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Hauptburgenname Mistelbach
ID 855
weitere Burgennamen Kirchenberg, Schloßberg, Gugelhupf
Objekt Hausberg|Burgstall|Erdwerk
KG Mistelbach
OG/MG/SG Mistelbach
VB Mistelbach
BMN34 rechts 768049
BMN34 hoch 381414
UTM 33N rechts 0
UTM 33N hoch 0
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: Aus Richtung Wien über die B 7 bis Schrick, von hier über die B 46 bis Mistelbach fahren. Von der nach Wilfersdorf führenden Ortsdurchfahrt (B 40) zum beschilderten Friedhof abzweigen. RAD: Durch Mistelbach führt der "Weinviertelweg", hier beginnt auch der "Buschbergweg".
Geschichte Um 1125/30 erscheint "Erlewin de Mistelpach", bis ca. 1200 sind weitere Angehörige dieser Adelsfamilie nachweisbar, die mit den Falkensteinern in verwandtschaftlicher Beziehung stehen. Die Mistelbacher sind urspr. der Klientel der Gfn. v. Cham-Vohburg zuzuweisen, später sind sie Ministerialen der österr. Landesfürsten. Durch die Heirat Eufemias v. Michelstetten mit Hadmar II. v. Kuenring gelangt die Hft. in kuenringische Hand, deren Tochter Gisela wurde mit Ulrich v. Falkenberg verehelicht, wodurch der Besitz 1221 an die Hrn. v. Falkenberg gelangte. Deren Enkelin Agnes v. Falkenberg heiratet Marquard v. Himberg-Ebersdorf, deren Sohn besitzt als Marquard d. Ä. v. Mistelbach ca. 1272–1339 die Feste Mistelbach. Unter diesem ist 1284 neben anderen Gefolgsleuten auch ein Verwalter von Mistelbach namens Heinrich genannt. Dass gleichzeitig auch andere Mitglieder der Hrn. v. Falkenberg-Mistelbach in Mistelbach begütert waren, wird durch eine Pfandurkunde von 1310 deutlich, in der Rapoto v. Falkenberg und seine Frau Anna u. a. freieigene Gülten auf das Gericht und fünf Lehen an Susanna, Witwe Pibers v. Rottenegg und deren Enkelin Blanche versetzen. Angeblich gelangt die Burg von der jüngeren Linie der Mistelbacher an die Maissauer, allerdings erwirbt der hzgl. Hofmeister Johann I. v. Liechtenstein nach 1360 bereits die Hft. 1383 und 1384 erwirbt dieser Teile der Burg, des Ortes sowie den Markt, die er nach seinem "Sturz" in Folge finanzieller Probleme 1394 an seine Schwägerin Afra Stuchsin v. Trautmannsdorf verkauft. Nach einem Erdbeben ist die Burg angeblich schon 1443 baufällig. Sie wird 1458 durch die Böhmen, 1486 durch die Ungarn niedergebrannt. Ihr Abbruch erfolgt wahrscheinlich E. d. 15. Jhs., die Verteidigungsaufgaben fallen an den befestigten Kirchenkomplex. Der Ort ist bis 1848 Teil der Liechtensteiner Hft. Wilfersdorf.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung Die noch relativ gut erhaltene und erkennbare Hausberganlage liegt unmittelbar nordöstl. des Stadtkernes von Mistelbach auf einer östl. ansteigenden Terrasse, die im weiteren die Pfarrkirche und den Friedhof trägt. Der Hausberg befindet sich unmittelbar nördl. der Pfarrkirche und ist heute zu einem parkähnlichen Gelände, bezeichnet als "Liechtenstein-Anlage", gestaltet. Der Hausberg besteht aus einem großen, pyramidenstumpfförmigen Kernwerk, dessen Deckfläche Seitenlängen von rund 45–50 m erreicht. Das völlig ebene Plateau liegt 4–6 m über der Sohle des Grabens. Dieser umgab urspr. wohl allseits das Kernwerk, das weitgehend aus dem Gelände geschnitten