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Hauptburgenname Pulkau I
ID 993
Objekt Hausberg|Burgstall|Erdwerk
KG Pulkau
OG/MG/SG Pulkau
VB Hollabrunn
BMN34 rechts 715348
BMN34 hoch 396815
UTM 33N rechts 0
UTM 33N hoch 0
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt PKW: Aus Richtung Wien über die B 303 (Hollabrunn) und die B 2 bis Guntersdorf fahren, von hier zunächst Richtung Watzelsdorf und über Zellerndorf weiter bis Pulkau. Hier der Beschilderung zum Friedhof bzw. zur Pfarrkirche folgen. RAD: Sowohl der "Märchen-Sagen-Mythen-Weg" als auch der "Weinkultur-Weg" und "Weinviertel-Weg" passieren das Ortsgebiet von Pulkau.
Geschichte Der Fluz "Bulka" erscheint anlässlich einer Königsschenkung an Haderich v. Schwarzenburg bereits 1055. Kupfer vermutet auf Grund des Zeitpunkts der Schenkung und ebersbergischer Gefolgsleute im nahe gelegenen Alberndorf (s. d.), dass es sich bei den 3 genannten Königshufen ursprünglich um Besitz der Gfn. v. Ebersberg gehandelt haben könnte, welcher durch deren Aussterben an das salische Königshaus fiel. Pulkau galt als eine der Herrschaftsbildungen der regional frühzeitig mit expandierender Herrschaftspolitik auftretenden Adelsfamilie der "Chadolde". Erst jüngst wurde von Weltin darauf hingewiesen, dass sich dieses Herrschaftszentrum aber in einer heute abgekommenen, gleichnamigen Siedlung bei Mailberg (s. d.) befunden haben muss, von der die heutige Stadt Pulkau bereits 1135 als "Maior Pulca" unterschieden wird. In dieser Urkunde wird die Pfarre erstmals genannt, in der Urkunde erscheint Chadold v. Zogelsdorf als Zeuge. Dem neuen Forschungsstand zufolge sind daher die Gfn. v. Plain-Hardegg die ersten urk. belegten Herrschaftsinhaber in Pulkau. Der 1180/93 urk. nachweisbare "Alber de Pulka" ist ein Gefolgsmann der Hardegger, weitere Gefolgsleute werden 1220 und 1253 genannt. Gf. Heinrich v. Dewin-Hardegg, der durch Heirat mit der Witwe Gf. Ottos v. Plain-Hardegg die Besitznachfolge antritt, plante mglw. den Markt Pulkau zu urbanisieren und zur Residenz auszubauen, was sich aus den 1269 genannten "cives" und einem "iudex" in Pulkau erschließen lässt. Mit dem Besitzübergang an die Gfn. v. Rabenswalde-Hardegg – Berthold begegnet 1277 als "comes de Hardegge" – und schließlich 1314/15 an die Gfn. v. Maidburg-Hardegg werden entsprechende Pläne nicht mehr verwirklicht. Da die "Hardegger" bereits über wesentlich bedeutendere Herrschaftsmittelpunkte verfügen (die Rabenswalde-Hardegg gründen schließlich 1278 die Stadt Retz), dürfte Pulkau, ein landesfürstliches Lehen, nunmehr nur noch als "Nebenresidenz" fungieren. Hzg. Friedrich bestätigt noch 1310/12 dem Berthold v. Rabenswalde-Hardegg das Lehen Pulkau mit dem Kirchhof, der Feste und dem Markt. Die Pfarre ist jedoch bereits seit einer Stiftung Hzg. Heinrichs II. im Besitz des von ihm gegründeten Schottenklosters in Wien das bis 1245 seinen örtlichen Besitz konsolidieren kann. Feste und Markt werden nochmals 1417 in einem Ehevertrag der Hardegger genannt, ein späteres Dokument von 1464 nennt nur noch den Markt. Mglw. wird die Burg während der Ungarnkriege zwischen 1486 und 1492 zerstört, um 1540 wird sie bereits als verfallen beschrieben.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung Die ehem. Burg von Pulkau ist im Bereich der heutigen, weit sichtbaren Pfarrkirche Hl. Michael zu lokalisieren. Diese liegt nördl. des Ortszentrums umgeben vom Ortsfriedhof auf einer mäßig steil abfallenden Geländezunge, die vom nordwestl. gelegenen "Heidberg" herabzieht. Bereits seit dem 19. Jh. vermutet die Forschung hier die ehem. "Feste Pulkau". Schad´n beschreibt bereits die 5–6 m hohe Erdsubstruktion, die heute von der rezenten Umfassungsmauer des Friedhofes umgeben wird. Mit Ausnahme der S-Seite, wo das Gelände rezent verändert ist, wird das Plateau noch von Wallstufen und von einem ehem. umlaufenden Ringgraben umgeben, der im W nur mehr rekonstruierbar, im NO und O jedoch noch gut erhalten ist und darüber hinaus von einem Außenwall begleitet wird. Beim Ausheben von Gräbern und bei