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Hauptburgenname Michelstetten I
ID 852
Objekt nicht mehr erhaltene Wehranlage|Adelssitz|Burgstelle
KG Michelstetten
OG/MG/SG Asparn an der Zaya
VB Mistelbach
BMN34 rechts 756922
BMN34 hoch 382858
UTM 33N rechts 0
UTM 33N hoch 0
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: Michelstetten liegt abseits großer Durchgangsstraßen und ist über Nebenstraßen von Mistelbach über Asparn an der Zaya, bzw. von Ernstbrunn, über Niederleis und die Straße über den Buschberg, erreichbar. In der Ortsmitte beim GH Achter zur erhöht liegenden "Wehrkirche" abzweigen. RAD: Der "Buschbergweg" führt 13 km westl. von Mistelbach durch Michelstetten.
Geschichte Aus einer späteren bischöflich-passauischen Bestätigungsurkunde geht hervor, dass eine 1128 bereits bestehende Kirche in Michelstetten mit Pfarr- und Zehentrechten ausgestattet wurde. Der Betreiber dieser Bestätigungsurkunde ist ein edelfreier Ernst v. Michelstetten, der in der Literatur mit dem gleichnamigen Gf. v. Hohenburg-Wildberg identifiziert wurde – eine Ansicht, die zuletzt wieder in Zweifel gezogen wurde. "Ernist de Michelensteten" ist mehrfach in Klosterneuburger Traditionsnotizen genannt, z. T. im Umfeld Mgf. Leopolds III, wobei die frühen Michelstettener noch im 12. Jh. in die Ministerialität wechselten. Nach dem temporären Aussetzen der Nennungen ab 1200 findet sich 1277 wieder ein Albert v. Michelstetten. Nach Neugebauer könnten Burg und Kirche beim Einfall der Ungarn, bei ihrem Kampf gegen Kg. Ottokar II., 1260 Schaden genommen haben, was in der Folge zur Aufgabe des Sitzes geführt haben kann. Genannte v. Michelstetten sind nach Zeißl zwischen 1284 und 1354 kontinuierlich nachweisbar. 1367 kauft Kadolt v. Wehingen Michelstetten als Eigengut, trägt es jedoch dem Landesfürsten auf und nimmt es zu Lehen. Hierbei wird ausdrücklich von einer aufgegeben Feste berichtet, deren Lage jedoch offen bleibt, da die Verlegung des Sitzes an die Stelle des Wasserschlosses nach dem Baubefund nur weitgespannt in das 14. Jh. zu datieren ist. 1426 urkunden die Wehinger jedoch bereits in einem Schloss zu Michelstetten, wohl einem Vorgänger des Wasserschlosses. Dieses erhält seine noch heute erkennbare Gestalt erst nach der Übernahme durch Oswald Moor ab 1518.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung Michelstetten liegt rund 5 km westl. von Asparn an der Zaya in einer Geländesenke am NO-Abfall der Buschberggruppe. Für den Bereich des vermuteten Sitzes bietet sich naheliegend das Areal um die heutige Pfarrkirche Hl. Veit an, die eine erhöhte Geländeterrasse im W des Dorfes, im sog. "Kirchenörtl", benutzt. Als Siedlungsvorgänger des heutigen Dorfes ist mglw. die befestigte Höhensiedlung der "Altstadt" heranzuziehen. Die ausgedehnte Befestigung liegt knapp 1 km westl. der Pfarrkirche auf nämlichem Höhenrücken, der auf der ÖK 50/Blatt 24 ausgewiesen ist. Aufgelesenes Keramikmaterial datiert hauptsächlich in die Urnenfelderzeit sowie in das 9./10. Jh. Beim westl. davon situierten "Katzenloch" wurden Funde aus dem 10./11. Jh. geborgen. Die Aufgabe der Siedlung und die Verlegung an die heutige Stelle könnte demnach – so Schwammenhöfer – im 11. Jh. erfolgt sein. Ob im Bereich der "Altstadt" ein hochmittelalterlicher Sitz bestand, ist bislang nicht zu beantworten. Diesen vermutet Neugebauer mglw. berechtigt im Bereich der Pfarrkirche. Er zitiert dazu die Meinungen älterer Forscher, selbst den Bericht Schweickhardts, nach dem 1832 im Pfarrgarten zwischen Kirche und Pfarrhof die mauerstarken Fundamente eines Gebäudes angegraben worden waren. Indizien sind auch anhand der urk. Nachrichten gegeben. Das heute stark in die dörfliche Bebauung einbezogene Areal lässt heute mit Ausnahme der Höhenlage keinerlei