und nur tlw. aufgeschüttet sein dürfte. Südl. liegt das etwa gleich hohe Plateau des Kirchhofes, an den übrigen Seiten wird der Graben durch einen bis zu 3 m hohen Wall umschlossen, der nur im NO völlig verebnet ist. Im N bildet der Wall ein größeres, ovales Plateau von 15–32 m Durchmesser aus, mglw. der Standort ehem. Vorwerke. Über die westl. Wallanlagen führen Wege, auch der Graben wird von Wegen benutzt, die anlässlich der Umgestaltung in ein Parkgelände 1880 angelegt worden sein dürften. Zu dieser Zeit wurde das Gelände mit Bäumen bepflanzt, kurze Zeit später wurden als störend empfundene Mauerreste der Burg entfernt. Es soll sich dabei um die Reste eines Turmes in der NW-Ecke sowie um Teile von weiteren (Wohn-)Gebäuden an der W- und S-Seite gehandelt haben. Die bei diesen Arbeiten zufällig aufgefundenen Kleinfunde, mglw. auch früherer Siedlungsperioden, sind heute verschollen. Die vage überlieferten Nachrichten über diese Arbeiten legen eine relativ ausgeprägte Massivbebauung nahe. Die von Kafka geäußerte Ansprache als "Burg-Kirchen-Anlage" bedürfte der Überprüfung, ist jedoch keinesfalls gänzlich von der Hand zu weisen, da auch hier eine unmittelbare Nachbarschaft von Sitz und Kirche gegeben ist. Die verschiedentlich, etwa von Schad´n aufgeworfene Frage, inwieweit das heutige Kirchenareal in den Sitzbereich einbezogen war, ist ohne eingehende Bodenuntersuchung nicht klärbar. Die Ausdehnung des Friedhofes und weitere Überformungen unterbinden auch die Rekonstruktion des ehem. Wirtschafts- oder Meierhofareals, das zuletzt von Schwammenhöfer im O des Sitzes oder im Kirchenbereich angenommen wurde. Die frühe, zunächst vohburgische und in Folge der Auseinandersetzungen im Investiturstreit um 1080 wohl schon im späten 11. Jh. babenbergische Eigenpfarre (1135 urk. belegt) legt eine entsprechend frühe, zweckentsprechende Bebauung nahe. Die große Ausdehnung des Sitz- und des heutigen Kirchenareals lässt einen relativ großräumigen, herrschaftlichen Bereich vermuten, dessen Bebauungen zu Beginn des 13. Jhs. durch den stark gegen SO vorgelagerten Rundkarner ergänzt wurden. Die weitgehend schmucklose Apsisrotunde zeigt eine aufwändiger gestaltete Portallösung und ist zu den bemerkenswertesten Karnerbauten Niederösterreichs zu reihen. Die Pfarrkirche selbst besitzt – soweit erkennbar – nur spätgot. Bausubstanz des späten 15./frühen 16. Jhs. Der Kirchenbereich übernahm in späterer Zeit in gewissem Maß die Wehrfunktion der ehem. Burg. Noch 1682 wurde an den Befestigungen gearbeitet, von denen noch mit Schießscharten ausgestattete, wohl frühneuzeitliche Reste erhalten sind.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Gut erhaltener Burgstall, frei zugänglich.
Touristische Infrastruktur Großer Parkplatz beim Ortsfriedhof, von hier sind Pfarrkirche, Karner und Hausberg in wenigen Min. zu Fuß zu erreichen. Neben der gut erhaltenen und bequem begehbaren Hausberganlage liegt das sehenswerte Ensemble von Pfarrkirche und Karner, wobei die rom. Apsisrotunde des Karners zu den herausragenden Objekten dieses Typus in Niederösterreich zu zählen ist. Das Gelände ist jederzeit frei zugänglich, der Karner ist in der Regel nur von außen zu besichtigen.
