines Vaters. Der Aufstieg der Maissauer dokumentiert sich in der Urbanisierung der ehem. Marktsiedlung mit angeschlossenem Kirchen- und Burgbereich. Das – auch namengebende – Zentrum der herrschaftlichen Interessen der Maissauer erhält nach Dehio bereits im 1. V. d. 13. Jhs. das Stadtrecht. Die Maissauer sind auch während des 14. Jhs. eines der angesehendsten und mächtigsten Adelsgeschlechtern, als Otto IV. v. Maissau jedoch 1430 wegen Hochverrats angeklagt wird, verliert er den Großteil seiner Besitzungen, ausgenommen jedoch Maissau. 1440 sterben die Maissauer im Mannesstamm aus, als Erben übernehmen die Eckartsauer den Besitz, die jedoch ihrerseits 1491 von Otto v. Zelking beerbt werden. Dessen Tochter bringt die Besitzungen an die Hrn. v. Traun, die bis 1537 den Besitz durch Zukäufe arrondieren. Maissau ist seit dieser Zeit im Eigentum der Frhn. v. Traun (seit M. d. 17. Jhs. Gfn. v. Abensperg und Traun). 1645 wird die Stadt von schwedischen Truppen zerstört, 1767 verwüstet ein Brand die Stadt. Eigentümer des Schlosses ist heute Ing. Ernst Abensperg und Traun.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung
Die Stadt Maissau liegt auf einem nordöstl. Ausläufer des Manhartsberges. Vom Kühberg läuft zwischen 2 Bachgerinnen ein sanft fallender Geländesporn gegen SO, der ausreichend Entfaltungsmöglichkeit für den urbanen Siedlungsaufschluss bot. Die Lage auf dem geneigten Gelände bot nicht nur Fernsicht, sondern steigerte auch den Repräsentativfaktor, der nicht zuletzt auf der bergwärts erhöhten Burg gründete.
Burg und Gründungsstadt bebauen ein NW-SO orientiertes Areal von rund 320 m Länge und max. 150 m Breite. Auf den verbreiterten Siedlungsbereich entfällt eine Länge von etwa 200 m. Der in eine Vorburg und eine Kernburg gegliederte Sitzbereich schließt sich der Stadt nordwestl. an. Die durchschnittlich große Kernburg bebaut eine Fläche von ca. 70 x 35 m. Nach dem Baualtersplan von Klaar lässt die über mehrere Jahrhunderte gewachsene Bebauung eine regelmäßige, beinahe quadratische Burganlage mit Seitenlängen von 30–37 m erkennen. Deren durchschnittlich 1,70 m starker Bering ist im NO und SW tlw. erhalten. Die Regelmäßigkeit wird nur durch eine schwache Abwinkelung der NW-Front gestört, die verm. auf die Abweichung der Achsen der beiden Türme reagiert. Der nach Klaar 8,14 x 8,65 m große, mit Mauerstärken von 2,20 m versehene N-Turm "sicherte" die Bergseite der Burg, er springt nur an der NO-Seite gering, jedoch in betonender Absicht vor den Bering. Der urspr. Hocheinstieg lag an der SW-Seite im 2. Obergeschoß, ein Sitznischenfenster und ein Abtritt im 3. Obergeschoß weisen auf die Bewohnbarkeit hin. Der heutige Turmabschluss ist ein wehrhaftes Geschoß mit 4 polygonalen Scharwachttürmchen des 16. Jhs., das von einem hohen Walmdach des 19. Jhs. gedeckt wird. Das großteils frei von Flächenputz liegende Mauerwerk des Turmes lässt eine Datierung zwischen dem späten 13. und dem beginnenden 14. Jh. zu. Der diagonal angeordnete und zur Stadt blickende S-Turm zeigt mit rund 9,00 x 8,30 m eine entsprechende Größe, seine Stellung zum Bering bleibt jedoch unbekannt, da dieser bei späteren Bautätigkeiten in diesem Bereich abgetragen wurde. Der Turm wurde stärker als sein nördl. Pendant in den Wohnbereich der talseitigen Trakte integriert und durch Auskernungen entsprechend verändert. Eine Datierung durch freiliegende Mauerstrukturen gestattet der S-Turm nicht. Die derart ausgestattete Anlage lässt Parallelen mit der Gruppe der "Österreichischen Kastellburgen" erkennen, ob die Anlage eine Idealausbildung mit ehem. 4 Türmen aufwies, bleibt jedoch nur eine Hypothese.