Hinweise auf einen abgekommenen Sitz erkennen. Die im Rechteck um die Kirche geführte Umfassungsmauer, innerhalb welcher der heutige Ortsfriedhof liegt, wirkt infolge ihres unverputzten Bruchsteinmauerwerks sehr wehrhaft, ist jedoch frühestens in das späte 13. Jh. datierbar. Die kleine Pfarrkirche, zweifellos einer der wertvollsten rom. Sakralbauten des Landes, lässt mglw. anhand architektonischer Details ihre Einbindung in ein Sitzareal bzw. in ein herrschaftliches Umfeld rekonstruieren. Ältester Bauteil ist das außen ca. 12,70 m lange, 8,00 m breite Langhaus. Soweit urspr. erhalten, bzw. durch spätere Zubauten nicht verstellt, ist an den Außenseiten das unverputzte Primärmauerwerk sichtbar, lagig ausgebildetes, hammerrechtes Bruchsteinmauerwerk aus unterschiedlich großen Kalksteinblöcken, wobei die sehr differente Größe und Verlegung der Steine einen starken strukturellen Wechsel bilden. Die Eckquaderung ist mit tlw. sehr großen, auch mehrere Lagen zusammenfassenden Quadern etwas betonter ausgebildet. Vielfach ist der primäre Fugenmörtel mit Kellenstrich erhalten, doch wurde anlässlich einer Restaurierung leider sehr freizügig mit dem ergänzenden Mörtelverstrich umgegangen. In einer sekundären Bauphase wurde der urspr. O-Abschluss, wohl in Form einer einfachen Apsis, durch einen schiffbreiten Chorturm mit Halbrundapsis ersetzt. Der Chorbereich und die Apsis zeigen qualitätsvolles, auf einem Fundamentsockel sitzendes Quadermauerwerk, die Apsis ist darüber hinaus durch Wandvorlagen in Form von Halbsäulen geliedert. Der Chorraum ist mit einem profilierten Kreuzrippengewölbe geschlossen, das auf bemerkenswerten, u. a. mit Knospenkapitälen dekorierten Eckdiensten ruht. Die in den Längswänden eingelassenen Sedilien zeigen Kleeblattbögen, die von jeweils 4 Säulenstellungen mit Knospenkapitälen und breiten, profilierten Kämpferplatten gestützt werden. Die Ausbildung der Detailformen datiert den Chorturm in das 2. V. d. 13. Jhs. Chorbogen und Apsis tragen bedeutende Reste einer Freskenausstattung des späten 13. Jhs. Wertvolle Hinweise liefern die Obergeschoße von Turm und Langhaus. Jene des Turmes sind noch heute über den urspr. südl. Hocheinstieg zu erreichen, die Gleichförmigkeit der Lichtscharten weist den Bau bis zum 4. Geschoß dem 13. Jh. zu. In den oberen Zonen ist jedoch der Wechsel zu lagerhaftem Bruchsteinmauerwerk zu erkennen, ein Mauerrücksprung oberhalb des 2. Geschoßes deutet mglw. eine bauliche, jedoch nicht wesentliche Zäsur an. Die Scharten wurden nicht als Schussöffnungen einer ehem. Wehrkirche angelegt, sondern zur Belichtung der wohl profan genutzten Obergeschoße. Die bisweilen erkennbare Schlüssellochform entstand durch nachträgliches Ausstemmen der urspr. Werksteinrahmung. Vom 1. Turm-Obergeschoß erfolgt heute der Zutritt zum Dachboden des Langhauses. In der "Laibung" des sekundär ausgebrochenen Durchganges ist ein durchgesägter Ankerbalken einer ehem. Mauerversteifung erhalten. Der von Kafka einerseits als Wehreinrichtung, anderseits als Pilgerherberge interpretierte Dachboden ist von wenigen Lichtscharten spärlich beleuchtet. Von Bedeutung erscheint der sekundär vermauerte Hocheinstieg in der W-Mauer, von dem eine sehr schmale Treppe in der Mauerschale zu einer weiteren Geschoßebene, heute bereits in den Dachraum führt. Kafka rekonstruierte daraus ein ehem. weiteres Geschoß. Die Befundsituation deutet auf den sekundären Einbau des westl. Hocheinstieges hin, der auf eine rekonstruierbare, heute nicht mehr vorhandene Balkendecke bezug nimmt. Unterhalb dieser, heute tlw. von der Wölbung des Langhauses verdeckt, liegen die vermauerten Restöffnungen eines nördl. und südl. Hocheinstieges. Während der nördl. auch außen an der Quaderrahmung erkennbar ist, sitzt an der Stelle des südl. Einstieges