Gasthäuser Hotel "Zur Linde" in Mistelbach, GH "Weißes Rössl" in Mistelbach, GH "Weinlandstüberl" in Mistelbach, GH Schmidt in Kettlasbrunn.
Literatur
  • Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 117 f.
  • Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 285 ff.
  • Rudolf Büttner, Renate Madritsch, Burgen und Schlösser vom Bisamberg bis Laa/Thaya. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 14 (Birken-Reihe), St. Pölten–Wien 1987, 141 ff.
  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 738 ff.
  • Heinz Dopsch, Liechtenstein – Herkunft und Aufstieg eines Fürstenhauses. In: Arthur Brunhart (Hg.), Bausteine zur liechtensteinischen Geschichte. Studien und studentische Forschungsbeiträge 2: Neuzeit: Land und Leute. Zürich 1999, 7–66, 38 ff.
  • Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich 1, Donauländer und Burgenland. Stuttgart ²1985, 424 ff.
  • Karl Kafka, Wehrkirchen Niederösterreichs I. Wien (Birkenverlag) 1969, 144 f.
  • Herbert Mitscha-Märheim, Die mittelalterlichen Bauten auf dem Mistelbacher Kirchenberg. In: Herbert Mitscha-Märheim (Red.), Mistelbach Geschichte Band 1 (hg. v. Stadtgemeinde Mistelbach), Mistelbach 1974, 83–102
  • Herbert Mitscha-Märheim, Marchart II. von Mistelbach (1284–1323) und seine gleichnamigen Söhne Marchart III. und Marchart IV. Unsere Heimat 47/4, 1976, 227
  • Herbert Mitscha-Märheim, Geschichte Mistelbachs von der Urzeit bis gegen 1400. In: Herbert Mitscha-Märheim (Red.), Mistelbach Geschichte Band 1 (hg. v. Stadtgemeinde Mistelbach), Mistelbach 1974, 15–82, 47 ff.
  • Johannes-Wolfgang Neugebauer, Wehranlagen, Wallburgen, Herrensitze sowie sonstige Befestigungen und Grabhügel der Urzeit, des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit im pol. Bezirk Mistelbach. Veröffentlichungen der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte XI–XII, Wien 1979, Nr. 34b, c
  • Maximilian Weltin (unter Mitarbeit von Dagmar Weltin, Günter Marian, Christina Mochty-Weltin), Urkunde und Geschichte. Niederösterreichs Landesgeschichte im Spiegel der Urkunden seines Landesarchivs. Die Urkunden des Niederösterreichischen Landesarchivs 1109–1314. Niederösterreichisches Urkundenbuch Vorausband. St. Pölten 2004, 81, 101, 191 ff., 248, 416 ff.
  • *Fritz Novotny, Romanische Bauplastik in Österreich. Arbeiten des I. kunsthistorischen Instituts der Universität Wien XXVI, Wien 1930, 53 f.
  • Hans P. Schad'n, Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich. Ein Beitrag zur Geschichte des mittelalterlichen Befestigungswesens und seiner Entwicklung vom Ringwall bis zur Mauerburg und Stadtumwehrung, Teil 1: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 80/3, 1950, 245–352; Teil 2: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 81/2–3, 1953, 25–185; – Hans P. Schad'n, Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich. Ein Beitrag zur Geschichte des Befestigungswesens und seiner Entwicklung vom Ringwall bis zur Mauerburg und Stadtumwehrung. Prähistorische Forschungen 3, Horn–Wien 1953, 178 f.
  • Hermann Schwammenhöfer, Archäologische Denkmale III, Viertel unter dem Manhartsberg. Wien o. J. (1988), Nr. 61/1
  • Maximilian Weltin, Landesfürst und Adel – Österreichs Werden. In: Heinz Dopsch, Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter. Österreichische Geschichte 1122–1278 (hg. v. Herwig Wolfram), Wien 1999, 218–261, 229
  • Wolfgang Westerhoff, Karner in Österreich und Südtirol. St. Pölten–Wien 1989, 47 f.