Hauptburgenname
Purgstall
ID
994
Objekt
Burg-Schloss
Adresse
A-3251 Purgstall an der Erlauf, Pöchlarner Straße 46
KG
Purgstall
OG/MG/SG
Purgstall an der Erlauf
VB
Scheibbs
BMN34 rechts
660604
BMN34 hoch
325570
UTM 33N rechts
509907.76
UTM 33N hoch
5323241.99
Link auf NÖ-Atlas
Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Zufahrt
PKW: Die Westautobahn bei Ybbs verlassen und südl. Richtung Scheibbs fahren, wo man nach rund 12 km Purgstall erreicht. Über die von N ins Zentrum bzw. zum Bahnhof führende Pöchlarner Straße gelangt man zur Einfahrt zum Schlossareal.
Geschichte
Um 1100 gelangt der Besitz verm. durch die Bischöfe v. Regensburg an die Edelfreien v. Lengenbach. Angehörige der Lengenbacher, die Brüder Hartwig, Heinrich und Otto, erscheinen zwischen 1120 und 1141 zeitweise auch mit der Herkunftsbezeichnung „de Purchstal" (FRA II/8, S. 62). Durch Erbschaft dürfte der Besitz an die Eisenbeutel gelangt sein, 1212 ist Siegfried Eisenbeutel erster Zeuge einer in der Burg ausgestellten Urkunde. In der Folge treten neben den Eisenbeutel auch die Häusler „von Purgstall" auf. 1375 veräußern Jans der Häusler und sein Sohn Marichart ihren Anteil der „Vesst Purchstal" an die Hrn. v. Wallsee. Auch diese setzen, wie die Häusler, Burggrafen auf der Burg ein. Um 1483 folgen die Gfn. v. Schaunberg als Besitzer. Bereits 1492 kommt Purgstall an die Auersperg, die bis 1859 Schlossherren sind. Danach ist Hermann Gf. Schaffgotsch Eigentümer. Heute ist das Schloss Sitz der Florian´schen Gutsverwaltung.
Text
M.K., G.R.
Lage/Baubeschreibung
Die Burg, wohl die bedeutendste Anlage des Erlaufgebiets, liegt im nördl. Bereich der Marktsiedlung auf einer langgestreckten, S-N-orientierten Geländezunge, die in den Zusammenlauf der Großen Erlauf und des westl. einmündenden Feichsenbachs ragt. Auf der bemerkenswert langen, halbinselförmigen, von den beiden Gewässern tief aus dem Gelände geschnittenen Terrasse wurde um 1100 eine Siedlung des Regensburger Bistums mit Burg angelegt, während jenseits der Erlauf die spätere eigenständige Passauer Gemeinde mit der Pfarrkirche lag. Die fast 600 m lange Inselsiedlung erhielt um 1360/80 im Rahmen des Marktrechtes eine hohe Befestigung aus charakteristischem Kompartimentmauerwerk. Im Fundament finden sich jedoch lokal monumentale Quaderstrukturen aus Konglomerat, die ein höheres Alter indizieren und eventuell sogar auf antike Ursprünge zurückgehen, worauf ein benachbartes römisches Gräberfeld deutet. Die eigentliche, im Zwiesel situierte Burganlage belegt eine Fläche von etwa 55 x 200 m und besteht aus einer weitläufigen Vorburg sowie einer polygonalen Kernanlage. Diese zeigt ein bemerkenswert heterogenes Ensemble unterschiedlicher Bauten um einen schmalen Hof. Dem Erstbau ist wohl die polygonale Ringmauer zuzuordnen, deren verputzte Strukturen keine Datierung erlauben. Im Grundriss des W-Traktes zeichnet sich in 3 Geschoßen sowie im Pultdach ein rechteckiger Turm mit starken Mauern sowie Mauerstiege ab, der als mglw. ehem. Bergfried aufgrund der lagenhaften Bruchsteinstruktur ins 13. Jh. zu datieren ist. Anschließend dürfte der zeitgleiche 3-gesch. Palas mit spätgot. Kaminerker auf Kragsteinen im Kern erhalten sein. Außen verläuft parallel um den Bering ein schmaler Zwinger aus Kompartimentmauerwerk, er ist somit analog zur Marktbefestigung um 1360/80 anzusetzen. Nach der Übernahme durch die mächtigen Wallseer 1375 kam es zu einer intensiven Bautätigkeit. Zunächst wurde in der SW-Ecke die