ein sekundär vermauertes frühgot. Maßwerkfenster, das mglw. temporär zur Emporenbelichtung diente. Während das von Kafka vermutete weitere Obergeschoß zumindest überdenkenswert erscheint, weisen die stark gegen W gerückten primären Einstiege auf eine entsprechende, herrschaftliche Empore hin. Eine angemessene Bauuntersuchung dieses in der Fachliteratur kaum gewürdigten Sakralbaues, auch in Bezug auf seine ehem. herrschaftlich-rechtliche Stellung, erscheint dringend nötig, nicht zuletzt deswegen, da die historische Situation (Pfarrgründung) und der Baubefund eine Datierung des Primärbaues in die 1. H. d. 12. Jhs. möglich erscheinen lassen. Zwischen Kirche und der im Ortskern situierten Wasserburg (s. Michelstetten II), im Bereich des Meierhofs, wurde von Schwammenhöfer entlang des westlichen Bachufers des Michelstettener Baches eine Konzentration hochmittelalterlicher Keramik gefunden, die von ihm als Areal des "babenbergerzeitlichen" Dorfes interpretiert wurde. Mglw. kam es im Spätmittelalter zu einer örtlichen Siedlungsverlagerung, die auch zur Neuanlage des Adelssitzes führte. Dies könnte die leicht abseitige Lage der Pfarrkirche erklären.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Vermutete Burg abgekommen. Gelände und Kirche frei zugänglich.
Touristische Infrastruktur Parkmöglichkeit neben der "Wehrkirche". Obwohl hier die Kategorie "nicht mehr erhaltener Sitz" angebracht erscheint, entschädigt die architektonisch und kunsthistorisch überaus bedeutsame Kirche für einen heute abgekommenen Sitz. Das Gelände (Friedhof) und die Kirche selbst sind tagsüber zumeist frei zugänglich.
Gasthäuser GH Achter in Michelstetten, GH Mewald in Olgersdorf, GH Wittmann in Klement, GH "Zum Goldenen Adler" in Niederleis.
Literatur
  • Festschrift 850 Jahre Pfarre Michelstetten. Hg. Pfarre Michelstetten. Michelstetten 1983
  • Gottfried Biedermann, Wim van der Kallen, Romanik in Österreich. Würzburg 1990, 185
  • Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 56 ff.
  • Rudolf Büttner, Renate Madritsch, Burgen und Schlösser vom Bisamberg bis Laa/Thaya. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 14 (Birken-Reihe), St. Pölten–Wien 1987, 124 f.
  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 735 f.
  • Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 22/1983, 323
  • Fundberichte aus Österreich (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1930 ff. 21/1982, 318
  • Karl Kafka, Wehrkirche und Pilgerherberge Michelstetten. Historische Schriftenreihe 52 (hg. v. Helmut Karl Rester), Asparn an der Zaya 2002, 3–26
  • Karl Kafka, Wehrkirchen Niederösterreichs I. Wien (Birkenverlag) 1969, 138 ff.
  • Herbert Mitscha-Märheim, Die Kirche zum Hl. Veit in Michelstetten. Zum bevorstehenden 850jährigen Jubiläum ihrer Erstnennung. Unsere Heimat 47/3, 1976, 165–169
  • Johannes-Wolfgang Neugebauer, Wehranlagen, Wallburgen, Herrensitze sowie sonstige Befestigungen und Grabhügel der Urzeit, des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit im pol. Bezirk Mistelbach. Veröffentlichungen der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte XI–XII, Wien 1979, Nr. 33c, d, e
  • Hermann Schwammenhöfer, Archäologische Denkmale III, Viertel unter dem Manhartsberg. Wien o. J. (1988), Nr. 60/2
  • Maximilian Weltin, Unveröffentlichte Manuskripte zu niederösterreichischen Herrschaften im Niederösterreichischen Landesarchiv
  • Franz Zeißl, Michelstetten, Kirche und Schloß, o.O (Michelstetten 1935)
Michelstetten I. Bauphasenplan (2007) - © Plangrundlage: Adalbert Klaar (1956). Baualter: Gerhard Reichhalter. Digitalisierung: Patrick Schicht
Michelstetten I. Bauphasenplan (2007)
© Plangrundlage: Adalbert Klaar (1956). Baualter: Gerhard Reichhalter. Digitalisierung: Patrick Schicht