Erdarbeiten stieß man angeblich wiederholt auf Mauerreste und Kleinfunde, die jedoch nicht dokumentiert wurden. Das relativ ausgedehnte Plateau erreicht nach dem Bericht Schwammenhöfers einen Durchmesser zwischen 66 und 100 m. Es wird heute vollständig vom Friedhof bedeckt und von der im Zentrum situierten Pfarrkirche und dem südl. benachbarten Karner wesentlich geprägt. Bauliche Reste der ehem. Burg, für die das Plateau ausreichend Entfaltungsmöglichkeiten bot, sind nicht mehr vorhanden. Die Kirche ist ein von mehreren mittelalterlichen Bauphasen geprägter und entsprechend stark gegliederter Bau, der vor allem durch den mächtigen Chorturm mit seinem geschwungenen Spitzhelm markant akzentuiert wird. Als Kernbau bestand eine relativ kleinräumige Chorturmkirche, die noch heute in Form des Turmes und der beiden östl., bereits stark aufgelösten Langhausjoche vorhanden ist. Am Turm ist die geschoßabhängige Gliederung bzw. Zweischichtigkeit der Wandflächen mit Ecklisenen und Rundbogenfriesen hervorzuheben, die beiden oberen Geschoße sind mit Bi- bzw. Triforen mit dekorativ gestalteten Kapitellen befenstert. Ein zwischen östl. Langhausjoch und südl. Seitenkapelle situiertes Fenster stammt vom Primärbau und zeigt neben einer bereits überdurchschnittlich starken Gliederung einen aufwändigen Flechtbanddekor. Der Bau wurde in mehreren Bauetappen, die zumindest anfänglich noch dem 12. Jh. angehören, zunächst gegen W erweitert und in der Folge mit einem nördl. und südl. Seitenschiff versehen, was schließlich auch zur Erhöhung des nunmehrigen Mittelschiffes zwang. Die hochmittelalterlichen Bauphasen zeigen durchgängig sorgfältiges Quadermauerwerk, das zum großen Teil sichtbar belassen wurde und neben mehreren aufgegebenen Fensteröffnungen auch gut die Baunähte der einzelnen Bauetappen beobachten lässt. Ein ehem. westl. Hocheinstieg (mglw. der Zugang von der entsprechend situierten Burg) und eine auf einem 2-joch. Gewölbe ruhende W-Empore weisen auf herrschaftliche Ansprüche hin. Der basilikale rom. Bau erhielt während mehrerer Bauabschnitte des späten 13. Jhs. (mglw. auch des frühen 14. Jhs.) den zentralen, das rom. Chorjoch verlängernden Chor, die parallel an diesen angebaute N-Kapelle sowie die, den rom. Chor nur tlw. überragende S-Kapelle. Von den bereits mit Strebepfeilern ausgestatteten, polygonal schließenden Erweiterungen ist besonders die N-Kapelle hervorzuheben. Deren Wandvorlagen weisen eine bemerkenswerte figurale Bauplastik auf, die Stileinflüsse der Zeit Kg. Ottokars II. zeigt. Stifter der Kapelle war wohl ein Mitglied der Gfn. v. Hardegg, während der Hauptchor dem Inhaber der Pfarre, dem Wiener Schottenstift, zugeschrieben wird. Der südl. der Kirche situierte, dem Hl. Bartholomäus geweihte Karner ist eine 2-gesch. Rotunde mit Halbkreisapsis, die über dem Hauptgeschoß einen 12-seitigen Aufbau trägt und dessen Dreiecksgiebel mit Wasserspeiern in den Zwickeln und plastischen Figuren an den Giebelspitzen besetzt sind. Die Rotunde selbst ist durch ein mehrfach gestuftes, mit eingestellten Säulen dekorativ gestaltetes Rundbogenportal, sowie durch Wandvorlagen aus 3-fach gebündelten Rundstäben oberhalb eines umlaufenden, profilierten Sockelvorsprunges gegliedert. Eine kleine Rundbogenpforte führt in das Ossarium. Aktuelle Untersuchungen datieren den Bau sehr eng zwischen 1219/21, zugrunde liegt das Todesdatum des Erbauers, des Gfn. Luitold III. v. Plain-Hardegg 1219 und ein den Weiterbau unterbindender Streit mit dem Wiener Schottenstift. Die Errichtung des 12-eckigen Aufsatzes erfolgte erst in der 1. H. d. 14. Jhs. Auf Grund des ersten, bereits früh zu datierenden Kirchenbaues – eine Beziehung des Primärbaues zur Erstnennung der Pfarre im Jahr 1135 ist berechtigt anzunehmen – kann die Anlage als sog. "Burg-Kirchen-Anlage" gesehen werden, die das Zentrum eines bedeutenden bzw. entsprechend geplanten Siedlungs- und Herrschaftsaufschlusses der 1. H. d. 12. Jhs. Bildete.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit Burgstall am Kirchhügel von Pulkau, frei zugänglich.