Von der randständigen Binnenbebauung des Mittelalters ist lediglich der bergseitige NW-Trakt, sowie ein isoliert an den nordöstl. Bering gelehnter Rechteckbau erhalten. Der urspr. "Palas" ist wohl in keinem dieser Bauten erhalten. Der nordöstl. Bau, der einen deutlichen Abstand zum N-Turm einhält, besitzt im 9,10 x 5,75 m großen Erdgeschoß eine 2-schiff./3-joch. Halle mit säulengestütztem Kreuzrippengewölbe, das nach Dehio bereits aus dem 14. Jh. stammen soll. Der Raum enthält seit 1964 die heutige Schlosskapelle. Im späten Mittelalter wurde die Burg durch eine im NW und NO erschließbare Zwingeranlage ergänzt, in deren Verlauf der bergseitige Zugang angelegt wurde. Der an der W-Ecke des Zwingers situierte Torturm leitet in die Hofeinfahrt, bei seiner Errichtung kam es verm. zu stärkeren Eingriffen an der W-Ecke der Primäranlage. Oberhalb des mit einer Zugbrückenblende versehenen, segmentbogigen Tores (bez. "1478") findet sich das mit "1557" datierte Wappen der Abensperg-Traun. Der darüber mit einem Flacherker ausgestattete Torturm wurde jedoch stark historistisch verändert. Der nordöstl. Zwinger wurde später z. T. überbaut, er fluchtet mit den talseitigen Trakten, zu deren Errichtung wohl weitere Mauern abgetragen wurden. Der innerhalb der Keller des SO-Traktes vorhandene Fels könnte die urspr. talseitige Baulinie des Zwingers markieren, der die Anlage auch an der SO-Seite umgab. Ob in diesem Zusammenhang der S-Turm die Aufgabe eines Torturmes erfüllte, wie im Dehio behauptet (im "Befund" nur durch eine jüngere Zugangssituation unterstützt), bleibt ungeklärt.
In der Neuzeit wurde die Burg tiefgreifend verändert, wobei neben dem Schließen div. Baulücken auch die Errichtung der 3-flügelig um einen "unteren Hof" angeordneten talseitigen Trakte hinzugehört. Die inklusive Kellergeschoß 3-gesch. Bebauung nimmt durch Zurückspringen des S-Traktes auf den S-Turm Rücksicht, der O-Trakt erhielt einen (später weitgehend erneuerten) Batterieturm vorgesetzt, hinter dem sich ein feldseitig angebauter Wendeltreppenturm verbirgt. Die Bauten sitzen an der Talseite auf einer geböschten, durch ein Kordongesims begrenzten Basis, gemeinsam mit dem Gefüge ist dadurch eine Datierung in das 16. Jh. zu erschließen. Die im Dehio genannte Datierung in das 16./17. Jh. bezieht wohl spätere Veränderungen ein. Ein dem S-Trakt vorgestellter schmaler Rundturm, heute stark in seiner Höhe reduziert und mit einer Terrasse versehen, könnte von einem älteren Zwinger stammen, mit dem großen Rundturm an der O-Ecke wurde später eine gewisse Symmetrie hergestellt. Die talseitigen Trakte sind im Bereich des "unteren Hofes" von 2-gesch. Säulenarkaden des 16. Jhs. umgeben, die sich auch über die SO-Seite des oberen Hofes ziehen und so die Verbindung zu einem großzügigen Treppenhaus des 19. Jhs. am S-Turm herstellen.
Das heutige Erscheinungsbild der Anlage, die durch die steilen Dächer der stark akzentuierenden Türme noch sehr burghaft wirkt, stammt aus der Zeit um 1870/79, als unter der Leitung von Johann Julius Romano v. Ringe und August v. Schwendenwein ein historistischer Umbau stattfand. Dieser bezog sich überwiegend auf die talseitigen Bereiche mit den Wohntrakten und dem O- und S-Turm. Die Ausstattung des Letzteren mit gotisierenden Blendarkaden, einem auskragenden "Wehrgeschoß" zwischen schlanken, überhöhten Erkertürmchen und dem steilen Walmdach ist ein zeitcharakteristisches Merkmal.
Im SO der Kernburg liegt auf einer Abtreppung des Geländes die Vorburg, ein etwa 90 x 55 m großes Areal, das bereits von den ausgreifenden Mauern der Stadtbefestigung umschlossen wird. Der Zugang erfolgt über einen historistischen Torbau im Zentrum der SO-Seite, der von 2-gesch., zum Teil noch aus dem 17. Jh. stammenden und im 19. Jh. überformten Wirtschaftsgebäuden flankiert wird. Die im NO die Umfassung bildende Stadtmauer schließt stark einspringend an den Batterieturm der Kernburg an, im Zuge der südwestl. Umfassungsmauer liegt der Zugang zur Kernburg mit einem kleinen polygonalen Treppenturm (bezeichnet "1879").