schräg eingestellte Burgkapelle Mariahilf errichtet. Der feingliedrige hochgot. Saalraum mit 5/8-Schluss, seichtem Querschiff sowie heute verkürztem Turmaufsatz zeichnet sich durch ein schlankes Kreuzrippengewölbe mit dreipassförmigen Wappenschlusssteinen sowie bauzeitliche Wandmalerei aus. Im frühen 15. Jh. wurde der O-Zwinger allmählich überbaut, der S-Flügel beim Tor neu angelegt und der W-Trakt bis zur Kapelle erweitert. Somit entstand unter abgesetzten Steildächern ein 3-flügeliger hochgot. Schlossbau, der mit 1- und 2-bahnigen gekehlten Fenstern mit Sitznischen sowie Kreuzstockfenstern und Konsolerkern prunkvoll ausgestattet war. Im S wurde eine hohe Rauchküche mit segmentbogenförmiger Durchreiche angelegt. An der südl. Eingangsfront stellte man als zentralen Blickfang einen großen Torturm aus Buckelquadern vor. Trotz renaissancezeitlicher Veränderung lässt sich an den Bossen bzw. deren Falznischen noch gut die urspr. Konzeption von 2 Zugbrücken mit einem hohen Hauptportal sowie einer seitlichen Personentür ablesen. Der S-Zwinger wurde verstärkt und im SW mit einem schmalen Schalenturm flankiert. Der vorgelagerte Halsgraben wurde zu einer breiten Abschnittssperre deutlich abgetieft. Bald darauf wurde der O-Zwingerteil mit einer charakteristischen Folge von Wehrerkern ausgestattet. Vischer deutet auch im W-Zwinger entsprechende, heute verschwundene Erkerfolgen an. Aus dem 15. Jh. stammt auch die Neuanlage der fast 90 m langen Vorburg. Sie erhielt zur Siedlung eine monumentale Sperre, bestehend aus tiefem Graben, zentralem Torturm und 2 4-eckigen Flankentürmen. Von dieser noch bei Vischer 1672 dargestellten Konzeption haben sich außer der Sperrmauer nur der umgebaute O-Turm sowie Reste des W-Turms erhalten. An der NO-Ecke der Anlage finden sich hohe Spuren spätgot. Bauten, die seit einem Felsrutsch 1843 verfallen sind. Gleich nach der Übernahme der Hft. durch die Frhn. von Auersperg 1492 errichtete man einen 2-flügeligen Erschließungsbau mit 3-gesch. Erker sowie einer Prunkhalle mit wappengeschmücktem Schlingrippengewölbe auf Konsolen, Fenstersitzen und Schulterbogenportal mit Wappenrelief sowie einen anschließenden Arkadengang mit gefasten Pfeilern. Die Kapelle erhielt eine filigrane Empore mit bemalter Blendmaßwerkbrüstung, bezeichnet 1493, sowie ein großes Sakramentshäuschen mit Zinnenkranz. Nach 1568 kann es zur Herrschaftsteilung, weshalb die N-Hälfte der Anlage als Neuschloss ausgebaut und mit einer eigenen Toranlage versehen wurde. Vischer zeigt hier noch einen hohen Torturm, der heute bis auf das prunkvolle Renaissanceportal verschwunden ist. Dahinter entstanden randständige Flügelbauten sowie ein 2-gesch. Arkadengang auf schweren Pfeilerbögen. Aus dieser Zeit datieren gemäß Wappeninschriften auch Umbauten im W-Trakt mit Eisenplattentüren und widderköpfigen Wasserspeiern. Das Hauptportal wurde umgerüstet und mit Wappenfresken aus 1573 geschmückt. Dahinter wurden eine neue gewölbte Durchfahrt sowie seitliche Gefängniszellen errichtet. Der W-Zwinger wurde bis zum W-Trakt aufgestockt und der Rundturm mit einem verschränkten Blendbogenfries auf Konsolen, bezeichnet 1571, versehen. Im 18. Jh. wurde das Schloss mit prunkvollen Fresken ausgestattet, so an der Fassade des N-Portals sowie im O-Trakt. Aus dieser Zeit stammt auch der Wirtschaftshof in der Vorburg mit Stallungs- und Remisengebäuden. Außerhalb finden sich weitere Bauten des Meierhofes mit Försterhaus und Jägerhaus aus dem 18. und 19. Jh.