Touristische Infrastruktur PKW-Zufahrt bis zum großen Parkplatz für den Friedhof möglich. Die Burg von Pulkau ist mit Ausnahme der erkennbaren Wallanlagen verschwunden, die Pfarrkirche und der benachbarte Karner sind jedoch zu den bedeutendsten Kunstdenkmälern der Romanik und Frühgotik des Landes zu reihen. Kirche und Karner sind auch im Rahmen von Führungen zu besichtigen, Anmeldungen nimmt die SG Pulkau entgegen.
Gasthäuser GH Frotzler in Schrattenthal,
Literatur
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  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 910 ff.
  • Brigitte Faßbinder, Theodor Brückler, Kunst im Bezirk Hollabrunn (hg. v. Stadtmuseum Alte Hofmühle Hollabrunn). Hollabrunn 1997, 77 ff., 115 f.
  • Brigitte Faßbinder, Die Kunst im Bezirk Hollabrunn. In: Ernst Bezemek, Willibald Rosner (Hg.), Vergangenheit und Gegenwart. Der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinden. Hollabrunn 1993, 373–415, 374
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  • Paul A. Herold, Die Herren von Seefeld-Feldsberg. Geschichte eines (nieder-)österreichischen Adelsgeschlechtes im Mittelalter. Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde 27, St. Pölten 2000, 32 f., 36 ff., 41 ff.
  • Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich 1, Donauländer und Burgenland. Stuttgart ²1985, 482 f.
  • Karl Kafka, Wehrkirchen Niederösterreichs II. Wien (Birkenverlag) 1970, 144
  • Karl Kubes, Die Sakralarchitektur vom 10. bis zum Ausgang des 12. Jhs. In: 1000 Jahre Babenberger in Österreich. Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums N. F. 66, Wien 1976, 471–498, 493 f.
  • Erwin Kupfer, Die Grafen von Ebersberg – Spuren einer altbayerischen Dynastie in Niederösterreich. Unsere Heimat 75/3, St. Pölten 2004, 228–237, 235
  • Erwin Kupfer, Das Königsgut im mittelalterlichen Niederösterreich vom 9. bis zum 12. Jahrhundert. Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde 28, St. Pölten 2000, 134 ff.
  • Jiri Kuthan, Přemysl Ottokar II. König, Bauherr und Mäzen, Höfische Kunst im 13. Jahrhundert. Wien–Köln–Weimar 1996, 349
  • Maximilian Weltin (unter Mitarbeit von Dagmar Weltin, Günter Marian, Christina Mochty-Weltin), Urkunde und Geschichte. Niederösterreichs Landesgeschichte im Spiegel der Urkunden seines Landesarchivs. Die Urkunden des Niederösterreichischen Landesarchivs 1109–1314. Niederösterreichisches Urkundenbuch Vorausband. St. Pölten 2004, 351
  • Herbert Puschnik, Herta Puschnik, Pulkau, Stadtgeschichte, Kunst, Kultur. Pulkau 1998, 42 ff., 58 ff., 95 ff.
  • Herbert und Herta Puschnik, Stadtgemeinde Pulkau. In: Ernst Bezemek, Willibald Rosner (Hg.), Vergangenheit und Gegenwart. Der Bezirk Hollabrunn und seine Gemeinden. Hollabrunn 1993, 805–822, 805 ff.
  • Hans P. Schad'n, Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich. Ein Beitrag zur Geschichte des mittelalterlichen Befestigungswesens und seiner Entwicklung vom Ringwall bis zur Mauerburg und Stadtumwehrung, Teil 1: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 80/3, 1950, 245–352; Teil 2: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 81/2–3, 1953, 25–185; – Hans P. Schad'n, Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich. Ein Beitrag zur Geschichte des Befestigungswesens und seiner Entwicklung vom Ringwall bis zur Mauerburg und Stadtumwehrung. Prähistorische Forschungen 3, Horn–Wien 1953, 203 f.
  • Hermann Schwammenhöfer, Archäologische Denkmale III, Viertel unter dem Manhartsberg. Wien o. J. (1988), Nr. 85/2
  • Mario Schwarz, Pulkau (NÖ.), Karner südlich der Pfarrkirche. In: Hermann Fillitz (Hg.), Früh- und Hochmittelalter. Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 1, München–New York–Wien 1998, 293–294
  • Renate Wagner-Rieger, Mittelalterliche Architektur in Österreich. St. Pölten–Wien ²1991, 58
  • Max Weltin, Böhmische Mark, Reichsgrafschaft Hardegg und die Gründung der Stadt Retz. In: Rudolf Resch, Retzer Heimatbuch 1, Reprint/Neuauflage Retz 1984, 7–29, 26 ff.
  • Wolfgang Westerhoff, Karner in Österreich und Südtirol. St. Pölten–Wien 1989, 52 f.
Pulkau I. Luftbild des ehem. Sitzareals von SW (2004) - © Gabriele Scharrer-Liška
Pulkau I. Luftbild des ehem. Sitzareals von SW (2004)
© Gabriele Scharrer-Liška