Die natürlich nur mäßig geschützte Lage der Burg wurde durch ausgedehnte und tiefe Grabenanlagen ergänzt, die auch stadtseitig vorhanden sind (bzw. waren), jedoch vor allem an der NO-, NW- und SW-Seite der Kernburg stark ausgebaut sind und auch vorgelagerte Wälle umfassten. Entsprechende Anlagen sind auch im Verlauf der Stadtbefestigung zu beobachten, jedoch bereits stark verebnet oder nur noch anhand der Parzellengrenzen nachvollziehbar. Die im NO mit der Vorburg fluchtende, gegen SW jedoch stark ausgreifende Stadtbefestigung ist über weite Strecken in Resten erhalten. 2 Tore, eines im Zuge der Aigenstraße im S und eines an der Kremserstraße im O vermittelten den Zugang, der stark überformte Torturm an der Kremserstraße soll nach Dehio aus dem 16. Jh. stammen. Die Stadtmauer zeigt über weite Strecken ein zu Kompartimenten zusammengefasstes Bruchsteinmauerwerk, das eine Datierung wesentlicher Teile – anders als im Dehio – in das späte bis frühe 14. Jh. zulässt. Im einspringenden Winkel zwischen Vorburg und Stadtbefestigung gliedert sich westl. ein mauerumgebenenes Gartengelände mit der 1752 errichteten Familiengruft an, ehem., heute verwilderte Parkanlagen erstrecken sich über die Abhänge des Manhartsberges im N und O der Burg. Die bereits im Stadtbereich, jedoch unmittelbar neben dem Zugang zur Vorburg situierte Pfarrkirche Hl. Veit ist ein Barockbau des 18. Jhs. Ob sie einen zur Gründungsstadt gehörenden Vorgängerbau ablöste, bleibt unbekannt, die auf die Burg bezugnehmende Lage ließe entsprechende Vermutungen durchaus zu.
Nach Dehio besaß die heutige Stadt eine südl. gelegene Vorgängersiedlung "Aigen", worauf die südl. die Stadt verlassende Aigenstraße weist.
Text
G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit
Gepflegtes Burg-Schloss. Nicht öffentlich zugänglich.
Touristische Infrastruktur
Parkmöglichkeit im Ortsbereich von Maissau, wenige Min. Fußweg.
Das Schloss ist im Allgemeinen nicht zu besichtigen. Teile des Schlosses werden für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung gestellt, bzw. sind zu mieten. Ein tlw. möglicher Rundgang gestattet div. Einblicke.
Gasthäuser
Café-Restaurant Burger in Maissau, GH "Zur Weintraube" in Maissau, GH "Zur Alten Schmiede" in Maissau, Klosterheuriger Stift Altenburg in Maissau.
Literatur
- Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 63
- Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 267 ff.
- Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 155
- Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 697 ff.
- Franz Eppel, Das Waldviertel. Österreichische Kunstmonographie I. Salzburg (7. Auflage) 1978, 159
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- Helmuth Feigl, Stadtgemeinde Maissau. In: Ernst Bezemek, Willibald Rosner (Hg.), Vergangenheit und Gegenwart. Der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinden. Hollabrunn 1993, 772–780, 772, 774 f.
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- Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich 1, Donauländer und Burgenland. Stuttgart ²1985, 399 f.
- Manfred Jasser et al, Schlösser und Burgen im Weinviertel. Schriftenreihe Das Weinviertel 3 (hg. v. Kulturbund Weinviertel), Mistelbach 1979, 78 ff., 99
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- Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon. Würzburg 1994, 392
- Johann Lang, Streifzüge durch die Stadtgeschichte. In: 600 Jahre Maissau 1380–1980. Beiträge zur Stadtgeschichte. Maissau o. J. (1980), 49–55
- Laurin Luchner, Schlösser in Österreich I. München 1978, 145
- Maximilian Weltin (unter Mitarbeit von Dagmar Weltin, Günter Marian, Christina Mochty-Weltin), Urkunde und Geschichte. Niederösterreichs Landesgeschichte im Spiegel der Urkunden seines Landesarchivs. Die Urkunden des Niederösterreichischen Landesarchivs 1109–1314. Niederösterreichisches Urkundenbuch Vorausband. St. Pölten 2004, 187 ff., 230 ff., 243, 266 ff., 303, 319 f., 330 f., 336, 343, 372, 386, 402 f.
- Otto Piper, Österreichische Burgen (8 Bde.). Reprint der Originalausgabe von 1902–1910. Wien 2002 VII, 141 ff.
- Brigitte Rigele, Die Maissauer. Landherren im Schatten der Kuenringer. Dissertation Universität Wien 1990
- Gerhard Stenzel, Österreichs Burgen. Himberg 1989, 112 f.
- Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.U.M.B., Nr. 52
- Maximilian Weltin, Landesfürst und Adel – Österreichs Werden. In: Heinz Dopsch, Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter. Österreichische Geschichte 1122–1278 (hg. v. Herwig Wolfram), Wien 1999, 218–261, 228
- Max Weltin, Probleme der mittelalterlichen Geschichte Niederösterreichs. Unter besonderer Berücksichtigung des Hollabrunner Bezirkes. In: Ernst Bezemek, Willibald Rosner (Hg.), Vergangenheit und Gegenwart. Der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinden, Hollabrunn 1993, 47–96, 92 ff.