Text
P.S.
Touristische Infrastruktur
Große Parkplätze finden sich im Verlauf der beschriebenen Zufahrt bzw. beim Bahnhof. Das Schloss ist Privatbesitz und bietet keinerlei Besichtigungsmöglichkeit, durch den starken Bewuchs des Parkgeländes ist auch kein Blick auf die Anlage möglich. Fallweise finden jedoch öffentliche Veranstaltungen statt, die einen bedingten Zugang gewähren.
Gasthäuser
GH Teufl in Purgstall, GH Prinz in Purgstall, GH "Zum Goldenen Löwen" in Purgstall, GH "Kurvenwirt" in Purgstall.
Literatur
- Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 I, 140
- Marina Kaltenegger, Thomas Kühtreiber, Gerhard Reichhalter, Patrick Schicht, Herwig Weigl, Burgen Mostviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2007, 208 ff.
- Rudolf Büttner, Burgen und Schlösser zwischen Araburg und Gresten. Niederösterreichs Burgen und Schlösser II/3 (Birken-Reihe), Wien 1975, 119 ff.
- Rudolf Büttner, Das Ministerialengeschlecht der Eisenbeutel und das Besitztum der Grafen von Schaunberg im Viertel ober dem Wienerwald. Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich N. F. 38, Wien 1968/70, 243–282
- Georg Clam-Martinic, Österreichisches Burgenlexikon. Linz ²1992, 173
- Dehio Niederösterreich (hg. v. Bundesdenkmalamt sowie Institut für Österreichische Geschichtsforschung). Wien–München 1953, 266
- Dehio Niederösterreich, südlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt), 2 Bde. Horn–Wien 2003, 1760 ff., 1764 ff.
- Karl Lechner (Hg.), Handbuch der Historischen Stätten Österreich 1, Donauländer und Burgenland. Stuttgart ²1985, 483 f.
- Heinrich Weigl, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A), Band I–VII, Wien 1964–1975. – Fritz Eheim, Max Weltin, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich (Reihe A). Ergänzungen und Berichtigungen, Band VIII, Wien 1981 I, B 583
- Friedrich-Wilhelm Krahe, Burgen des deutschen Mittelalters, Grundrisslexikon. Würzburg 1994, 477
- Erich Lehner, Burgkapellen in Niederösterreich. Dissertation Technische Universität Wien 1985, 446 ff.
- Laurin Luchner, Schlösser in Österreich I. München 1978, 254 f.
- Herbert Pöchhacker, Burgen und Herrensitze im Bezirk Scheibbs in der Zeit von 1000 bis 1500. Heimatkunde des Bezirkes Scheibbs Bd. 5, Scheibbs 1986, 197 ff.
- Franz Ressl, Die Garten- und Parkanlagen um Schloß Purgstall. Heimatkundliche Beilage zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs 1971/6, 35–36; 1971/8, 47–48
- Georg Matthäus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae 1672. Reprint Graz 1976 V.O.W.W., Nr. 86